Sven Schulze (Minister für Wirtschaft, Tourismus, Landwirtschaft und Forsten):

Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Landtagspräsident! Ich bin sehr dankbar, dass wir diese Debatte heute führen. Ich glaube, es ist ein Zeichen des Landtages von Sachsen-Anhalt an die Bäuerinnen und Bauern in Sachsen-Anhalt, in Deutschland und letztens Endes auch in der Welt, dass wir diesen Tagesordnungspunkt als ersten Tagesordnungspunkt behandeln.

(Beifall bei der CDU, bei der FDP und bei der SPD)

Dies ist ein ganz wichtiges Zeichen. Der Weltbauerntag ist kein Tag, den man einfach so erwähnt, sondern es ist ein Tag, an dem es wichtig ist, über die einzelnen Themen zu diskutieren.

Was machen die Bauern? - Sie produzieren in erster Linie Nahrungs- und Lebensmittel. Sie sorgen für einen nachhaltigen Umgang mit unseren Ressourcen. Sie brauchen ein anderes Bewusstsein in der Bevölkerung. Darauf werde ich am Ende meiner Rede eingehen.

Die Bäuerinnen und Bauern haben in den letzten Jahren verschiedene Krisen durchlebt: Milchkrise, die Dürre im Jahr 2018 und weitere trockene Jahre, die Coronapandemie und Energie- und Preiskrise infolge des Ukrainekrieges. Dies alles sind Herausforderungen.

Was haben die Bauern gemacht? - Sie haben hochwertige Lebensmittel produziert, und zwar tagtäglich. Sie haben wertvolle Rohstoffe für die energetische und stoffliche Nutzung produziert und sie pflegen unsere Kulturlandschaft.

Sehr geehrte Damen und Herren! Die Bauern in Sachsen-Anhalt sind das Rückgrat des ländlichen Raumes.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Ich sage es ganz bewusst - der eine oder andere hat es vielleicht gesehen  : In den letzten Monaten hing ein Plakat an meinem Ministerium, auf dem ein Mähdrescher und ein Spruch zu sehen waren. Manch einer hat gefragt, warum ich das so mache. - Weil ich so denke.

Ich bin für eine ganz kleine Sache dankbar. Das Plakat hing dort beinahe ein Dreivierteljahr und wurde nicht beschmiert. Dies zeigt, dass die Menschen in Magdeburg dies ähnlich sehen. Dies ist ein tolles Zeichen, und zwar auch an die Bauern. Dies wird in den nächsten Jahren durch mich so weitergelebt.

(Beifall bei der CDU)

Ich nenne ein paar Zahlen für Sachsen-Anhalt. Diese sind nicht ganz uninteressant. 60 % der Landesfläche sind landwirtschaftlich genutzt, also 1 Million ha landwirtschaftliche Fläche. 22 000 Menschen arbeiten direkt in der Landwirtschaft; 50 % davon arbeiten in Familienunternehmen, sind Familienarbeitskräfte; 30 % sind Angestellte und natürlich auch Saisonarbeitskräfte, ohne die es definitiv nicht geht.

Eine andere spannende Zahl: Im Jahr 1950 hat ein Landwirt zehn Menschen ernährt. Heute ernährt ein Landwirt 140 Menschen.

(Zustimmung von Guido Heuer, CDU)

Das heißt, die Landwirtschaft ist auch ein wichtiger Wirtschaftszweig. Die Landwirtschaft hat sich weiterentwickelt. Eine weitere ganz, ganz wichtige Zahl, auch für unser Bundesland Sachsen-Anhalt: Die Bruttowertschöpfung in Deutschland beträgt im Durchschnitt in der Landwirtschaft, in der Forstwirtschaft und Fischerei - dies spielt in Sachsen-Anhalt keine Riesenrolle - 1 %. Diejenigen, die die Zahlen kennen, wissen: In Sachsen-Anhalt beträgt der Anteil an der Bruttowertschöpfung 3,6 %, also ein Vielfaches davon.

Sachsen-Anhalt liegt gemeinsam mit Mecklenburg-Vorpommern ganz vorn. Deswegen ist diese Landwirtschaft aus Sachsen-Anhalt nicht wegzudenken. Innovationskraft und Produktivitätssteigerungen haben dazu geführt. Die Landwirtschaft ist ein ganz wichtiger Faktor in diesem Bundesland.

