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Plenarsitzung

Lehren aus dem Tag der Befreiung ziehen

08. Mai. 2020

Sechs Jahre Krieg und mehr als 60 Millionen Tote weltweit: Am Abend  des 8. Mai 1945 trat die Gesamtkapitulation der deutschen Wehrmacht in Kraft, womit die nationalsozialistische Terrorherrschaft endgültig endete. Diese hatte Generaloberst Alfred Jodl am 7. Mai 1945 im Hauptquartier der Alliierten im französischen Reims unterzeichnet.

Landtagspräsidentin Gabriele Brakebusch erinnerte am 8. Mai an die Geschehnisse vor 75 Jahren: „Nur der Sieg der Alliierten und die bedingungslose Kapitulation, nur die Niederlage haben uns Deutsche von der nationalsozialistischen Diktatur befreit. Wir Deutschen hatten und haben einen brutalen Raub- und Eroberungskrieg, einen weltanschaulichen Vernichtungskrieg, das millionenfache Morden, den Versuch der vollständigen Vernichtung der europäischen Juden sowie die materielle und seelische Verwüstung Europas zu verantworten.“

Unterschiedliche Wahrnehmung des Gedenktags

Der 8. Mai als solcher ist heute im deutschen Erinnerungskalender als Tag der Befreiung eine feste Größe, auch wenn dessen Bedeutung in den beiden deutschen Staaten zunächst einen unterschiedlichen Werdegang nahm.

Die Bundesrepublik hatte sich zunächst mit der Symbolik des 8. Mai schwergetan. Zwar symbolisierte der Tag die Befreiung aller vom Nationalsozialismus und das Ende der Verbrechen gegen die Menschlichkeit, doch war er zugleich auch Sinnbild der deutschen Niederlage und Verbrechen der Kriegstreiber. Wie erinnert man richtig vor dem Hintergrund von Täterschaft und Opferschaft?, war die große Frage. Im Gegenzug dazu war der 8. Mai in der DDR als „Tag der Befreiung des deutschen Volkes vom Hitlerfaschismus durch die Rote Armee“ geprägt, auch als Feiertag (1950–1967 und 1985). So sollte nicht nur der antifaschistische Gründungsmythos der DDR, sondern auch die Verbundenheit zur Sowjetunion in der Bevölkerung verfestigt werden, allerdings ohne groß an die eigene Schuld zu erinnern. Aber der 8. Mai 1945 dürfe als Tag der Befreiung nicht als die Befreiung eines unschuldigen Volkes missverstanden werden, erklärte Brakebusch.

Wolfgang Stiehl erlebte als Elfjähriger das Kriegsende in Schönebeck (Elbe). Er erinnert sich an den Einmarsch der amerikanischen Truppen und erklärt, warum er Angst vor den Rotarmisten hatte. Das Video stammt vom Zeitzeugenportal der Stiftung Haus der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland.Youtube


Nach der Rede Richard von Weizsäckers

1985 sprach der damalige Bundespräsident Richard von Weizsäcker am Gedenktag vor dem Deutschen Bundestag. Seine Rede gilt nicht nur als die wichtigste seiner Amtszeit, vielen ist sie sogar bis heute die wichtigste Rede, die jemals zum Thema gehalten worden ist. Nicht Kapitulation und Niederlage stünden an diesem Tag im Mittelpunkt der Erinnerung der Deutschen, sondern die Befreiung von Krieg und NS-Diktatur. Immer verbunden mit diesem Tag bleibe der Holocaust, so von Weizsäcker. „Das Vergessenwollen verlängert das Exil, und das Geheimnis der Erlösung heißt Erinnerung“, sagte der Bundespräsident 1985. Dieser Grundsatz hat bis heute Bestand. 

Wie auch andere mit dem Zweiten Weltkrieg in Zusammenhang stehende geschichtsträchtige Tage wird auch der 8. Mai von rechtsextremen Kreisen für deren verquere und verfassungsfeindliche Geschichtsauffassung umgedeutet. Dennoch ist der Tag in das kollektive Gedächtnis und Bewusstsein in ganz Europa eingegangen, auch wenn in einigen Ländern andere Schicksalstage am Kriegsende mehr Bedeutung tragen (Russland: 9. Mai, Italien: 25. April, USA: 15. August): Der 8. Mai wird als Tag der Überwindung des Nationalsozialismus und des Endes der Nazi-Barbarei begangen; zugleich war er – international betrachtet – der Ausgangspunkt für einen politischen, sozialen und kulturellen Neubeginn des friedlichen Miteinanders auf dem europäischen Kontinent.