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Plenarsitzung

Abschied vom früheren Landtagspräsidenten

22. Okt. 2019

Der Landtag von Sachsen-Anhalt hat sich in Anwesenheit seiner Hinterbliebenen und früheren Weggefährten während eines Trauerakts am Dienstag, 22. Oktober 2019, von seinem früheren Präsidenten Prof. Dr. Adolf Spotka verabschiedet. In Anwesenheit von Spotkas Witwe und Schwester sprachen Landtagspräsidentin Gabriele Brakebusch und Ministerpräsident a. D. Prof. Dr. Wolfgang Böhmer. Spotka hatte dem Landtag von der 1. bis zur 4. Legislaturperiode angehört, in Letzterer hatte er als Landtagspräsident gewirkt.

Im Anschluss an den Trauerakt konnten die Gäste im Kondolenzbuch einen Gruß hinterlassen. Foto: Stefan Müller

Landtagspräsidentin Brakebusch erinnerte an Spotka

„Wir im Landtag und seine Weggefährten empfinden tiefe Anteilnahme“, bekundete Landtagspräsidentin Gabriele Brakebusch, ihr Amtsvorgänger habe sich ein Denkmal in den Herzen der Menschen geschaffen. Die gemeinsame Zeit mit Spotka sei für jeden Einzelnen unterschiedlich intensiv gewesen, kein Trauerakt indes könne die individuelle Trauerarbeit abnehmen. „Aber er gibt  uns die Möglichkeit, unseren Respekt zu bekräftigen. Uns bleibt, ihn in Erinnerung zu bewahren.“

Als Spotka 2002 Landtagspräsident geworden sei, habe sie selbst ihre erste Legislaturperiode als Abgeordnete im Landtag begonnen. Nicht nur habe sie ihm als Schriftführerin zur Seite gesessen, „darüber hinaus hatten wird beide am gleichen Tag Geburtstag“. Brakebusch erinnerte daran, dass Spotka im Sudetenland geboren und nach Kriegsende mit seiner Familie vertrieben worden war. Aufgewachsen war er dann in Bernburg, „mit sehr wachen Erinnerungen an die Folgen des Krieges“.

Landtagspräsidentin Gabriele Brakebusch erinnerte in ihrer Rede an den Menschen Adolf Spotka. Foto: Stefan Müller

Als junger Mann habe er die mutige Entscheidung getroffen, sich dem Dienst in der NVA zu verweigern. Er erhielt später dennoch die Chance zu studieren, entschied sich aber ganz bewusst gegen die Mitgliedschaft in einer Partei. Aktiv im politischen Leben habe er sich aber erst mit der Wende 1989 beteiligt. „1990 trat er in die CDU ein und blieb ihr bis zum Tod treu“, sagte Brakebusch. „Er wurde Mitglied des Landtags, ohne zu wissen – wie so viele seiner neuen Kollegen –, was ein solches Landtagsmandat wirklich für Auswirkungen auf das Leben und Handeln haben würde.“

Auch nach seiner Abgeordnetenzeit im Landtag sei er nicht untätig gewesen, er habe durch aktives Wirken in unterschiedlichen Gremien, beispielsweise als Moderator des Bildungskonvents des Landes, geglänzt. „Mit seiner soliden Arbeit hat er das Wirken des Landtags maßgeblich mitgeprägt, er hat einen großen Anteil daran, dass unser Land politisch wieder befähigt worden ist“, betonte die Präsidentin. Spotka sei ein Mensch gewesen, der sich leidenschaftlich für die Interessen seiner Heimatregion Sachsen-Anhalt und die Einheit Europas eingesetzt habe. Über die Parteigrenzen hinweg habe er sich dadurch über die Jahre viel Respekt und hohes Vertrauen verdient.

