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Plenarsitzung

Mehr Gewaltprävention in Rettung und Pflege

19. Dez. 2019

Medienberichten zufolge hat die Gewalt gegenüber Rettungskräften und Pflegepersonal in den vergangenen Jahren deutlich zugenommen. Die AfD-Fraktion brachte nun einen Antrag ein, durch den die Landesregierung zunächst aufgefordert werden sollte, den Ist-Zustand zu erfassen (wie viele Fälle von Gewalt, unter welchen Umständen etc.). In einem zweiten Schritt sollte dann ein Maßnahmenkatalog entwickelt werden, um die Gewalt gegenüber dem genannten Personenkreis konsequent zu unterbinden. Die Koalitionsfraktionen brachten einen Alternativantrag ein, durch den die Landesregierung Maßnahmen entwickeln soll, um verbale Angriffe und gewalttätige Übergriffe in den Notaufnahmeeinrichtungen und bei Einsätzen der Rettungsdienste sowie in den Pflegeeinrichtungen und bei den Pflegediensten zu minimieren.

Gewalt gegen Rettungs- und Pflegekräfte hat deutlich zugenommen. Mit Präventionsmaßnahmen sollen die Helfenden auf solche Situationen besser vorbereitet werden. Foto: Benjamin Nolte

Gewalttätige Übergriffe nehmen zu

Maßnahmen zur Gewaltprävention in Krankenhäusern würden nicht erfasst, obwohl diese bereits umgesetzt worden seien (Notfallknöpfe, Panikräume, Sicherheitskräfte), sagte Ulrich Siegmund (AfD); dies solle durch den Antrag geändert werden. Obwohl Rettungskräfte in der Mehrheit der Bevölkerung großes Ansehen genössen, behindere dennoch ein Teil die Arbeit von Arbeitskräften und wende im schlimmsten Fall sogar Gewalt gegen sie an. Gewalttätige Übergriffe nähmen immer weiter zu. Die Landesregierung sei hier aufgefordert, Vorfallzahlen zu erheben und entsprechende Gegenmaßnahmen zu ergreifen. Die Bürger müssten sich darauf verlassen können, in Sicherheit zu leben.

Präventionsarbeit unterstützen

Die Hemmschwelle zur Gewalt habe sich verschoben, räumte Petra Grimm-Benne (SPD), Ministerin für Arbeit, Soziales und Integration, ein. Die Rettungsdienste, Krankenhäuser und Pflegedienste seien allerdings sehr unterschiedlich strukturiert, ein einheitliches Konzept für alle zu entwickeln, dürfte schwierig, wenn nicht gar unmöglich sein, sagte Grimm-Benne. Die Kriminalitätsdaten würden in der Polizeistatistik erfasst, sie könnten allerdings nicht konkret auf einzelne Einrichtungen zurückverfolgt werden. Die Datenerhebung könnte nur von den Betroffenen selbst erhoben werden, dieser administrative Aufwand sei aber nicht zuzumuten.

Konkrete Maßnahmen zur Erhöhung der Sicherheit beispielsweise in Notaufnahmen seien bisher von einzelnen Einrichtungen nicht beantragt worden. Schwerpunkt der künftigen Sicherheitsarbeit müsse sein, die Krankenhäuser, Rettungsdienste und Pflegeeinrichtungen bei der Präventionsarbeit gegen Gewalt und Übergriffe zu unterstützen.

Respektsverfall entgegentreten

Mit ihrem Alternativantrag werbe die Koalition für Maßnahmen und Konzepte gegen Gewalt, die im Rahmen der Prävention erarbeitet werden sollen, sagte Markus Kurze (CDU). Damit solle dem Respektsverfall in einem Bereich entgegengetreten werden, in dem es darum gehe, Menschen zu helfen und zu retten. Die psychische Belastung der Rettungskräfte sei dramatisch angestiegen, körperliche Gewalt sei auch im Pflegebereich oft anzutreffen, resümierte Kurze. Er rief dazu auf, tolerant miteinander umzugehen und gemeinsam nach guten Lösungen suchen.

Bürokratieaufwand vermeiden

Es sei unumstritten, dass es Gewalt gegen Pflege- und Rettungsdienstleistende gebe, im Gegenzug gebe es aber auch Gewalt gegen Patienten und Senioren in der Pflege, erklärte Katja Bahlmann (DIE LINKE). Gewalt sei als gesamtpolitisches Problem festzustellen. Die Verrohung der Gesellschaft sei parallel durch den Rechtsruck aufgetreten. Verbal sei dies auch in jeder Landtagssitzung zu bemerken. Die von der AfD geforderten Maßnahmen seien bereits im Bund auf die Agenda gesetzt worden. So soll medizinisches Personal beispielsweise unter den gleichen strafrechtlichen Schutz gestellt werden wie Rettungskräfte am Unfallort.

Bahlmann kritisierte das hohe Maß an von der AfD-Fraktion geforderten Dokumentationsaufwand, das gegen den Bürokratieaufwand im medizinischen Bereich spreche, stattdessen solle die Arbeit mit und am Menschen im Vordergrund stehen. In der generalisierten Pflegeausbildung sei Gewaltprävention bereits abgebildet. 280 Unterrichtsstunden würden für genau dieses Thema aufgewendet. „Die Zeichen der Zeit sind hier längst erkannt worden“, sagte Bahlmann.

Rettungskräfte besser vorbereiten

Gewalt sei an keiner Stelle zu rechtfertigen, noch mehr zu verurteilen sei sie, wenn sie sich gegen Rettungskräfte richtete, denn diese seien „in unser aller Auftrag und zu unser aller Nutzen unterwegs“, erklärte Cornelia Lüddemann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN). Oftmals gingen die Ausfälle gegen Rettungskräfte auf starke Gefühle wie Angst, Ohnmacht und Wut der Menschen in Extremsituationen zurück. Es müsse gelingen, Rettungskräfte auf solche Situationen besser vorzubereiten, damit sie deeskalierend auf diese gewaltbereiten Menschen einwirken könnten.

Hemmschwelle zur Gewalt gesunken

Gewalt gegen Rettungskräfte sei keine Frage von gesteigerter Sensibilität (die zur Anzeige führe), sie habe in den letzten Jahren tatsächlich massiv zugenommen, konstatierte Rüdiger Erben (SPD). Die Hemmschwelle zur Gewalt sei eindeutig gesunken, sehr oft sei dies mit Alkohol und Drogen verbunden. Mit einer von der AfD-Fraktion geforderten Statistik und einer Statistikpflicht sei das bereits bekannte Problem aber nicht zu lösen. Dass viele Übergriffe im Pflegebereich nicht zur Anzeige kämen, sei völlig logisch, denn es widerspreche dem Sinn einer polizeilichen Straftatstatistik, dass zum Beispiel Demenzkranke wegen versuchter Körperverletzung angezeigt würden, so Erben.

Im Anschluss an die Debatte fand der Antrag der AfD-Fraktion keine Mehrheit. Der Alternativantrag der Koalition wurde einstimmig angenommen.