Was wollen wir für die Landwirtschaftspolitik? - Unser Fokus ist klar auf eine Politik für die Landwirte ausgerichtet: Verlässlichkeit, Planbarkeit, bestimmte Maßnahmen in der Politik - so muss man arbeiten - und vor allen Dingen ein positiver Blick in die Zukunft.

Ich sage Ihnen - das wird nicht jeder in diesem Haus gern hören  , dass wir seit dem 16. September 2021 anders mit den Bäuerinnen und Bauern arbeiten. Wir reden nicht übereinander, wir reden nicht gegeneinander, sondern wir reden miteinander.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Wir reden auf Augenhöhe miteinander. Wir führen regelmäßig Gespräche mit den Verbänden. Wir kommen oft zusammen.

Ich sage Ihnen - einige Personen sind anwesend  , dort wird auch Tacheles geredet. Es ist nicht so, dass jeder sagt, wie toll es ist, was die Landesregierung macht, sondern es werden Themen angesprochen, die gelöst werden müssen.

Gestern Abend haben wir uns mit dem Schafzuchtverband getroffen. Es waren beinahe alle Fraktionen anwesend.

(Zuruf von der CDU: Die GRÜNEN waren nicht da!)

Ich bin nach einem Termin abends auch noch dorthin gefahren. Dort wird nicht nur gelobt, sondern es werden auch kritische Punkte angesprochen. Wir müssen diese Punkte entsprechend umsetzen und das machen wir. Deswegen ist dies eine andere Zusammenarbeit.

Auf der Grünen Woche in Berlin haben unsere Halle 300 000 Menschen besucht. Die Hausleitung meines Ministeriums war jeden Tag vor Ort, und zwar entweder ich oder mein Staatssekretär. Das gehört sich so. Es ist ein Zeichen an die Aussteller und es ist ein Zeichen an die Ernährungswirtschaft, an die Bauern. Es ist ein Zeichen, dass man als Minister oder Staatssekretär nicht für eine Stunde, für einen Tag oder einen Länderabend dort hinfährt, sondern man muss jeden Tag dort sein, weil dort wichtige Gespräche geführt werden.

(Beifall bei der CDU, bei der SPD und bei der FDP)

Das Gleiche gilt für das Landeserntedankfest, das auch in diesem Jahr wieder in Magdeburg stattfindet. Dieses Fest werden in zwei Tagen ca. 40 000 Menschen besuchen. Es hat sich etabliert und das ist toll.

(Zustimmung bei der CDU)

Ich will auf die Punkte eingehen, die uns im Moment bewegen und beschäftigen. Europäische Union. Ich selbst war sieben Jahre lang Mitglied des Europäischen Parlaments. Ich habe mich dort immer für eine Sache eingesetzt, die ich auch jetzt fordere. Es werden dort viele Rahmenbedingungen gesetzt und viele Gesetze vorgegeben, und wir machen noch immer oft einen Fehler: Es wird in Deutschland nicht eins zu eins umgesetzt wird. Es kann nicht sein, dass die Bauern in Frankreich, in den Niederlanden oder in Polen andere Bedingungen haben als die Bauern in Deutschland.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Das ist ein Fehler. Deswegen setzen wir uns dafür ein. Ich finde es richtig, dass wir gleiche Rahmenbedingungen haben, aber die, die dort beschlossen werden, müssen auch für unsere Bauern gelten. Sie sollten im Vergleich zu den Bauern in unseren Nachbarländern nicht benachteiligt sein.

Derzeit geht es um zwei Themen, nämlich um Verordnungsvorschläge der Europäischen Union zur nachhaltigen Verwendung von Pflanzenschutzmitteln - Olaf Feuerborn hat das Thema angesprochen - und um das Thema Wiederherstellung der Natur. Wir brauchen dort Regelungen mit Augenmaß. Umwelt-, Verbraucher- und Klimaschutz sind mir enorm wichtig, aber mit Augenmaß.

(Zustimmung von Guido Heuer, CDU)

Dies gilt auch für unsere Landwirte, die das entsprechend umsetzen müssen.

Eine Folgenabschätzung ist unheimlich wichtig, aber sie fehlt oft. Das Thema Pflanzenschutzmittel wird oft ganz falsch, und zwar auch in der öffentlichen Diskussion, dargestellt. All das habe ich gemeinsam mit anderen Kollegen in einem Brief an die Kommissionspräsidentin geschrieben. Es ist wichtig, dass wir aus Sachsen-Anhalt heraus regelmäßig in Brüssel aktiv sind.

