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Plenarsitzung

Besonders betroffene Branchen unterstützen

20. Nov. 2020

Auf Antrag der SPD-Fraktion führte der Landtag in der zweiten November-Sitzungsperiode eine Aktuelle Debatte zum Thema „Corona-Wirtschaftshilfen – Härtefallprogramm für besonders betroffene Branchen und Betriebe“. Parallel wurde ein Antrag der Fraktion DIE LINKE beraten, in dem sie für die von den Corona-Maßnahmen besonders betroffenen Kunst- und Kulturszene um ein Grundeinkommen zur Meisterung der Pandemiesituation warb.

Im Frühjahr hatte es bereits ein umfangreiches Corona-Hilfspaket seitens der Landesregierung und der IB gegeben. Foto: IB

„Es gibt immer noch Härtefälle“

Seit Beantragung der Aktuellen Debatte habe sich einiges getan: Es gebe mittlerweile Klarheit über die Novemberhilfen des Bundes, eine Pauschalzahlung für betroffene Gastronomiebetriebe und ein neues Hilfsprogramm für Soloselbstständige, sagte Holger Hövelmann (SPD). Aber eines habe sich nicht geändert: „Trotz aller Hilfsprogramme gibt es noch Härtefälle.“ Dies seien Betriebe und Soloselbstständige, bei denen die Hilfen vorn und hinten nicht reichten. Wirtschaftsminister Willingmann habe unlängst darauf hingewiesen, dass es landesspezifische zielgenaue Ergänzungen seitens des Landes für die Club- und Veranstaltungsbranche als unbürokratische Beschleunigung der Novemberhilfe geben müsse, so Hövelmann.

Die konsequenten Maßnahmen des Bundes seien eine dauerhafte Handlungsmaxime und ein Glücksfall für die Wirtschaft und für die Bundesländer. Aber es wäre besser, würden die Hilfen schneller fließen, so Hövelmann. Die kleinen Beschäftigtengruppen passten zu oft nicht in die großen Hilfsmaßnahmen wie etwa die großen staatlichen Hilfen für die Luftverkehrsbranche und die Automobilindustrie. Aber Corona-Hilfen dürften sich nicht auf die „Big Player“ beschränken, denn man brauche das Geflecht der kleinen und mittelständischen Betriebe und die Unterhaltungsbranche.

Zwar habe das Land einen Nachtragshaushalt von 500 Millionen Euro zur Verfügung gestellt, aber mehr als 100 Millionen Euro davon stünden noch zur Verfügung. Es gelte, so Hövelmann, eine kritische Bestandsaufnahme vorzunehmen, wo die Hilfen des Bundes nicht ankämen, wo diese aber wirtschaftliche Belebung und Ausgleich sozialer Nachteile bewirken sollen.

Wirtschaftliches Geschäft wieder zum Laufen bringen

Die Kulturschaffenden des Landes könnten mit der Unterstützung von Bund und Land rechnen, versicherte Ministerpräsident Dr. Reiner Haseloff (CDU). Das Landesprogramm „Kultur ans Netz“ sei erfolgreich verlaufen und könne wiederaufgelegt werden. Die Geister schieden sich an der Sinnhaftigkeit der getroffenen Corona-Maßnahmen, räumte Haseloff ein, aber man trage Verantwortung für das Land und die nachfolgenden Generationen. Die Novellierung des Infektionsschutzgesetzes biete nun mehr deutliche Rechtssicherheit und landeseigene Handlungsspielräume. Es gehe darum, Schutzmaßnahmen zu ergreifen, aber auch ein halbwegs normales wirtschaftliches, kulturelles und soziales Leben zu ermöglichen. Dabei dürfe man die Gefahr von Corona nicht ausblenden, aber auch nicht in Panik geraten.

Haseloff lobte das gute Ergebnis mit dem Bund, zehn Milliarden Euro würden als sogenannte Novemberhilfen vom Bund zur Verfügung gestellt. Die finanziellen Voraussetzungen zur Hilfe der Soloselbstständigen seien da, jetzt müsse EU-rechtlich abgeklärt werden, wie die Gelder an die Betroffenen ausgezahlt werden können. „Alle Maßnahmen, die wir machen und noch machen müssen, sind notwendig, damit wir das wirtschaftliche Geschäft wieder zum Laufen bekommen und die Menschen mit einer auch finanziellen Perspektive versehen können“, erklärte Haseloff.

Landesmittel wären wichtiges Signal

Da man mittlerweile seit März mit der Krise zu tun habe, könne man jetzt eingebrachte Maßnahmen wohl kaum als Schnellschüsse bezeichnen, kritisierte Eva von Angern (DIE LINKE). Kunst und Kultur schüfen Freiräume für kritischen Diskurs, das Land brauche dieses kritische Korrektiv, das mit seiner Arbeit die Demokratie stütze. „Sie werden uns nicht im Stich lassen, deswegen sollten wir sie jetzt auch nicht im Stich lassen“, forderte von Angern.

Es sei nicht abzusehen, wie langfristig die Auswirkungen auf die Unterhaltungsbranche und die Gesellschaft ausfielen. Die Fülle der Kunst- und Kulturszene befinde sich im Lockdown. „Wir wollen diejenigen unterstützen, die im ersten Lockdown sehr kreativ reagiert haben und mit Hygienekonzepten kulturelle Erlebnisse ermöglicht haben“, erklärte von Angern. Ihre Fraktion spreche sich für die Öffnung kultureller Veranstaltungen aus, vorausgesetzt, dass entsprechende und von den Gesundheitsämtern genehmigte Hygienekonzepte vorlägen.

