Hannes Loth (AfD):

Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Die CDU-Fraktion diskutiert heute über die Lage der Landwirtschaft in Europa, Deutschland und Sachsen-Anhalt. Die Motivation, das Ziel dabei ist klar: Die politischen Entscheidungen zur Landwirtschaftspolitik in Sachsen-Anhalt sollen natürlich nicht infrage gestellt werden; denn der Minister ist von der CDU und damit ist per se jede Entscheidung gut. Vor allem aber trägt er schwer an der Last der Trümmer und der Fehlentscheidungen der grünen Landwirtschaftspolitik in der letzten Legislaturperiode, muss diese noch immer beseitigen und korrigieren und dazu passend die politischen Entscheidungen im Bund infrage stellen; denn der Bundesminister kommt von den GRÜNEN.

Man möchte die EU-Politik rechtfertigen, aber auch kritisieren; denn einerseits ist die Kommissionspräsidentin zwar CDU-Mitglied, andererseits ist der eine oder andere CDU-Landwirt aber sauer auf die Brüsseler Vorgaben, weil sich die Bundes-CDU in ihrem Handeln in den letzten Jahren durch die Umsetzungspolitik der Brüsseler Vorgaben hervorgetan hat.

(Zustimmung bei der AfD)

Aber beginnen wir in der Schaltzentrale: der Brüsseler EU-Kommission. Vornehmliches Ziel der EU und nun auch der Bundespolitik sind nicht mehr die Lebensmittelerzeugung und die Versorgungssicherheit der Menschen, sondern die emissionsneutrale Landwirtschaft, die perspektivisch sogar in der Lage sein soll, andere Emittenten zu binden.

Wie kann die Minderung der landwirtschaftlichen Emissionen erreicht werden? - Das sehen wir gerade: ganz einfach durch den Abbau der Tierbestände, durch die Verringerung des Anbaus von Marktfrüchten und natürlich durch die Einstellung der europäischen Kunstdüngerproduktion.

Nebenbei sorgt die neue Freiheit der EU-Subventionsprogramme für einen immensen Aufwuchs der Bürokratie und für spät verfügbare Fördermittelprogramme, die dann in Nacht-und-Nebel-Aktionen im Land zusammengestrickt, von den Landwirten beantragt werden müssen und um deren Kontrolle sich die Landwirte jetzt ebenfalls selbst kümmern müssen.

Über die Umverteilung der Mittel möchte ich an dieser Stelle gar nicht anfangen zu sprechen, denn das alleine würde bereits den Diskussionsrahmen sprengen. Nur so viel dazu: Die Flächenprämie wurde nahezu halbiert, was vor allem die bäuerliche Landwirtschaft trifft.

Hinzu kommt kurioserweise, dass in der EU, trotz eines sogenannten gemeinsamen Binnenmarkts, im Bereich der Pflanzenschutzmittel stellenweise verschiedene Zulassungen bestehen. Das Mercosur-Abkommen, der gemeinsame Markt mit Südamerika, wird dafür sorgen, dass billiges rotes und weißes Fleisch aus zweifelhafter Haltung und mit genverändertem Soja erzeugt auf den europäischen Markt kommt. Die Relikte unserer Tierhaltung werden weiter unter Druck gesetzt. Das Betriebssterben wird sich fortsetzen.

Die Ouvertüre in Deutschland lässt erahnen, was der Landwirtschaft noch bevorsteht. Man hört nur noch von Verschärfungen der Gesetze, von einer ausufernden bürokratischen Gängelung der Landwirte, vom Gasdeckel für Biogasanlagen; die Übergewinnabschöpfung macht Investitionen unrentabel.

Es gelten neue und neueste Kennzeichnungs-, Dünge-, Umwelt- und Klimaschutzverordnungen, die stellenweise die gute fachliche Praxis und wissenschaftliche Erkenntnisse ignorieren und rein ideologisch motiviert sind, wie jüngst ein Mitarbeiter des ALF mir zuraunte.

Aktuell empfiehlt die Deutsche Gesellschaft für Ernährung einen täglichen Fleischkonsum von 10 g. Das sind 60 % weniger als in Äthiopien - im Jahr 2013 lag dort der Fleischkonsum bei 25 g.

Verlassen wir aber nun die Bundes- und Europapolitik und schauen auf Sachsen-Anhalt, in dem die Anzahl der Landwirtschaftsbetriebe schwindet. Waren es im Jahr 2007 noch 4 842 Betriebe, sind es heute noch 4 250. Auch die landwirtschaftliche Nutzfläche ist in demselben Zeitraum um knapp 15 000 ha zurückgegangen.

Beim Export spielen landwirtschaftliche Produkte aus Sachsen-Anhalt keine große Rolle. In der Statistik sind wir bei den Exporten unter den oberen Zehn nicht mehr dabei. Aber bei den Importen nach Sachsen-Anhalt machen Lebensmittel mehr als 10 % der Gesamtmenge aus. Das oft propagierte Ziel des Weltmarktexportes von Sachsen-Anhalt aus wird nicht erreicht werden.