Ich habe als eine Maßnahme eine Mitarbeiterin in der Landesvertretung, die sich beinahe ausschließlich um landwirtschaftliche und forstliche Themen kümmert, weil wir nur so den entsprechenden Einfluss geltend machen können.

(Zustimmung bei der CDU)

Ich war ein Jahr lang Vorsitzender der Agrarministerkonferenz. Ich sage Ihnen: Dies war nicht ganz einfach. Es war eine schwierige Zeit, weil eines dort fehlte, und zwar der Wunsch und das Ziel zusammenzuarbeiten. Schauen Sie sich die Protokolle der Agrarministerkonferenz an. Bei allen wichtigen Abstimmungen war das Ergebnis: auf der einen Seite CDU, SPD, LINKEN - Frau Karawanskij aus Thüringen - und FDP aus dem Land Rheinland-Pfalz und auf der anderen Seite immer die grünen Bundesländer. Das ist nicht normal. Das kann nicht normal sein.

(Zustimmung bei der CDU und bei der FDP)

Das sollte Herr Özdemir sehen. So funktioniert das nicht. Wir müssen, so glaube ich, offen und ehrlich miteinander reden.

Das Gesprächsangebot, das er uns gemacht hat, war, einmal im Monat mit uns Landwirtschaftsministern ein kurzes Gespräch per Videokonferenz zu führen. Im Oktober hat er das in Quedlinburg gemacht. Jetzt haben wir den 1. Juni und bis heute hat nicht ein einziges Gespräch stattgefunden. Auch das ist die Politik in Berlin, mit der wir im Moment umgehen müssen.

Das Thema BVVG ist ein ganz wichtiges Thema. Wir haben hier entsprechende Flächen, die aus meiner Sicht letzten Endes gleichermaßen an ökologisch wirtschaftende als auch an konventionell wirtschaftende Bauern gehen müssten, wenn sie diese pachten oder kaufen wollen. Durch die Bundesregierung läuft das im Moment anders. Wir haben damit Riesenprobleme. Die ökologisch wirtschaftenden Bauern - die wollen das übrigens auch nicht - werden dabei bevorteilt, zum Nachteil der konventionell wirtschaftenden Bauern. Ich werde mich weiterhin mit Till Backhaus von der SPD in Mecklenburg-Vorpommern dafür einsetzen, dass das geändert wird. Und ich werde als Landesminister in Berlin weiterhin Druck machen; darauf können Sie sich verlassen. - Das sind einzelne Themen, über die wir jetzt auch in Berlin diskutieren.

Auf der Landesebene - das wurde eben schon durch den Abg. Herrn Feuerborn angesprochen - haben wir es mit dem Thema Direktzahlungen zu tun. Mir ist es wichtig, einmal danke zu sagen, und zwar den Mitarbeitern in meinem Haus, die seit Wochen Tag und Nacht, auch am Wochenende, arbeiten, weil wir das, was uns aus Berlin vorgegeben wird, jetzt umsetzen müssen. Der GAP-Strategieplan kam viel zu spät. Viel zu spät hatten wir die Möglichkeit, entsprechende Dinge auf den Weg zu bringen, doch die Fristen sind trotzdem nicht verändert worden.

Bis zum 15. des letzten Monats mussten die Bauern entsprechende Anträge einreichen. Das ist an mancher Stelle extrem schwierig gewesen - das ist nicht durch die Bundesländer verschuldet worden, sondern das ist letzten Endes auch in Berlin verschuldet worden. Wir haben das massiv zu spüren bekommen. Deswegen danke ich meinen Leuten, die hart daran gearbeitet haben,

(Zustimmung bei der CDU)

ich danke den Beratern, den Landwirten, und hoffe, dass wir das vernünftig auf den Weg bekommen.

Zwei Themen mit Blick auf den Haushalt. Das Thema Schafe - im Landtag wurde schon angesprochen, wie wichtig das ist. Wir haben jetzt beschlossen, dass es in diesem Jahr zusätzlich zu dem, was wir sowieso machen, also zu den 35 €, noch Mittel in Höhe von 1 Million € extra gibt. Das entspricht 20 € pro Schaf extra obendrauf. 1 Million € ist viel Geld. Gestern Abend hat man mir beim Schafzüchterverband auch gesagt, wie wichtig dieses Thema ist.

