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Plenarsitzung

Rechtsextreme Prepper bereiten „Tag X“ vor

12. Jun. 2020

Rechercheergebnisse der „tageszeitung“ wiesen auf die Existenz eines rechtsextremen Netzwerks sogenannter Prepper im Raum Sachsen und Sachsen-Anhalt hin, rekapituliert die SPD-Fraktion. Es handele sich demnach zum Zeitpunkt der ausgewerteten Dokumente u. a. um Reservisten der Bundeswehr. Die SPD-Fraktion beantragte eine Aktuelle Debatte, um diesen Informationsstand zu erklären, aber auch den Umstand, dass Verbindungen dieses Netzwerks bis in die AfD-Landtagsfraktion hineinreichen.

Die Polizei bewacht eine Demonstration von Rechtsradikalen. Foto: fotolia.com

Rechtsextreme Prepperszene aufdecken

Das von der „tageszeitung“ aufgedeckte rechtsextreme Preppernetzwerk speise sich unter anderem aus Mitgliedern der rechtsextremen Leipziger Burschenschaft „Germania“, Verbindungen zur NPD und der Identitären Bewegung, erklärte Rüdiger Erben (SPD). Diese betrieben Kampfvorsorge für den „Tag X“ – einen „Rassenkrieg“. Deren Sprache sei unverhohlen rassistisch und gewaltverherrlichend, es gehe um das Beschaffen von Waffen und Munition. Durch die geleakten Chats des Netzwerks würden viele Straftaten aufgedeckt, die leider schon verjährt seien, so Erben.

Einige der dort aufgeführten Mitglieder (mindestens drei) seien bereits Mitarbeiter der AfD-Fraktion im Landtag von Sachsen-Anhalt gewesen. „Sie wussten ganz genau, aus welchem Milieu Sie Ihre Mitarbeiter rekrutieren“, sagte Erben Richtung AfD-Fraktion. Die AfD geriere sich als parlamentarischer Arm der extremen Rechten in diesem Land, das mache sie selbst zu einer Gefahr für die Demokratie.

Es könne nicht hingenommen werden, dass Rechtsextreme Reservistenverbände und die Bundeswehr unterwanderten, betonte Erben. Die rechtsextreme Prepperszene bedürfe mehr Aufmerksamkeit durch den Staatsschutz. Es müssten Ermittlungen in Sachsen und Sachsen-Anhalt aufgenommen werden, um die Aktivitäten und die Auswüchse dieser Netzwerke aufzudecken.

Verwischte Grenzen von Realität und Virtualität

Die geleakten Chats des Netzwerks bewiesen, dass es sich nicht um einzelne sprachliche Entgleisungen gehandelt habe, betonte Innenminister Holger Stahlknecht (CDU). Man wundere sich, dass es in unserer Gesellschaft eine solche Einstellung überhaupt gebe, vor allem auch von Männern, die in der Bundeswehr eine gewisse Vorbildfunktion ausfüllen sollten und der historischen Verantwortung in keiner Weise gerecht würden. Extremistisches Gedankengut habe in keiner Institution der Bundesrepublik etwas zu suchen.

Es zeige sich, dass die Grenzen von Realität und virtueller Wirklichkeit in diesen Netzwerken verschwämmen. Jeder Anstand, jede Zurückhaltung falle dort. Es lasse sich aufgrund der gesetzlichen Grundlage nur schwer feststellen, wie viele dieser eigentlich geschlossenen Chatgruppen es im Land und weltweit gebe, räumte Stahlknecht ein. Als Konsequenz solle der Verfassungsschutz seine Präsenz im Netz verstärken und zusammen mit dem Staatsschutz und der Polizei agieren.

„Rechtsextreme Beschäftigte längst entlassen“

Die SPD sei mit ihrer Bundesvorsitzenden Esken gesamtgesellschaftlich gar nicht geeignet, eine solche Debatte anzuschieben, monierte Oliver Kirchner (AfD). Gleiches gelte für die Grünen, die Linken und die CDU, die alle verfassungsfeindliche Aktionen unterstützt hätten. „Ich kann in keinen Kopf eines Mitarbeiters hineinschauen“, rechtfertigte Kirchner die Beschäftigung dreier Rechtsextremer, die mittlerweile entlassen worden seien. Anders als in anderen Parteien würde solche Mitarbeiter von der AfD gekündigt, versicherte Kirchner.               

