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Plenarsitzung

Über die Veränderung der politischen Kultur

22. Nov. 2018

Der Landtag von Sachsen-Anhalt und seine Fraktionen und Mitglieder trügen in besonderer Weise Verantwortung für die politische Kultur in Sachsen-Anhalt und würden beispielgebend in der Öffentlichkeit wahrgenommen, meint die Fraktion DIE LINKE. Sie beantragte eine Aktuelle Debatte, um über die „Politische Kultur in Sachsen-Anhalt“ zu diskutieren. Es bedürfe einer Debatte der demokratischen Fraktionen des Landtags über eine politische Kultur, die sich klar gegen Rechtsextremismus positioniert.

Die Fraktion DIE LINKE hatte eine Aktuelle Debatte über den Zustand der politischen Kultur in Sachsen-Anhalt beantragt. Archivfoto: Stefanie Böhme

Angriffe auf Demokratie ernst nehmen

Henriette Quade (DIE LINKE) erinnerte an die aus ihrer Sicht inakzeptablen rassistischen Reden mancher AfD-Abgeordneter im Parlament. Sie bezeichnete sie als „Fortschreibung der NS-Rassenkunde durch die AfD im Jahr 2018“. Quade kritisierte nicht nur die Worte der AfD-Fraktion sondern auch so manche Taten seit Beginn der Legislaturperiode.

Die AfD stehe nicht rechts von der CDU, sondern sei grundsätzlich feindlich gesinnt gegenüber allen demokratischen Kräften. Vor diesem Hintergrund sei die Regierungskoalition an ihrem eigenen Anspruch – die politische Kultur in unserem Land zu fördern (siehe Koalitionsvertrag) – gescheitert. Innenminister Holger Stahlknecht warf sie „politisch verantwortungsloses Verhalten“ vor. (Stichwort: Debatte um Hausprojekt „Hasi“ in Halle)

Zwar erwarte sie von der CDU-Fraktion nicht, dass sie die Positionen der Linken übernehme, aber sie sollten sich auch nicht von der AfD vor sich hertreiben und etwas über Demokratie erzählen lassen. Abschließend sagte Quade: „Wir wollen, dass sie anerkennen, dass die Angriffe der AfD als parlamentarischer Arm der radikalen Rechten in Deutschland eine ernsthafte und schwerwiegende Gefahr sind!“

Innenminister fordert Entschuldigung

Innenminister Holger Stahlknecht erklärte, dass Quade genauso „Stil und Form verlassen“ habe, wie diejenigen, denen sie dies soeben vorgeworfen habe. Wenn sie ihm wirklich unterstellen wolle, dass er „amts- und rechtswidrig gehandelt“ habe, dann erwarte er eine Entschuldigung. Diese Unterstellung lasse er nicht auf sich sitzen. Für ihn sei die Besetzung von Häusern nicht legal, wer dies suggerieren wolle, hätte sich selbst aus dem Rechtsstaat verabschiedet. Die Eigentümer der „Hasi“ habe einen Räumungstitel erwirkt und um Amtshilfe der Polizei gebeten, diese habe die Vollstreckung dann nicht durchgeführt, weil es Zweifel am Durchsetzungsbeschluss  gegeben habe. „Das ist ein rechtmäßiges Verfahren unserer Polizei“, betonte der Innenminister. 

Parlament muss gewaltfreier Ort sein

Vor etwa zwei Jahren hätte man im Landtag bereits eine ähnliche Debatte geführt, erinnerte Dr. Katja Pähle (SPD), seitdem habe sich nicht viel geändert. Natürlich lebe die Demokratie von der Zuspitzung, dies funktioniere jedoch nur auf einer demokratischen Basis. Wenn allerdings in der AfD-Fraktion ein Abgeordneter einen Kollegen wegen eines tätlichen Angriffs anzeige, dann werfe dies ein schlechtes Licht auf das gesamte Parlament.

„Das Parlament muss frei von Gewalt und Einschüchterung sein“, dies dürfe niemand zur Disposition stellen, erklärte Pähle. Die Zusammenarbeit der AfD mit der Neuen Rechten sei in den vergangenen Monaten immer deutlicher geworden. Sie verwies auf das enge Netzwerk zur identitären Bewegung, rechtsextremen Burschenschaften und ehemaliger NPD-Funktionäre. Zum Meldeportal der AfD „Neutrale Schule Sachsen-Anhalt“ sagte die SPD-Fraktionsvorsitzende: Das Ziel politischer Bildung sei nicht die politische Neutralität, sondern die politische Mündigkeit der Bürger. 

AfD-Abgeordnete sind „friedfertige Demokraten"

„Wir sind nicht rechtsradikal oder rechtsextrem, sondern rechtstreu!“, betonte Oliver Kirchner (AfD). Die Linken wollten die Aktuelle Debatte benutzen, um von sich selbst abzulenken. Denn Abgeordnete wie Henriette Quade würden tief im „linksextremen Sumpf“ stecken. Spätestens nach der Einsetzung der Enquete-Kommission zur Untersuchung von Linksextremismus im Landtag werde die Luft für die Linken immer dünner.

Außerdem solle mit der Debatte die Diskussion um die Beobachtung der AfD-Fraktion durch den Verfassungsschutz befeuert werden, da den Linken die Argumente gegen die AfD ausgehen würden. Als letztes Mittel bliebe dann immer nur die „Nazi-Keule“. Kirchner wies alle ungerechtfertigten Vorwürfe gegen seine Fraktion zurück: „Die Mitglieder der AfD sind friedfertige Demokraten, die im Meinungsstreit auf das bessere Argument setzen!“ 

Nicht immer wieder Bühne bieten

In der AfD werde aus Menschenfeindlichkeit Demokratie gemacht, konstatierte Sebastian Striegel (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN). Es dürfe einem als Abgeordneten und Menschen nicht egal sein, wenn es zum Einsatz von Gewalt komme, egal gegen wen. Die sogenannte Alternative sei verfassungsfeindlich, da brauche man gar nicht den Verfassungsschutz zu bemühen, sondern lediglich die Reden und Publikationen anzuschauen. Es sei notwendig, die Grenzüberschreitungen der AfD zu notieren, allerdings nicht, ihnen immer wieder eine Bühne zu geben, meinte Striegel. 

Kompromiss ist „Königsdisziplin der Demokratie“

Unterschiedliche Meinungen gehörten zur Demokratie dazu, betonte Siegfried Borgwardt (CDU). Gleichzeitig räumte er ein, dass der Ton im Landtag seit 2016 tatsächlich deutlich rauer, die Anschuldigungen schärfer und teils von extremistischen Tendenzen geprägt sind. Er frage sich immer öfter: „Wo bleibt der Kompromiss?“ Dies sei schließlich die „Königsdisziplin der Demokratie“. 

Borgwardt plädierte für eine offene Debatte, die nicht von Simplifizierung gekennzeichnet ist. Wer nicht akzeptieren könne, dass am Ende einer Debatte nicht immer sein Wunschergebnis dabei herauskomme, der sei in der Politik fehl am Platz. Als Partei der Mitte lehne die CDU-Fraktion jegliche Form von Extremismus ab, egal von welcher Seite. Ziel aller Akteure im Landtag sollte sein, gemeinsam für Sachsen-Anhalt das Bestmögliche zu erreichen.

Am Ende der Aktuellen Debatte wurden keine Beschlüsse gefasst.