In der letzten Sitzungswoche wurde das Thema Bienen angesprochen, auch ein wichtiges Thema. Auch dafür haben wir noch einmal finanzielle Mittel zur Verfügung gestellt, und zwar in Höhe von 250 000 €. Das Antragsverfahren läuft ab jetzt. Das sind wichtige Themen.

Ich möchte die letzte halbe Minute meiner Redezeit nutzen, um zwei weitere Dinge zu sagen. Ich möchte in der Landwirtschaft etwas einführen, das ich in der Wirtschaft schon eingeführt habe: die Praktikumsgutscheine. Wir arbeiten gerade daran, ein Modell dafür zu finden. Ich finde es enorm wichtig, dass junge Menschen, die sich für Landwirtschaft interessieren, dort auch ein Praktikum machen können, und 120 € für einzelne Wochen bekommen. Das geht beim Handwerk ab dem 15. Lebensjahr. Wir werden versuchen, eine Möglichkeit dafür zu finden, und gemeinsam mit dem Landtag, denke ich, auch das nötige Geld zur Verfügung stellen.

Ein zweiter Punkt ist mir der allerwichtigste, das habe ich bereits am Anfang meiner Rede gesagt. - Ich bitte den Präsidenten, mir diese eine Minute noch zu gewähren.


Präsident Dr. Gunnar Schellenberger:

Sie kriegen auch gleich noch drei Nachfragen.


Sven Schulze (Minister für Wirtschaft, Tourismus, Landwirtschaft und Forsten):

Das ist gut, aber ich möchte eines wirklich noch ganz bewusst sagen. - Mir geht es um die Darstellung der Bauern und den nötigen Respekt, den die Bauern in unserer Bevölkerung bekommen.

(Zustimmung bei der CDU und bei der FDP)

Wenn ich Fernsehsendungen wie „Bauer sucht Frau“ sehe, dann denke ich: Jeder Bauer muss sich doch veräppelt vorkommen.

(Anne-Marie Keding, CDU: Ja! - Zustimmung von Siegfried Borgwardt, CDU)

Wenn ich sehe, wie über Pflanzenschutzmittel gesprochen wird, denke ich: Kein Bauer ist so verrückt und bringt mehr Pflanzenschutzmittel auf den Acker, als unbedingt nötig ist;

(Anne-Marie Keding, CDU: Genau!)

denn das kostet nicht nur Geld, sondern ist auch verboten.

(Zustimmung bei der CDU und bei der FDP)

Wenn ich sehe, dass die Bauern sich immer wieder bei mir melden, weil die Bevölkerung bzw. einzelne Teile - ganz, ganz wenige in der Bevölkerung - sich darüber aufregen, dass die Bauern in der Erntezeit auch einmal sonntags durch die Dörfer fahren - das sind oft diejenigen, die aus der Stadt aufs Dorf ziehen und sich dann aufregen  , dann denke ich: Das gehört doch zu unserem ländlichen Raum dazu,

(Daniel Roi, AfD: Rüpel!)

das muss man dann auch einmal aushalten.

Das Letzte ist: Für die vielen Regelungen, die unsere deutschen Bauern umsetzen müssen und auch umsetzen, gibt es eine Kompensation aus Brüssel. Das sind keine Almosen, das ist kein Geld on top, sondern das ist unbedingt notwendig. Ich will noch einmal sagen: Das verteidige ich auch weiterhin; denn nur so können wir die Wettbewerbsfähigkeit unserer Bäuerinnen und Bauern erhalten.

(Zustimmung bei der CDU)

Ich will, dass auch zukünftig das Fleisch, das ich esse, in Deutschland produziert wird,

(Zustimmung bei der CDU und bei der FDP)

dass die Pflanzen, die bei uns auf den Tisch kommen, hier in Deutschland produziert werden.

(Zustimmung bei der CDU und bei der FDP)

Und ich will, dass unsere Bäuerinnen und Bauern eine andere Darstellung in der Bevölkerung bekommen. - Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)


Präsident Dr. Gunnar Schellenberger:

Danke, Herr Minister. Es gibt, wie gesagt, drei Fragen. - Herr Loth, Sie sind noch nicht an der Reihe; Sie sind erst die Nr. 3. - Herr Lieschke.