Für Clubs und Diskotheken sehe die Lage anders aus, hier sei eine Öffnung tatsächlich nicht empfehlenswert. Der wirtschaftliche Totalausfall sei hier angeordnet, es bedürfe also schneller und unbürokratischer finanzieller Hilfe. Die Linken-Abgeordnete glaube nicht daran, dass die Mittel des Bundes noch in diesem Jahr bei den Betroffenen ankämen. „Landesmittel wären ein wichtiges Signal für die Institutionen im Land.“

„Unverhältnismäßige Maßnahmen“

Ganze Wirtschaftsbereiche seien seit Anfang November wieder stillgelegt, beklagte Alexander Raue (AfD) die nach seiner Meinung nach „unverhältnismäßigen Maßnahmen“ wegen der Corona-Pandemie, schließlich habe es auch verschiedene Grippe-Epidemien mit vielen Toten gegeben, bei denen es keine solchen Einschnitte gegeben habe. Vorerkrankte und alte Menschen gelte es zu schützen, für den überwiegenden Teil der Bevölkerung stelle das Corona-Virus aber keine Gefahr da, glaubt Raue. Die wirtschaftlichen Schäden durch die Corona-Maßnahmen seien kaum noch zu überblicken, am Ende würden es wohl 1 500 Milliarden Euro sein, sagte der AfD-Abgeordnete. Corona und die Maßnahmen dagegen seien vollständig aus der Balance geraten.

Raue kritisierte auch die geplanten Corona-Maßnahmen der EU, hier würde Deutschland zu stark zur Kasse gebeten. Land und Bund befeuerten Panik und Wirtschaftskrise gleichermaßen. Die AfD fordere die Rücknahme aller Betriebsschließungen, so Raue. Die Finanzhilfen verzögerten sich ungerechtfertigterweise, viele Unternehmer verlören ihre wirtschaftliche Grundlage.

Grüne für Corona-Nothilfefonds

Die Einschränkungen und Verluste durch die Pandemie-Maßnahmen träfen nicht alle Branchen gleichermaßen, die Lasten der Katastrophe müssten deswegen solidarisch getragen werden, erklärte Olaf Meister (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): „Wir müssen dort helfen, wo Existenzbedrohungen um sich greifen.“ Der Bund habe den Start der Novemberhilfe für den 25. November 2020 angekündigt, „schneller werden wir mit einem eigenen Landesprogramm nicht sein“, sagte Meister. Es gelte, die Menschen gesund durch die Krise zu bringen und finanziell zu helfen, wo es nötig sei. Wenn der Bund helfe, sei das gut, aber bei Lücken müsse das Land einspringen. Dies gelte beispielsweise für Studierende im Land und den Kulturbereich. Während sich die AfD dezidiert gegen Hilfen für die Kultur ausspreche, könnten sich die Grünen einen Corona-Nothilfefonds vorstellen, der aus dem Nachtragshaushalt gespeist werden könnte, erklärte Meister.

„Dieser Alptraum ist zwar endlich, aber wir werden auch beim Neustart unterstützen müssen“, beispielsweise bei der Clubszene, die seit März geschlossen sei, so Meister. Die Stabilisierung der Wirtschaft erfolge auch über die Kommunen, viele von ihnen stünden nun vor noch größeren finanziellen Herausforderungen. Ausgleichszahlungen müssten da in den kommenden Landeshaushalten vorgesehen werden.

Erste Mittel sollen Ende November fließen

Politisch verantwortliches Handeln habe dazu geführt, bestimmte Einschränkungen vorzunehmen. „Wir haben die gesamte Wirtschaft im Auge und stellen die Hilfe so bereit“, konstatierte Ulrich Thomas (CDU). Die Hilfsprogramme von Bund und Ländern seien atemberaubend. Allein im Frühjahr seien 40 000 Anträge auf Unterstützungsleistungen durch Land und IB gestellt und bearbeitet worden. Es sei angeraten, mit Augenmaß voranzugehen und die Mittel zielgerichtet auszugeben.

Die jüngsten Konjunkturberechnungen machten etwas Hoffnung, dass die negativen wirtschaftlichen Konsequenzen nicht so hoch ausfielen wie zunächst vermutet. Dennoch seien viele Branchen enorm von den coronabedingten Lockdowns betroffen. Es sei zu hoffen, dass das Land bald wieder zum Sachsen-Anhalt-Plan zurückkehren könne.

Die Novemberhilfe des Bundes biete die zentrale Unterstützung für mittelständische Betriebe, Vereine und Soloselbstständige, die von den Corona-Maßnahmen besonders betroffen seien.  Soloselbstständige könnten dadurch bis zu 5 000 Euro erhalten, andere Unternehmer bis zu 10 000 Euro. Die Antragsstellung erfolge online, erste Abschlagszahlungen seien für Ende November zu erwarten, erklärte Thomas.

Beschlüsse zur Sache der Aktuellen Debatte wurden nicht gefasst. Der Antrag der Fraktion DIE LINKE wurde in die Ausschüsse für Bildung und Kultur (federführend) sowie für Wirtschaft, Wissenschaft und Digitalisierung (mitberatend) überwiesen.