Cookies helfen uns bei der Weiterentwicklung und Bereitstellung der Webseite. Durch die Bestätigung erklären Sie sich damit einverstanden, dass Cookies gesetzt werden.

Plenarsitzung

Kommunalrechtliche Vorschriften geändert

30. Aug. 2019

Die Fraktionen von CDU, SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN brachten im Oktober 2018 einen Gesetzentwurf ein, durch den nun einige kommunalrechtliche Vorschriften geändert wurden. Der Ausschuss für Inneres und Sport hatte dem Landtag zuvor unter Mitwirkung der Ausschüsse für Finanzen sowie für Wirtschaft, Wissenschaft und Digitalisierung empfohlen, den genannten Gesetzentwurf in der geänderten Fassung anzunehmen.

Zentraler Punkt der Gesetzesänderung ist der Wegfall der zwingenden Pflicht zur Erhebung von Beiträgen für leitungsgebundene Einrichtungen in Kommunen. Hier haben die kommunalen Aufgabenträger zukünftig nun auch die Möglichkeit, nur einen Teil des Investitionsaufwands über Beiträge zu finanzieren und die übrige Finanzierung über Gebühren vorzunehmen (Mischfinanzierung). Zudem soll die frühere „Kurtaxe“ in den moderneren Begriff „Gästebeitrag“ überführt werden und verstärkt eingefordert werden können.

  • Ein Beispiel zur Veranschaulichung

    Zur Verdeutlichung der unterschiedlichen Finanzierungsmöglichkeiten ein (vereinfachtes) Beispiel: Eine Gemeinde hat eine Abwasseranlage für eine Million Euro errichtet. Aus Steuermitteln, also allgemeinen Haushaltsmitteln darf die Gemeinde diese Maßnahme grundsätzlich nicht finanzieren, weil es einen gesetzlich geregelten Vorrang der Vorzugslasten gibt (vgl. § 99 Abs. 2 Kommunalverfassungsgesetz des Landes Sachsen-Anhalt).

    Daher muss sich die Gemeinde entscheiden, ob sie privatrechtliche Entgelte fordert oder öffentlich-rechtliche Abgaben erhebt. Entscheidet sie sich für öffentlich-rechtliche Abgaben, hat sie zukünftig die Wahl zwischen Gebühren und Beiträgen.

    Soll der Investitionsaufwand von einer Million Euro über Beiträge finanziert werden, erlässt sie eine Beitragssatzung und kalkuliert die Höhe des Beitragssatzes grundsätzlich so, dass die Gesamteinnahmen den Betrag von einer Million Euro erreichen. Sobald mit der Durchführung der Maßnahme begonnen worden ist, kann die Gemeinde eine angemessene Vorausleistung verlangen (Absatz 7 Satz 1).

    Entscheidet sich die Gemeinde für eine Gebührenfinanzierung und hat sie keine anderen Finanzierungsmittel, etwa aus einer Rücklage, so muss sie zunächst einen Kredit aufnehmen. Der Investitionsaufwand in Höhe von einer Million Euro wird in der Gebührenkalkulation über Abschreibungen und Zinsen berücksichtigt. Decken sich Tilgungsdauer, Ratenhöhe und Zinshöhe des aufgenommenen Kredits mit den Ansätzen der Gebührenkalkulation, so entsprechen die kalkulatorischen Kosten den tatsächlichen Auszahlungen an das Kreditinstitut. Dies ist allerdings nicht zwingend. Maßgeblich für die gesetzeskonforme Berechnung der Gebührenhöhe sind nicht die Auszahlungen, sondern die Kosten.

Rückkehr zu alten Regelungen

Mit der Gesetzesnovelle kehre das Land zu einer Regelung zurück, die bis 1996 Bestand gehabt habe, erklärte Silke Schindler (SPD). Während der Beratung im Ausschuss habe man sich darauf geeinigt, dass der Gästebeitrag auch weiterhin als Kurtaxe bezeichnet werden könne, wo das geübte Praxis sei, ergänzte Holger Hövelmann (SPD). Ein vorher im Gesetz befindlicher § 9 hatte weiterhin die Erhebung von Tourismusbeiträgen von Unternehmen vorgesehen, auf diesen sei in der Beschlussfassung verzichtet worden.