Matthias Lieschke (AfD):

Werter Herr Minister, wir sind uns darin einig, dass die Landwirtschaft wichtig ist. Aktuell gibt es einige Entwicklungen, z. B. bei mir im Landkreis Wittenberg. Wir haben im Moment die Situation, dass in jeder unserer neun Gemeinden auf einer Fläche von etwa 200 ha bis 300 ha Fotovoltaikanlagen geplant sind und gebaut werden sollen. Aufgrund der finanziellen Lage vieler Landwirte können sich auch viele durchaus vorstellen, zum Energieerzeuger zu werden, anstatt weiterhin normale Landwirtschaft zu betreiben. Ich finde die Situation in diesem Bereich sehr, sehr bedenklich. Ich gehe davon aus, dass die Problematik der Fotovoltaikanlagen in den Flächen das gesamte Land Sachsen-Anhalt betrifft. Wie sehen Sie diese Entwicklung? Denn die Flächen sind für 30 Jahre für die Landwirtschaft verloren.


Sven Schulze (Minister für Wirtschaft, Tourismus, Landwirtschaft und Forsten):

Es ist völlig richtig, dass es diese Diskussion gibt. Das ist eine sehr vielfältige Diskussion; denn die kommunale Ebene hat es oft auch mit der Situation zu tun, dass sie darüber in den Gemeinderäten, in den Stadträten diskutieren muss, dass sie zum Teil auch Entscheidungen treffen muss. Auch der Energieminister und ich als Wirtschaftsminister, wir alle im Kabinett diskutieren über dieses Thema. Ich glaube, uns eint eines: dass wir nicht die gesamte Fläche in Sachsen-Anhalt mit Windanlagen, mit Fotovoltaikanlagen - auf Deutsch gesagt - vollpflastern wollen.

Wir haben folgende Situation - Sie haben es beschrieben  : Die Erträge für Fotovoltaik und für Windenergie pro Hektar sind weitaus höher als das, was man im Moment als Bauer erwirtschaften kann oder was man als Pachtzahlung den Verpächtern zur Verfügung stellen kann. Ich erlebe im Moment auch, dass manche Glücksritter durch die Dörfer ziehen und den Flächeneigentümern anbieten, ihre Flächen später für Fotovoltaik oder für Windenergie zu nutzen, und dafür Preise aufrufen, die jenseits von Gut und Böse sind. Aber wir werden - das kann ich Ihnen zusagen - in sehr intensiven Gesprächen - Armin Willingmann und ich haben mit Lydia Hüskens mit Blick auf ihre Aufgabe, den Landesentwicklungsplan aufzustellen, besprochen - auf diese Themen unseren Einfluss entsprechend geltend machen.

Es ist nicht das Ziel der Landesregierung, auf unseren Feldern flächendeckend ausschließlich Fotovoltaik und Windenergie zu sehen. Wir werden dafür Sorge tragen, dass nicht nur die Anfragen, sondern auch die Bedenken Berücksichtigung finden.

Wir haben ein weiteres Thema - das wird vielleicht auch noch kommen  : Windenergie im Wald. Dazu wird sich mit Sicherheit auch der Ausschuss verständigen. Das sind Fragen, die wir insgesamt sehr ernst nehmen.


Präsident Dr. Gunnar Schellenberger:

Danke. - Herr Gallert, bitte.

(Matthias Lieschke, AfD: Ich hätte eine kurze Nachfrage!)

- Nein. Herr Gallert hat jetzt die Frage.

(Unruhe bei der AfD)


Wulf Gallert (DIE LINKE):

Herr Minister, wir haben bei dieser Debatte mitbekommen, dass eine der zentralen Fragen, um die es hierbei geht, die wirklich verfügbare landwirtschaftliche Nutzfläche ist. Eben gab es schon eine Frage zu Fotovoltaik als Konkurrenz. Herr Feuerborn hat gerade gesagt: Wir mussten all die Blühstreifen umsäbeln, damit wir hier noch Getreide ernten können, weil das in der Ukraine nicht mehr möglich gewesen ist. Nun haben wir in Sachsen-Anhalt die komplizierte Situation, dass wir bis zu 1 000 ha hochwertiger landwirtschaftlicher Nutzfläche versiegeln werden - das ist zumindest der Plan  , um Intel hier anzusiedeln.

(Daniel Rausch, AfD: Oh, Intel!)