Die Nutztierbestände sinken ständig. Der Schweinebestand ist von 1,1 Millionen im Jahr 2009 auf heute nur noch 59 000 Tiere gesunken; dabei sind die Schweinekrise und die Abwanderung von Betrieben nach Spanien bisher noch gar nicht in die Statistik eingeflossen. Der Rinderbestand sank um mehr als 25 % auf nur noch 275 000 Tiere. Der Schafsbestand umfasst - wir haben es gerade gehört - vielleicht gerade noch 50 000 Tiere. Die Landesschafhaltungsstrategie geht immer noch von 80 000 aus; wir werden dieses Ziel nie mehr erreichen. Die gestern angekündigte Überarbeitung der Strategie betrachte ich mit großer Sorge und ich weiß nicht, wohin wir damit wollen.

Bei den Marktfrüchten, beim Weizen ist ein Rückgang von 25 % oder gar bei der Ackerbohne von 50 % zu verzeichnen. Gesetze und Verordnungen limitieren auf allen Ebenen. Das Verbot des Beizens führt zu höherem Arbeits- und Spritzmittelaufwand und zu höheren Kosten, die niemand den Landwirten ersetzen möchte. Nicht selten rutschen Betriebe genau durch solche Maßnahmen in die roten Zahlen und werden dann aufgegeben.

Apropos rot; rote Gebiete und eine sich ständig verändernde Gebietskulisse führen dazu, dass einzelne Landwirte zur Herbstbestellung nicht einmal mehr wissen, ob sie im nächsten Jahr Vorschriften verletzen und deshalb vielleicht Strafen zahlen müssen.

Auf diese Wiese verlieren landwirtschaftliche Flächen ihren Wert, während andere für Investoren zur EEG-Goldgrube werden. Der Flächentausch wird immer schwieriger. Der Flächenverlust übersteigt jedes vernünftige Maß. Die 1 000 ha landwirtschaftliche Fläche in Magdeburg, die für Intel bereitgestellt werden, werden mit einem Versiegelungsfaktor in Höhe von 0,9 angegeben, d. h., dass dort 900 ha versiegelt werden können.

Werte Kollegen! Dieser Verlust und die bisher noch nicht existierende Kompensation entsprechen nicht den Zielsetzungen der Agrarpolitik und der Biodiversitätsverpflichtung dieses Landes. Auch die Bewirtschaftung der Schutzgebiete ist ein ungelöstes Problem. Statt miteinander vor Ort den Fokus auf die Entwicklung der Schutzgüter und Arten zu legen, pochen die Behörden lieber auf Formulare, Maßnahmen und Termine, die keine Verbesserung des Lebensraums erzielen.

Wer gestern bei den Schafhaltern dabei war, hat es vernommen: Die Schafhalter krauchen selbst über die Flächen, fotografieren selbst die Arten, die sie bestimmen müssen, und laden diese selbst in eine App hoch. Ob diese am Ende erkannt und anerkannt werden, weiß bisher noch niemand. Es wird also alles ausgelagert; die Landwirte haben immer mehr zu tun.

(Zustimmung bei der AfD)

Wohin führt das alles? - Es führt zum Ende der Landwirtschaft in Europa, vor allem in Sachsen-Anhalt; zum Ende der Versorgungssicherheit; zum Ende des Wohlstands. Alles gewollt und gefördert durch Gesetze, Verordnungen sowie Richtlinien, von Politikern der CDU, der SPD, der FDP sowie den GRÜNEN auf der Ebene des Bundes, Europas und Sachsen-Anhalts.

(Zustimmung bei der AfD)

Aber die Debatte greift dann zu kurz, wenn allein über den Zustand der Landwirtschaft debattiert wird, ohne den Landwirt selbst in den Blick zu nehmen. Haben Sie gewusst, dass der Landwirt still leidet? - Er erduldet und er erträgt. Haben Sie gewusst, dass er die Verantwortung für sich, für seine Familie, für seine Mitarbeiter, für seine Tiere, für seinen Boden, für die Umwelt sowie die Arten übernimmt und dabei täglich gegen die Medien und gegen die Gesellschaft mit ihren unrealistischen und teils bigotten Erwartungen zu kämpfen hat?

Wissen Sie, dass viele Landwirte diesen Kampf verlieren; sich dabei selbst verlieren und für sich oft nur einen einzigen Ausweg sehen? Wissen Sie, dass es Familienbetriebe gibt, wo der Vater und der Großvater sich bereits erhängt haben? Die Selbstmordrate unter den Landwirten wird in Deutschland nicht gesondert erfasst, in anderen Ländern der EU allerdings schon.