Tiefe personelle und programmatische Verflechtung der AfD

„Nazis horten Schusswaffen und Munition und wappnen sich für einen ‚Rassenkrieg‘“, rekapitulierte Sebastian Striegel (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) die Erkenntnisse der „tageszeitung“. „Den Journalistinnen und Journalisten gebührt unser Dank!“ Drei der identifizierten Personen des Preppernetzwerks seien Mitarbeiter der AfD-Fraktion des Landtags gewesen. Man habe nur hinsehen müssen, um die tiefe personelle und programmatische Verflechtung der AfD mit rechtsextremen Netzwerken zu erkennen, sagte Striegel. Der vermeintlich aufgelöste „Flügel“ bestimme nach wie vor den inneren Kompass der AfD.

Dass Nazis Nazidinge täten, könne nicht überraschen, es gelte, dies zu verhindern. Dass immer wieder auch Bundeswehrangehörige in diese Sachverhalte verstrickt seien, sei zutiefst besorgniserregend. In der Truppe gebe es ein manifestes Problem mit Rechtsextremismus, konstatierte Striegel: „Man paktiert nicht mit Feinden der Demokratie!“

Schonungslose Aufklärung ist notwendig

Die AfD sei nicht nur der parlamentarische Arm des Rechtsextremismus, sondern auch – das bewiesen die geleakten Prepper-Chatprotokolle – des Rechtsterrorismus, konstatierte Henriette Quade (DIE LINKE). Die Veröffentlichungen der „taz“ zeigten, dass das Preppernetzwerk paramilitärische Strukturen für einen gewaltsamen Umsturz haben schaffen wollen, die Stimmung in der AfD-Fraktion des Landtags werde im Chat als „ausgesprochen hitleristisch“ bezeichnet. Brutstätte des Netzwerks seien die rechten Burschenschaften, deren Vorbilder ganz offensichtlich die rechtsradikalen Freikorps der Weimarer Republik mit ihren politischen Morden seien, so Quade.

Besonders gefährlich werde die aktuelle Situation durch die Verflechtung von Teilen des Sicherheitsapparats der Bundesrepublik mit solchen rechtsextremen Netzwerken, so Quade. Es bedürfe endlich der schonungslosen Aufklärung und personeller Konsequenzen. Einer der überführten Prepper sei als AfD-Referent unter anderem im Innenausschuss tätig gewesen und habe dort viele Informationen problemlos sammeln können. Man müsse sich auch fragen, was das für die Sicherheit von Demokratinnen und Demokraten im Landtag bedeute. Es müsse in den Sicherheitsbehörden zu einem Umdenken hinsichtlich der rechtsextremen Bedrohung im Land kommen. „Handeln ist das Gebot der Stunde, bisher tun wir nicht unser Möglichstes.“

Keine Toleranz gegenüber Umstürzler

Die Prepper-Szene als solche sei bereits seit den 1970er Jahren bekannt, sie werde seit einigen Jahren von Rechtsextremen unterwandert, erklärte Chris Schulenburg (CDU). 2017 sei in Mecklenburg-Vorpommern ein Netzwerk aufgedeckt worden, das sich auf eine Machtübernahme und die Ausschaltung von „Feinden“ vorbereitet habe. Die nun von der „taz“ aufgedeckte Verschwörungsgruppe belege Verbindungen der Prepper-Mitglieder zum Corona-Stab in einem Landratsamt, zur Bundeswehr, zu den Reservisten der Bundeswehr und zu Burschenschaften.

Die rechtsextremen Preppergruppen zeichneten sich negativ durch Waffenbeschaffung und Austausch von Tötungsphantasien aus – es dürfe „keine Toleranz gegenüber jenen [geben], die einen Umsturz planen“, betonte Schulenburg. Ermittlern des Verfassungsschutzes müsse es erlaubt werden, beispielsweise Chats von verdächtigen Personen zu überwachen, damit diese rechtsextremen umstürzlerischen Strukturen nicht im Verborgenen blieben. Schulenburg machte zudem klar, dass es in der Bundeswehr keinen Platz für Menschen mit extremistischem Gedankengut gebe.

Beschlüsse zur Sache der Aktuellen Debatte wurden nicht gefasst.