Jetzt gibt es noch weitere Vorstellungen, und zwar die Idee, einen zusätzlichen Autobahnring um Magdeburg zu legen, der dazu führen würde, dass über diese 1 000 ha hinaus massiv weitere landwirtschaftliche Nutzfläche versiegelt würde. Wie stehen Sie als Minister zu dieser Idee?


Sven Schulze (Minister für Wirtschaft, Tourismus, Landwirtschaft und Forsten):

Ich finde es erst einmal gut, dass es zumindest eine Partei in Sachsen-Anhalt gibt, die sich auch über Wahlprogramme hinaus Gedanken macht und in diesem Fall ein Grundsatzprogramm

(Cornelia Lüddemann, GRÜNE: Oh, ehrlich jetzt?)

und Überlegungen dazu aufschreibt, worüber man in den nächsten 20, 30 Jahren vielleicht diskutieren könnte.

(Zustimmung bei der CDU)

Ich habe mir das bei Ihnen einmal angesehen, ich glaube, die Linkspartei hat so etwas nicht. Wir diskutieren über solche Dinge ergebnisoffen. Ich sage Ihnen aber auch, dass wir in diesem Fall auch Rückmeldungen aus dem ländlichen Raum haben, die uns sagen, es ist gut, dass wir über solche Themen zumindest diskutieren.

Einer Sache können Sie sicher sein: Mir als Landwirtschaftsminister ist jeder Hektar Acker enorm wichtig und wir wägen sehr genau ab, und zwar dort, wo wir darüber auch entscheiden können. Aber es gibt auch Entscheidungen aus der Wirtschaft heraus, Flächen, die uns gar nicht gehören, auf die wir am Ende des Tages keinen Einfluss haben, für Industrieflächen zu nutzen. Ich glaube - ich habe Sie jetzt auch nicht so verstanden, dass Sie das Intel-Projekt aufgrund der Fläche, die dafür genutzt wird, infrage stellen  , das ist immer eine wichtige Abwägung. In diesem Fall ist es, glaube ich, die richtige Entscheidung.

Ich sage Ihnen für andere Fälle, bei denen wir Einfluss haben, aber auch zu: Ich möchte keine zusätzlichen Logistikcenter in Größenordnungen, wie wir sie vielleicht nicht brauchen, auf 100er Böden sehen. Wenn wir die Entscheidungen treffen können - das machen wir, das will ich an dieser Stelle auch noch einmal sagen  , etwa bei Flächen, die zu DDR-Zeiten, unter einer anderen Regierung, mit Blick auf die Natur schädlich behandelt wurden, und wenn wir die wieder aufbereiten können, dann kann man dort auch entsprechend investieren. Das ist ein Zeichen dafür, dass wir nicht nur landwirtschaftliche Flächen dafür nutzen wollen.

Wenn Sie jetzt das Autobahnthema ansprechen, dann freue ich mich auf die Diskussion dazu, vielleicht auch mit Ihnen. Die Bevölkerung hat es positiv aufgenommen, dass wir das zumindest als Gesprächsthema, als Gesprächsgrundlage aufrufen.

(Zustimmung von Michael Scheffler, CDU, und von Siegfried Borgwardt, CDU)


Präsident Dr. Gunnar Schellenberger:

Danke. - Herr Loth mit einer letzten Frage.


Hannes Loth (AfD):

Sehr geehrter Herr Minister, Sie wissen, dass über die Weidetierprämie in Sachsen-Anhalt nicht nur diskutiert wurde, sondern dass sie im Landtag auch beschlossen wurde. Sie wurde allerdings von der GRÜNEN-Ministerin damals nicht umgesetzt. Sie wissen aber auch, dass eine Zahlung von 20 € plus eine Zahlung von 35 € von der EU nicht eine Zahlung von 100 € ergibt, mit der ein Schaf eigentlich gefördert werden sollte. - Das als Erstes.

Als Zweites. Sie waren gestern etwas später vor Ort, daher haben Sie die schöne Diskussion über den Antrag auf Entschädigung von getöteten Tieren verpasst. Viele haben sich darüber aufgeregt, dass es mehr als 27 Seiten sind, die für ein Schaf ausgefüllt werden müssen, und das immer wieder, für jedes Schaf. Vielleicht können Sie an dieser Stelle ein bisschen Bürokratie herausnehmen, wie es versprochen wurde, und diesen Antrag ein bisschen straffen, damit ein Schäfer nicht mehr stundenlang am Schreibtisch sitzen muss, um die Entschädigung für ein Schaf zu beantragen.

