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Plenarsitzung

Spuren des Bauhauses in Tel Aviv-Jaffa

Die Ausstellung umfasst Fotografien auf zwei Fluren des Landtagsgebäudes. Sie kann bis zum 10. Mai 2019 montags bis freitags von 8 bis 18 Uhr kostenfrei besichtigt werden.

Mit zeitgenössischen Fotografien der modernen Architektur aus dem Tel Aviv der 1930er Jahre präsentiert die Deutsch-Israelische Gesellschaft die Ausstellung „The Stuff of Life – Der Stoff des Lebens“ der Fotografen Ingrid Botschen und Michael Craig Palmer. Landtagspräsidentin Gabriele Brakebusch eröffnete die Ausstellung am Dienstag, 5. März 2019, im Landtag von Sachsen-Anhalt.

Im Hintergrund stehen das 100. Jubiläumsjahr des Bauhauses sowie dessen bedeutende Einflüsse und Strömungen, welche in Begriffen wie Klassische Moderne, Internationaler Stil und Neues Bauen einzuordnen sind. 

Stimmen zur Ausstellungseröffnung

Landtagspräsidentin Brakebusch hob die architektonische Spurensuche der beiden Künstler hervor; sie zeigten die Migrationsgeschichte nicht nur von Menschen, sondern auch von Baumaterial auf – Spuren, die sich bis heute gehalten hätten. Gerade die „tiefmenschlichen Geschichten“, die die vielen Detailfotos der Objekte in Tel Aviv zeigten, machten die Ausstellung zu etwas Besonderem, sagte Kulturminister Rainer Robra.

Gerhard Miesterfeldt, Vorsitzender der Deutsch-Israelischen Gesellschaft e. V. (AG Magdeburg), betonte, dass die Spurensuche auch ein Sich-Starkmachen gegen jene Ideologen sei, die seinerzeit das Bauhaus und sein Bauverständnis verbrämt und verboten hätten. Für Ingrid Botschen ist die Architektur eine besondere Schnittstelle zwischen zwei Ländern und zwei Kulturen. Sie hätten das „alte Leben“ Tel Avivs im Originalzustand dokumentieren wollen, solange er noch so erhalten sei. Zwar sei das Bauhaus eine Inspirationsquelle für das moderne Bauen gewesen, die alten Spuren drohten aber durch (moderne) Sanierungen und Neubauten zu verschwinden.

Tel-Aviv-Jaffa und das Bauhaus

Das Zentrum von Tel Aviv gilt als weltweit dichtestes Ensemble von ungefähr 4 000 Gebäuden des Internationalen Stils. Errichtet wurden diese Gebäude vor allem in den 1930er Jahren als freistehende Etagenwohnhäuser auf einem Stadtgrundriss, der den Prinzipien der Gartengestaltungsbewegung folgt. Diese besondere Kombination zweier moderner Konzepte der Architektur und Stadtplanung begründete im Jahr 2003 die Aufnahme der „Weißen Stadt“ in die UNESCO-Welterbe-Liste.

Tel Aviv wurde 1909 als jüdischer Vorort der arabischen Stadt Jaffa gegründet und entwickelte sich innerhalb der nachfolgenden Jahrzehnte zu einer selbstständigen Metropole – der ersten jüdischen Stadt. Getrieben wurde das rasante Wachstum durch zyklische Einwanderungswellen. Zunächst in den 1890er Jahren aufgrund heftiger Pogrome im russischen Zarenreich und in den 1930er Jahren infolge des erstarkenden Faschismus. Unter den Zehntausenden Einwanderern waren auch zahlreiche Architekten: Einige von ihnen stammten aus Palästina und kehrten nach Studium und Ausbildung in Europa zurück, andere wiederum flohen vor der Verfolgung in ihren Heimatländern und brachten als Immigranten die verschie­denen Einflüsse moderner Architektur ins Land.

Die zeitgenössischen Fotografien der Fotografen Ingrid Botschen und Michael Craig Palmer widmen sich den alltäglichen Blicken von Wohngebäuden des Internationalen Baustils der 1930er Jahre im Zentrum von Tel Aviv. Im Außenraum, im Innenraum, in den Eingängen und Treppenhäusern treten sie in Kontakt mit der Bautätigkeit jener Zeit. Gepaart mit den Spuren der Alija (jüdische Einwanderung) und den Gebrauchsspuren von fast 90 Jahren zeigen sie, dass diese Architektur für den Gebrauch geschaffen wurde, dass sie den Menschen der 1930er Jahre – zum Beispiel jüdischen Immigranten aus Europa, die vor Terror und Verfolgung flohen – einen neuen Lebensraum bieten sollte.

Die Mesusa am Türrahmen, hebräische Grundsteintafeln, Treppenstufen, Briefkästen, Sitzbänke im schattenspendenden überdachten Außenraum, puristische Eingangsbereiche – sie geben Einblicke in die Lebensräume der Gebäude. Details zeigen sich unverändert in Form, Farbe und Materialität sowie im Charme seiner Gebrauchsspuren und seiner Einzigartigkeit. Schalter mit deutscher Aufschrift „Licht“ verweisen auf das Ha‘avara-Abkommen zwischen der Zionistischen Vereinigung Deutschland und dem deutschen Reichsministerium für Wirtschaft im Jahr 1933.

Zahlungskräftigen deutschen Juden wurde mit dem Einkauf deutscher Bauprodukte, dem Export nach Palästina und dessen Wertrückkauf die Immigration nach Palästina ermöglicht. Demzufolge finden sich in Gebäuden der 1930er Jahre zahlreiche deutsche Produkte wieder.