Mit übergroßer Mehrheit sei er 2002 zum Landtagspräsidenten gewählt worden, „am Ende hat es nicht einen Grund gegeben, diese Entscheidung zu bereuen“. Er habe den Landtag als selbstbewusste und eigenständige Verfassungsinstitution bekanntgemacht. Adolf Spotka habe ein lebenslanges Bekenntnis zur Freiheit, zur Demokratie und zur Toleranz ausgezeichnet. „Wir vermissen den Menschen Adolf Spotka und das, was ihn ausmachte. Was bleibt, ist der Dank in großer Verbundenheit zu seinem Leben“, bekräftigte Gabriele Brakebusch.

Wolfgang Böhmer während seiner Trauerrede für seinen früheren politischen Weggefährten Adolf Spotka. Foto: Stefanie Böhme

„Qualitätsmerkmalen für Politiker“ vollends entsprochen

„Das Leben von Adolf Spotka hat sich vollendet“, sagte Ministerpräsident a. D. Prof. Dr. Wolfgang Böhmer. „In seiner Zeit als Landtagspräsident ist er der höchste Repräsentant des Landes gewesen, nun haben wir ihn auf seinem letzten Weg begleitet.“ Er hinterlasse viele Erinnerungen als Ehemann, Vater und Großvater – an seine Herzlichkeit und Güte.

Als studierter Wirtschaftswissenschaftler sei er mit großem Sachverstand darangegangen, die Probleme zu lösen, die sich mit der Wiedervereinigung im wiedergegründeten Land Sachsen-Anhalt ergeben hätten. Die Umwandlung einer zentralistisch organisierten Wirtschaft zu einer wettbewerbsfähigen, auf Privateigentum beruhenden Wirtschaft – „das mussten wir praktisch neu gestalten und hatten wenig Ahnung“, resümierte Böhmer offenherzig. „Adolf Spotka hat uns dabei durch sein Fachwissen in verschiedenen politischen Institutionen sehr geholfen.“ Die Maßzahl sei dabei immer die Zahl der Arbeitsplätze, die erhalten bleiben konnten, gewesen.

Diese ersten politischen Jahre seien ein Erfahrungsprozess, „der uns alle mitgenommen und geprägt hat“. Es sei schwierig auch für ihn persönlich gewesen – erst Handwerker unter vielen Arbeitslosen, dann plötzlich Politiker, da sei so mancher Weg durch die Stadt ein Spießrutenlauf gewesen. Böhmer erinnerte an die intellektuellen und geistreichen und anhörenswerten Reden Spotkas im Landtag, er habe stets präzise, aber niemals verletzend formuliert. Spotka sei ein überzeugter Föderalist und Europäer gewesen und habe immer Wert auf einen kulturvollen Umgang gelegt.

Schon früh habe er den Ausspruch geprägt, dass Parlamente nicht der Staat seien, aber des modernen Staates Kern. Er habe darauf hingewirkt, das Parlament lebendiger zu gestalten. Er habe in dem Sinne gewirkt, im 21. Jahrhundert nicht noch einmal die Fehler zu machen, die die Deutschen im 20. Jahrhundert gleich mehrfach begangen hätten. So war er unter anderem auch Präsident der Europäischen Bewegung in Sachsen-Anhalt. Für Spotka habe Sachsen-Anhalt die Heimat bedeutet, Deutschland das Vaterland und Europa die Zukunft.

Zudem war er Stadtrat in Bernburg und Vorsitzender der Kulturstiftung in Bernburg sowie Vorsitzender des Kuratoriums der Hochschule Anhalt. „Er stand fest auf den Prinzipien einer christlichen Sozialethik, er war ein fröhlicher und lebensbejahender und dennoch ernsthafter Mensch.“ Er habe den „Qualitätsmerkmalen für Politiker“, wie sie Max Weber einst aufstellte, völlig entsprochen: Leidenschaft zeigen für das, wofür man kämpft, Verantwortungsgefühl für das, was man entscheidet, und Augenmaß für das Erkennen der eigenen Grenzen.“ Davor könne man sich nur verneigen. Und das tat Böhmer dann auch und rief zu einer gemeinsamen Schweigeminute auf.