Kann-Regelungen schwer umsetzbar

Durch das novellierte Gesetz soll die Beitragserhebungspflicht in eine Kann-Regelung umgewandelt werden, doch leider werde sich diese Kann-Regelung schwer umsetzen lassen, konstatierte Kerstin Eisenreich (DIE LINKE). Denn für Unternehmen der Wasserver- und -entsorgung bestünden Regelungen, denen eine Beitragserhebungspflicht folge, selbst wenn das Kommunalverfassungsgesetz eine Kann-Regelung enthalte. Die Erhebung eines Gästebeitrags nicht nur in staatlichen Kur- und Erholungsorten, um touristische Leistungen finanziell zu stützen, werde begrüßt, auch die Weiterbezeichnung als „Kurtaxe“ an ausgewählten Orten.

Hinsichtlich des Änderungsantrags der AfD-Fraktion („Abschaffung der Straßenbaubeiträge“) betonte Eisenreich, dass bereits ein fundierter Gesetzentwurf der Linken vorliege. Der Entwurf der AfD beinhalte keinerlei Verfahrensregelungen, wie das Geforderte umzusetzen sei. Der Änderungsantrag sei „nicht gut gemacht und nicht mal gut gemeint“.

Bürgerfreundlichere Kostenerhebung

Zur Deckung ihres Aufwands für die erforderliche Herstellung, Anschaffung, Erweiterung, Verbesserung und Erneuerung ihrer öffentlichen leitungsgebundenen Einrichtungen können Landkreise Beiträge von den Beitragspflichtigen erheben. Diese neue Kann-Regelung soll zu einer bürgerfreundlicheren Kostenerhebung führen, erklärte Olaf Meister (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN). Kosten könnten nun – statt durch einen hohen Einzelbetrag – über laufende Benutzungsgebühren erstattet werden. Die enge Begrenzung des Erhebens eines Gästebeitrags auf Kurorte sei aufgehoben worden, lobte Meister.

Dreiklang aus Gebühren, Beiträgen und Fördermitteln

Die Diskussionen hätten lange gedauert, aber sie hätten sich gelohnt, sagte Lars-Jörn Zimmer (CDU). Das Oberverwaltungsgericht hatte dem Gesetzgeber einige Aufgaben im Sinne einer Entgeltgerechtigkeit erteilt. Nun werde man dem Dreiklang aus Gebühren, Beiträgen und Fördermitteln wieder gerecht. Zimmer verteidigte die Abschaffung des § 9a des Gesetzes, man habe damit die mögliche Doppelbelastung von Unternehmern abgeschafft, die von den Kommunen in den vergangenen Jahren ohnehin nicht eingefordert worden sei. Jenseits der Erhebung eines Gästebeitrags werde mit der „Kurtaxe“ die besondere Stellung der Kurorte gefestigt.

Abschaffung der Straßenbaubeiträge

Die AfD-Fraktion hatte einen Änderungsantrag eingebracht, in dem sie die Abschaffung der Straßenausbaubeiträge im Land forderte. Denn die Kosten der Infrastruktur sollten aus dem allgemeinen Steueraufkommen bestritten werden, erklärte Alexander Raue (AfD). Laut Änderungsantrag sollte ein neuer § 6d eingefügt werden, durch den das Land den Landkreisen und Gemeinden auf Antrag diejenigen Aufwendungen erstatten müsste, die ihnen unmittelbar durch die erforderliche Herstellung, Anschaffung, Erweiterung, Verbesserung und Erneuerung ihrer öffentlichen leitungsgebundenen Einrichtungen entstehen würden.

Im Anschluss an die Debatte wurde der Änderungsantrag der AfD-Fraktion abgelehnt. Der im Ausschuss bearbeitete Gesetzentwurf wurde in seiner veränderten Fassung angenommen.