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Plenarsitzung

Unterbringung von Abschiebehäftlingen

20. Jun. 2019

Im Einklang mit einem Urteil des EuGH ist die Abschiebungshaft als Sicherungshaft zur Vollziehung der Abschiebung räumlich getrennt von der Strafhaft zu vollziehen. Dieses Abstandsgebot schließe nach Ansicht der AfD-Fraktion die Unterbringung von Sicherungshäftlingen in einer JVA nicht aus, wenn eine räumliche Trennung zu den Strafgefangenen innerhalb der Anstalt gewährleistet sei. Die Landesregierung soll per Antrag aufgefordert werden, in den Fällen der Ausweisung und Abschiebung nach dem Aufenthaltsgesetz die Voraussetzungen für eine Unterbringung von ausreisepflichtigen Sicherungshäftlingen in den Justizvollzugsanstalten des Landes zu schaffen.

Die AfD-Fraktion hat sich mit einem Antrag dafür eingesetzt, eine Unterbringung von Abschiebehäftlingen auch in Justizvollzugsanstalten des Landes Sachsen-Anhalt zu ermöglichen. Foto: fotolia.com

Mario Lehmann (AfD) argumentierte mit dem kürzlich im Bundestag beschlossenen „Geordnete-Rückkehr-Gesetz“ (GRG), welches unter anderem ein vorübergehendes Aussetzen der Trennung von Strafgefangenen und Abschiebehäftlingen ermögliche. Hauptziel des Gesetzes sei, es abgelehnten Asylbewerbern zu erschweren, sich der Abschiebung zu entziehen. Termin und Ablauf der Abschiebungen sollen zukünftig Dienstgeheimnisse sein. Dies begrüßte Lehmann ausdrücklich, da in der Vergangenheit Pro-Flüchtlingsvereine immer wieder von Abschiebungen erfahren, Betroffene gewarnt oder sich der Polizei in den Weg gestellt hätten. Wenn dieses GRG auf Bundesebene gelte, müsste es auch in Sachsen-Anhalt angewandt werden, nichts weiter wolle die AfD-Fraktion mit ihrem Antrag erreichen.

Innenminister Stahlknecht hätte vor Langem 30 Abschiebehaftplätze in der JVA Dessau angekündigt, die vermutlich bis 2020 noch nicht fertig sein werden. Allein in Sachsen-Anhalt gebe es etwa tausend Fälle [Asylbewerber], die abgeschoben werden müssten, so Lehmann. Für ihn sei es außerdem unverständlich, warum die JVA Volkstedt mit 263 Haftplätzen geschlossen werden soll, wenn sie – wie in der Vergangenheit – für Abschiebehaftplätze genutzt werden könnte. Zur Not könnten die Räumlichkeiten dort ohne Probleme mit Containern erweitert werden, so der AfD-Abgeordnete. Ein konsequentes Handeln bei Abschiebungen würde außerdem zu mehr Sicherheit in Sachsen-Anhalt beitragen, wie der Fall eines 9-jährigen vergewaltigten Mädchens in Dessau-Roßlau zeige.

„Die Ausführungen der AfD-Fraktion vermitteln ein völlig falsches Bild“, erwiderte Innenminister Holger Stahlknecht (CDU). Es sei gesetzlich notwendig, dass Abschiebehäftlinge in speziellen Haftanstalten untergebracht würden. Eine Ausnahme sei nur möglich, wenn erhebliche Gefahr für Leib und Leben von ihnen ausgehe. Dies müsse im Einzelfall geprüft werden.

Das GRG stelle diesen Grundsatz nicht in Frage, lasse aber Öffnungen zu und mache von Artikel 18 des Gesetzes Gebrauch. In Sachsen-Anhalt gebe es momentan keine Abschiebehafteinrichtung, deshalb gebe es derzeit einige Plätze in Niedersachsen. Stahlknecht sagte weiter, wenn das Bundesgesetz in Kraft getreten sei, dann könnte auch Sachsen-Anhalt diesen Paragraphen nutzen.

Rüdiger Erben (SPD) betonte, der Antrag der AfD-Fraktion sei eindeutig „rechtswidrig“. Ausreisepflichtige Ausländer seien keine Kriminellen und dürften deshalb nicht mit freiheitsentziehenden Maßnahmen überzogen werden. Denn dafür gelten zu Recht sehr hohe Maßstäbe in unserem Land. Auch ein illegaler Grenzübertritt sei kein Grund für freiheitsentziehende Maßnahmen, stellte Erben klar.  

„Abschiebehaft ist kein adäquates Mittel der Migrationspolitik“, unterstrich Eva von Angern (DIE LINKE). Die Unterbringung in einer JVA wird von ihrer Fraktion ebenfalls abgelehnt. Es gehe um Menschen, die nichts getan hätten, außer in Deutschland Schutz zu suchen. Ihrer Meinung nach würden es die EU-Richtlinien auch ermöglichen, ganz auf die Abschiebehaft zu verzichten.

Sebastian Striegel (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) verwies ebenfalls auf die vorhandenen EU-Gesetze, die eine Umsetzung des AfD-Antrags unmöglich machten. Deshalb unterstütze seine Fraktion, dass nach dem Beschluss des GRG im Bundestag der Bundesrat zur Vermittlung angerufen werden soll, um die europarechtswidrige Streichung zurückzunehmen. Abschiebehäftlinge seien nicht mit Straftätern zu vergleichen, in der Abschiebehaft gebe es zudem ganz andere rechtliche Vorgaben (Tagesablauf, Handynutzung und Unterbringung) als im Strafvollzug.  

Chris Schulenburg (CDU) schloss sich im Wesentlichen den Ausführungen von Innenminister Stahlknecht an. Erst mit der Rechtskraft des GRG seien die gesetzlichen Voraussetzungen geschaffen, deshalb plädierte er dafür, das Gesetzgebungsverfahren auf Bundesebene abzuwarten und sprach sich für eine Überweisung des Antrags aus.

Nach der Debatte wurde der AfD-Antrag in den Ausschuss für Inneres und Sport überwiesen.