Das Dritte betrifft ebenfalls das Antragswesen. Der derzeitige Agrarantrag ist ein bisschen schwierig strukturiert. Ich habe von mehreren Landwirten gehört, dass sie z. B. auf dem letzten Formular bei „Ich bitte um Auszahlung“ einmal ein Kreuz vergessen haben. Dann kommt aber keine Fehlermeldung und man gibt den Antrag weiter. Dann kommt aber die Meldung vom Amt: Ihr Antrag ist nicht richtig, Sie bekommen deswegen Sanktionen.

Vielleicht schauen Sie einmal nach Thüringen; dort ist das mit Blick auf den Antrag alles ein bisschen besser organisiert.

(Olaf Meister, GRÜNE: Die sind ja auch grün regiert!)

Dort bekommen die Leute eine Fehlermeldung. Das ist alles viel besser strukturiert. Vielleicht schauen Sie sich das einmal an. - Danke.


Sven Schulze (Minister für Wirtschaft, Tourismus, Landwirtschaft und Forsten):

Ich fange bei dem Zweiten an. Sie sprechen ein Programm an, das mehrere Bundesländer nutzen. Das wurde nicht bei uns in Sachsen-Anhalt programmiert, sondern das nutzen, glaube ich, sechs oder sieben Bundesländer. Ich weiß nicht genau, ob es sechs oder sieben sind, aber es ist eine ganze Anzahl.

Wir haben bei diesem Programm, wie es wahrscheinlich zu erwarten war, im ersten Step das eine oder andere Problem entdeckt und dieses jedes Mal schnell an den Anbieter gemeldet. Das gilt auch für alle anderen Bundesländer, denen das aufgefallen ist. Es ist also nicht so, dass wir ein spezifisches Problem in Sachsen-Anhalt haben. Wenn diese Probleme auftreten, betreffen sie alle Bundesländer, die dieses Programm nutzen.

Warum gibt es diese Probleme? - Das ist genau das, was ich in meiner Rede beschrieben habe: Die Zeit, um das auf den Weg zu bringen, war viel zu kurz. Sie hätte viel länger sein müssen. Das lag aber daran, dass die Regeln für dieses Programm und für das, was inhaltlich darin steht, durch die Bundesregierung viel zu spät auf den Weg gebracht worden ist, weil der GAP-Strategieplan wiederum zu spät eingereicht worden war. Das ist also ein Thema; wir nehmen jeden einzelnen Kritikpunkt auf.

Zu dem Termin gestern Abend. Die Hausleitung des Landwirtschaftsministeriums war von der ersten bis zur letzten Minute anwesend. Da wir aber sehr viele verschiedene Termine hatten - ich hatte vorher noch einen Termin mit Jägern in Burg im Jerichower Land, mit dem Kollegen Kurze zusammen  , habe ich diesen Termin wahrgenommen und Gert Zender den zweiten Termin.

Wir haben alle Themen, die dort angesprochen wurden, aufgegriffen und werden sie an der Stelle, an der wir das können, umsetzen. Auch das Umweltministerium war dort vertreten. Dass wir diese Themen über die Ressortgrenzen hinaus bearbeiten zeigt, wie wichtig sie der Landesregierung sind. Wir haben das aufgegriffen und werden darauf schauen.

Aber ich sage auch - Sie haben das Thema Gesamtsumme angesprochen  : Ich wurde im Nachgang von vielen angesprochen und habe positive Reaktionen erhalten. Es wurde gesagt: Wir sind sehr dankbar dafür, dass nicht nur darüber gesprochen, sondern auch gehandelt wurde, dass es über das Geld, das die EU zur Verfügung stellt, die Förderung von 35 € für die Muttertiere, hinaus zusätzliche Mittel in Höhe von 1 Million € geben soll. Diese hätte es normalerweise nicht gegeben. Das haben wir jetzt gemacht. Ich weiß, dass es immer zu wenig ist, aber 1 Million € ist besser als gar nichts. Das wird round about wahrscheinlich 40 000, 42 000 Schafe betreffen. 20 € pro Schaf ist schon besser als nichts, das muss ich sagen. Ich wünschte mir manchmal mehr, aber es ist ein klares Zeichen dafür, dass uns die Schäferinnen und Schäfer wichtig sind.

(Zustimmung bei der CDU und bei der FDP)