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Plenarsitzung

Details aus dem Aufarbeitungsbericht

Die Landesbeauftragte zur Aufarbeitung der SED-Diktatur, Birgit Neumann-Becker, stellte am Mittwoch, 3. April 2019, Details aus ihrem aktuellen Tätigkeitsbericht 2018/2019 vor. Zuvor hatte sie Landtagspräsidentin Gabriele Brakebusch den Bericht offiziell übergeben. Brakebusch bedankte sich für den informativ schwergewichtigen Bericht und bestätigte, dass es noch eine Reihe von Bereichen gebe, die im Detail noch aufgearbeitet werden müssten.

Die Landesbeauftragte zur Aufarbeitung der SED-Diktatur, Birgit Neumann-Becker (l.) übergab kürzlich ihren Tätigkeitsbericht 2018/2019 an Landtagspräsidentin Gabriele Brakebusch. Foto: Stefan Müller.

Schwerpunkte aus dem Jahr 2018

In ihrem Bericht bezieht Neumann-Becker Stellung zu den Erkenntnissen hinsichtlich der Rehabilitierung und Anerkennung von SED-Verfolgten, der Beratung von SED-Verfolgten und -Opfern, der Überprüfung auf eine eventuelle Zusammenarbeit mit der Stasi (Schwerpunkt kommunale Vertretungskörperschaften in der Wahlperiode 2014–2019), darüber hinaus gibt sie Auskunft über die wahrgenommene Akteneinsicht (Nutzung von Archiven zur Biographieklärung) und über die Installierung und Instandhaltung von Orten der Erinnerung.

Tausende Anträge und Rehabilitierte

Seit 1990 sind 40 400 Anträge auf eine strafrechtliche Rehabilitierung in Sachsen-Anhalt gestellt worden, legte Neumann-Becker dar. 13 000 von diesen Menschen konnten aufgrund der Informationslage rehabilitiert werden, darunter auch jene, die als vermeintliche Straftäter hingerichtet worden seien. 7 500 Menschen erhielten derzeit eine Opferrente, um sie für das vom SED-Regime begangene Unrecht zu entschädigen. 370 seinerzeit verfolgte Schülerinnen und Schüler haben rehabilitiert werden können. Noch am Anfang stehe die Aufarbeitung der sexuellen Gewalt in Institutionen für Kinder und Jugendliche (Heime, Spezialheime, Jugendhaft). „Hier gehen wir von einer hohen Dunkelziffer aus“, erklärte die Landesbeauftragte.

Jährlich führt die Behörde etwa 2 000 Beratungsgespräche durch, 700 von ihnen führen zu weiteren Beratungen im Detail. Noch immer gebe es bei den Opfern eine gewisse Scham, sich mit ihrem Schicksal an eine Behörde zu wenden und sich für eine Opferrente oder eine Rehabilitierung einzusetzen. Die Landesbeauftragte setzt sich daher für die Einrichtung eines medizinischen Behandlungszentrums für Betroffene in Magdeburg ein. Hier sollen in einem Pilotprojekt Ärzte, Psychologen und Sozialarbeiter die Gesundheitsschäden bei Betroffenen erkennen, dokumentieren und weiterbehandeln.

Aufgaben für die Zukunft

Wie in den zurückliegenden Monaten so soll auch zukünftig das Netzwerk für psychosoziale Beratung weiterentwickelt werden. Die Beratung bezieht sich unter anderem auf frühere Heimkinder, Dopingopfer, Medikamentenopfer und Frauen, die in sogenannte geschlossene venerologische Stationen  eingewiesen worden sind. Zum Themengebiet „Eltern frühverstorbener Kinder“ (Zweifel am Tod des Kindes) wurde ein Forschungsprojekt angestoßen und durchgeführt.

Aus Sicht von Neumann-Becker sei es nötig, einen Überblick über die Orte der Repression in Sachsen-Anhalt zusammenzustellen: Wo waren die Verhörkeller, wo starben Menschen unrechtmäßig, wo waren Gefängnisse, Arbeitslager, Jugendwerkhöfe und Spezialkinderheime? „Gleichzeitig sollten auch Orte der Zivilcourage und des politischen Widerstands dargestellt werden. Mit diesem Wissen wird es auch den kommunalen Entscheidungsträgern leichter fallen, Gedenktafeln zur lokalen Erinnerung zu errichten, wodurch die Aufarbeitung vor Ort konkreter wird“, so Neumann-Becker.

Zum Tätigkeitsbericht 2018/2019 der Landesbeauftragten (PDF)