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Plenarsitzung

Neue Ausstellung über Alphabetisierung

05. Sep. 2019

Unter dem Titel „Schriftlos? Nein, danke!“ zeigt der Landtag noch bis Ende September 2019 die Landesausstellung „Alphabetisierung und Grundbildung in Sachsen-Anhalt“. In Deutschland sind rund 6,2 Millionen Menschen funktionale Analphabeten (Betroffene über 64 Jahre werden allerdings nicht mitgezählt), können also nur schlecht lesen beziehungsweise das Gelesene nur schlecht im Zusammenhang verstehen. Die Hälfte der betroffenen Menschen hat Deutsch als Muttersprache, ein Großteil verfügt über einen Schulabschluss, mehr als die Hälfte geht einem Job nach.

Die mobile Landesausstellung stellt mit Fotos und Texten die Geschichte von Herrn M. dar. Herr M. ist funktionaler Analphabet, also jemand, der die Schrift im Alltag nicht so gebrauchen kann, wie es im sozialen Kontext als selbstverständlich angesehen wird. Verfasst hat die Texte  Peter Hubertus, ehemaliger Geschäftsführer des Bundesverbandes Alphabetisierung und Grundbildung e. V. Seine jahrzehntelange Expertise in der Alphabetisierungsarbeit, Unterricht und Fortbildung fließt in die Schilderung der Geschichte des Herrn M. ein.

Die Landesausstellung veranschaulicht zudem die bundesweiten wie landesspezifischen Zahlendimensionen. Außerdem präsentiert sie zahlreiche wertvolle Informationen rund um das Thema. Vorgestellt werden unter anderem das Netzwerk aus Volkshochschulen, Lesecafés, offenen Lernwerkstätten und mehr im Land. Und sie weist den direkten Weg zu Unterstützung.

Stärker mit dem Thema auseinandersetzen

„Es handelt sich um ein Thema, das uns immer wieder tief bewegt, Menschen trauen sich nicht, offen zu bekennen, dass sie nicht lesen können und dadurch einige Schwierigkeiten im Leben haben“, sagte Landtagspräsidentin Gabriele Brakebusch zur Eröffnung der neuen Ausstellung. „Unsere Leistungsgesellschaft fordert den Menschen viel ab“, Schwäche und Scham hätten da offenbar keinen Platz. Die Ausstellung solle dazu beitragen, dass man sich stärker mit dem Thema auseinandersetzt und Betroffene dazu rät, sich Unterstützung zu holen – „denn diese Unterstützung gibt es“, erklärte Brakebusch.

Bis zu 200 000 Analphabeten in Sachsen-Anhalt

Die Erwachsenenbildung beschäftige sich sehr intensiv mit der Alphabetisierung, erklärte Dr. Reinhild Hugenroth, Geschäftsstellenleiterin des Netzwerks Alphabetisierung und Grundbildung Sachsen-Anhalt. Sie dankte der großzügigen Förderung für die Ausstellung aus dem Bildungsministerium des Landes. Die Ausstellung zeige, wie ein Nicht-Leser sich im Alltag „durchmogle“. 150 000 bis 200 000 Analphabeten gebe es in Sachsen-Anhalt, so Hugenroth. Die in der Ausstellung erzählte Geschichte stehe stellvertretend für die vielen Betroffenen und gebe Auskunft über die verschiedenen Hilfsangebote, so unter anderem das ALFA-Telefon.

Gesetz zur Erwachsenenbildung vor Novellierung

„Die Erwachsenenbildung ist ein gleichberechtigter Teil der Bildungslandschaft im Land“, sagte Dr. Rüdiger Fikentscher, Vorsitzender des Landesausschusses für Erwachsenenbildung Sachsen-Anhalt. Das bisher geltende Gesetz zur Erwachsenenbildung solle demnächst novelliert werden, die vielen neuen Entwicklungen der letzten Jahre müssten dabei berücksichtigt werden. Künftig werde mehr Geld für die unterschiedlichen Bildungsangebote benötigt, stellte Fikentscher aus den Beratungen des Landesausschusses heraus klar. Der Gedanke des lebenslangen Lernens sei alt, aber heute sei es eine nachdrückliche Forderung, fast eine Drohung: Ab wann sei es den Menschen (im höheren Alter) gestattet, allein auf Basis des bisher Erlernten leben zu können?, fragte Fikentscher. Und eine weitere Frage bleibe bisher unbeantwortet: Wieso gebe es – trotz des Bildungssystems – immer wieder neue Analphabeten aus den Schulen heraus?

Die Ausstellung ist bis zum 30. September 2019 von Montag bis Freitag in der Zeit von 8 bis 18 Uhr im Ostflügel des Landtags zu sehen. Der Eintritt ist frei.