In Frankreich liegt die Selbstmordrate um 50 % höher als im Durchschnitt der Bevölkerung; ähnlich ist es in Italien und Griechenland. Der öffentlich-rechtliche Rundfunk hat zu dem Thema im Januar eine Reportage gebracht.

Ein Landwirt entspannt nicht. Ein Landwirt schaltet nicht ab. Ein Landwirt arbeitet immer: 365 Tage im Jahr, 24 h am Tag. Ein Landwirt hält dieses Land trotz aller Widrigkeiten am Laufen. Ein Landwirt schuftet immer weiter, bis er nicht mehr kann.

(Beifall bei der AfD)

Wir brauchen unbedingt mehr Unterstützung für unsere Landwirte. Die Landes- und die Bundespolitik dürfen sich nicht mehr zum Büttel der EU-Vorschriften machen und diese dann in noch strengerer Form umsetzen. Die Politik muss sich endlich wieder schützend vor unsere Landwirte stellen. Wie das funktioniert, hat der Landwirtschaftsausschuss eindrücklich bewiesen bekommen, als wir in Österreich waren.

Dort arbeiten jedes Ministerium, jeder Minister, jeder Staatssekretär in irgendeiner Art und Weise daran, EU-Vorgaben so umzusetzen, dass sie den Landwirten nutzen und nicht Schaden begrenzen wie bei uns.

(Beifall bei der AfD - Daniel Roi, AfD: Genau so ist es!)

Kommen wir zum letzten Baustein, der an dieser Stelle noch fehlt, dem Wirken der Koalition in diesem Parlament, geführt von der CDU. Die AfD hat seit dem Jahr 2016 mehrere verschiedene Anträge zu dem Thema Landwirtschaft gestellt. Zum Beispiel wurde die Weidetierprämie damals abgelehnt, dem von der LINKEN dazu gestellten Antrag wurde zugestimmt; der Bodenmarkt sollte reformiert werden. Zu all dem haben wir mehrere Anträge gestellt; sie wurden alle abgelehnt, sie wurden in die Ausschüsse überwiesen und dort wurden sie begraben. Wir haben Lösungsvorschläge vorgelegt.

Ihre einzige Lösung war eine konsequente Ablehnung. Gehorsam der Berliner Parteizentrale folgend, geradezu trotzig und verstockt, haben Sie die Themen weggestimmt, die Probleme ignoriert und schöngeredet. Das ist die Leistung, die Sie hier gezeigt haben.

Das Kaltstellen der Opposition war Ihnen immer wichtiger, als ehrlich und verantwortungsvoll Lösungen für die Probleme zu finden. Sie waren über Jahrzehnte hinweg nicht in der Lage, die Bodenspekulation des Großkapitals in diesem Land zu unterbinden.

(Beifall bei der AfD)

Sie haben nahezu alle Domänen des Landes verkauft und sich auch noch am Ende vom Parlament absegnen lassen, dass das alles so okay gewesen sei.

Sie haben die Nutztierbestände bis in die Bedeutungslosigkeit abgebaut; sie haben nur Lippenbekenntnisse für die Tierhaltung übrig und können auch keinerlei Zuchtziele benennen, wohin wir wollen. Der letzte Exportschlachthof Ostdeutschlands hat seine Schlachtcharge halbiert, und wir schauen zu - wir machen nichts. Er geht bald bankrott. Wenn er nur noch die Hälfte produziert, macht er keinen Gewinn mehr und dann ist er weg. Wir hätten dann noch längere Transportwege für die Tiere, noch weniger Arbeitsplätze. Es ist schlimm, was hier passiert.

In Iden haben wir einen Milchviehstall präsentiert bekommen, der der Stall der Zukunft sein sollte. Ich war entsetzt, liebe Kollegen. Das ist ein wunderbarer Ausbildungsstall, alles gut und schön; ein Lehrstall für die Schüler, die dort hingehen, alles gut. Aber das bringt doch keine Zukunft in den Stall, liebe Leute. 40 Millionen € investieren wir in den Standort Iden; es kommt ein guter Lehrstall dabei heraus. Ich bin entsetzt und traurig, dass wir so etwas machen.

(Beifall bei der AfD - Anne-Marie Keding, CDU: Ach, das stimmt nicht! - Michael Scheffler, CDU: Das ist doch nicht wahr!)

Lieber Herr Minister, wir müssen den Landwirten draußen zeigen, was möglich ist. Wir müssen Geld in die Hand nehmen und den Menschen zeigen, was möglich ist, als Vorbild, damit sie sich daran orientieren können.


Präsident Dr. Gunnar Schellenberger:

Ich bin entsetzt, dass Sie Ihre Redezeit überziehen wollen.


Hannes Loth (AfD):

Das wäre weitaus besser gewesen als die Präsentation dieses Stalls. Das war sehr traurig. - Danke.

(Lebhafter Beifall bei der AfD - Zuruf von der AfD: Bravo!)