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Plenarsitzung

Bestandsaufnahme der Krankenhauslandschaft

14. Aug. 2019

Die Enquete-Kommission „Die Gesundheitsversorgung und Pflege in Sachsen-Anhalt konsequent und nachhaltig absichern!“ hat sich in ihrer jüngsten Anhörung in öffentlicher Sitzung mit der aktuellen Lage der Krankenhauslandschaft in Sachsen-Anhalt beschäftigt. Eingeladen waren entsprechende Institutionen und Kliniken aus dem Land.

Aus den Wortmeldungen in der Anhörung

In den letzten Jahren seien die Bedürfnisse im Versorgungsbereich untersucht worden, erklärte Dr. Gösta Heelemann, Geschäftsführer der Krankenhausgesellschaft Sachsen-Anhalt e. V. Es zeichne sich ab, dass die nötige Versorgung im Jugend- und mittleren Alter abnehme, die Versorgung für die Menschen höheren Alters nehme jedoch überproportional zu. Die Zahl von 48 Krankenhäusern (davon 12 öffentliche, 18 trägerbasierte, 18 rein private Kliniken) sollte nicht unterschritten werden, so Heelemann. Die Interessen aller dieser Einrichtungen kämen nicht zuletzt bei der Investitionsförderfrage zusammen – wie muss sich das Land finanziell engagieren? So seien in den letzten 15 Jahren nicht ausreichend Mittel für die Instandhaltung (sogenannte Ersatzbeschaffungskosten) der in den 1990er Jahren sanierten Kliniken in die Landeshaushalte eingestellt worden, kritisierte Heelemann. Man rede inzwischen über einen Investitionsstau von 1,528 Milliarden Euro.

Es herrsche ein dramatischer Fachkräftemangel bei Ärzten und Pflegekräften und eine Vergreisung der Bevölkerung, dazu eine überbordende Abrechnungsbürokratie, monierte Tobias Bruckhaus, Geschäftsführer bei den Pfeifferschen Stiftungen Magdeburg: „Alle Krankenhausträger und deren Vorstände haben Schwierigkeiten, Geplantes für die Zukunft umzusetzen.“ Natürlich sei da „mehr Geld“ wünschenswert, es werde aber vermutlich nie die Menge Geld geben, die nötig sei. Bruckhaus wolle daher verstärkt auf Spezialisierungen und trägerübergreifende Kooperationen setzen, um Investitionen zu sparen bzw. besser zu lenken und dadurch den Patienten fachlich besser versorgen zu können.

Den Universitätskliniken komme eine wichtige Rolle bei der Patientenversorgung in Sachsen-Anhalt zu, erklärte Prof. Dr. Dr. Thomas Hachenberg vom Universitätsklinikum Magdeburg. Aber auch sie hätten mit Problemen zu kämpfen. Die Folgen der Negativspirale in Sachen Personal- und Investitionsmangel zeigten sich nun. Die Uniklinik Magdeburg zeige sich offen für Kooperationen mit anderen Kliniken; die Konkurrenzsituation bei der Suche nach Fachkräften werde kritisch beobachtet. Der Neubau von Klinikteilen (zum Beispiel Infektiologie, Hämatologie) sei notwendig, um entsprechendes Personal nach Magdeburg zu locken.

Die Uniklinik befinde sich in einem ordentlichen wirtschaftlichen Fahrwasser, betonte Prof. Dr. Thomas Moesta, Ärztlicher Direktor am Universitätsklinikum Halle (Saale). Besondere Schwerpunkte lägen in der Tumor- und Herz- sowie der Altersmedizin. Das Universitätsklinikum sehe sich in der Pflicht der Sicherstellung der medizinischen Versorgung im strukturschwachen südlichen Sachsen-Anhalt. Der Mangel der Finanzierung jedoch habe zu einer Schwächung der Attraktivität des Berufszweigs geführt, dieser Prozess müsse dringend umgekehrt werden, so Moesta.

Das Land sei seinen Pflichten für Investitionen in die Klinken des Landes in den zurückliegenden Jahren nicht ausreichend nachgekommen, kritisierte Dr. Thomas Klöss (früherer Ärztlicher Direktor am Uniklinikum Halle). Dabei gebe es leicht nachvollziehbare jährliche Erhebungen (Vereinbarung der Selbstverwaltung), welche bestandserhaltene Investitionen vorgenommen werden müssten. Theoretisch müssten zwischen 150 und 165 Millionen Euro in die Krankenhauslandschaft investiert werden, das sei aber mitnichten der Fall. Klöss sprach sich für eine bessere Steuerung der Patienten in medizinische Fachzentren (zum Beispiel für Brustkrebs) aus.

Wie Dr. Klaus Holst vom Verband der Ersatzkassen e. V. (vdek) darstellte, weist Sachsen-Anhalt eine im Bundesvergleich hohe Krankenhaushäufigkeit (mit niedrigem Schwierigkeitsgrad der Erkrankung) auf; dabei sei die im Süden um 20 Prozent höher als im nördlichen Sachsen-Anhalt – parallel dazu ist die Hausarztdichte hier auch höher. Der Medizinische Dienst der Krankenversicherung (MDK) Sachsen-Anhalt  gebe an, dass gut die Hälfte der Krankenhausabrechnungen fehlerhaft sei; darüber hinaus monierte Holst den steigenden Rückstau im Verhandlungsgeschehen (Tarife, Abrechnung) mit den Krankenhäusern.

Man (also Praxen und Kliniken) sitze beim Thema Ärztemangel und Fachkräftemangel gemeinsam in einem Boot, betonte Martin Wenger, Hauptgeschäftsführer der Kassenärztlichen Vereinigung Sachsen-Anhalt. Die teilweise problematische (finanzielle) Lage der Krankenhäuser triebe diese mitunter zu Maßnahmen, die auch im ambulanten Bereich spürbar seien.

Sachsen-Anhalt verfüge über zehn Schwerpunktkrankenhäuser und zwei Universitätskliniken. Damit habe das Land im Vergleich zu Thüringen oder Sachsen eine sehr hohe Dichte an Schwerpunktkrankenhäusern und ist damit überversorgt, so Andreas Arnsfeld von der AOK Sachsen-Anhalt. Der Frage von Leistungskonzentration und Kooperation sei eine verstärkte Bedeutung einzuräumen. Patienten müssten sich darauf verlassen können, dass sie in einem Krankenhaus mit adäquater Ausstattung behandelt werden. Rettungsdienste sollten die am besten geeignete Klinik ansteuern. In Kliniken würden komplexere Operationen besser verlaufen, wenn sie häufiger durchgeführt würden, daher gebe es auch das Instrument der Mindestmengen. Sie sind ein probates Mittel, Komplikationsraten zu senken und tragen zur Konzentration von Leistungen bei. 

Dirk Sonnenberg ergriff für die IKK gesund plus das Wort: Die Kooperation zwischen den Kliniken – also die Schaffung effizienter Strukturen mit besserer Leistungszuordnung – müsse ausgebaut werden, um die vorhandenen Ressourcen bestmöglich einsetzen zu können. Der Wettbewerb zwischen den Kliniken könne nur schwerlich ausgeschaltet werden, ebenso schwierig dürfte die Rekommunalisierung von Kliniken sein, so Sonnenberg.

Die Mitglieder der Enquete-Kommission werden sich in den kommenden Sitzungen des Gremiums mit den Ergebnissen aus der Anhörung beschäftigen. Auf absehbare Zeit wird es weitere Anhörungen geben.