Cookies helfen uns bei der Weiterentwicklung und Bereitstellung der Webseite. Durch die Bestätigung erklären Sie sich damit einverstanden, dass Cookies gesetzt werden.

Plenarsitzung

Ruf als Billiglohnland soll abgelegt werden

Noch immer gibt es zwischen Sachsen-Anhalt und den anderen Bundesländern ein deutliches Einkommensgefälle. Dies sei auch verbunden mit überdurchschnittlich langen Arbeitszeiten, die aus Sicht der SPD-Fraktion nicht mehr durch Produktivitätsunterschiede zu rechtfertigen seien. In der Konkurrenz um Fachkräfte sei diese sogar kontraproduktiv und belaste den Wirtschaftsstandort Sachsen-Anhalt. Wie dem entgegengewirkt werden könnte, wurde am Freitag, 31. August 2018, in einer von der SPD-Fraktion initiierten Aktuellen Debatte diskutiert.

Die Wirtschaft ist auf einem guten Weg, die Löhne in Sachsen-Anhalt jedoch nicht. Daran soll sich endlich etwas ändern. Foto: fotolia.com

Benachteiligungen konsequent abbauen

In den Unternehmen des Landes seien nicht nur die Sorgen wegen des Fachkräftemangels zu erkennen, sondern auch, dass Facharbeiter hier deutlich weniger Lohn erhielten und daher ihr berufliches Wohl lieber als Pendler bei Unternehmen im Westen Deutschlands suchen, merkte Holger Hövelmann (SPD) kritisch an. Die Einkommens- und Berufsperspektiven seien für alle Arbeitnehmer/innen zu verbessern, um sich hier eine Zukunft aufbauen zu können.

Dazu solle man sich bestehender Instrumente bedienen, so Hövelmann. Flächentarifverträge, Frauenförderpläne, Betriebs- und Personalräte, eine Mindestvergütung für Auszubildende sowie der freie Zugang für Gewerkschaften sollen helfen, um Benachteiligungen abzubauen. Es bedürfe der Neufassung des Landesvergabegesetzes, durch die soziale und tarifliche Standards stärker kontrolliert werden könnten.

Fachkräfte sichern und anwerben

Der Arbeitsmarkt in Sachsen-Anhalt entwickle sich positiv, resümierte Arbeits- und Sozialministerin Petra Grimm-Benne (SPD). Fachkräfte seien gut qualifiziert, aber immer noch schlechter bezahlt als anderswo, gleichwohl der relative Lohnzuwachs im Vergleich höher sei. Die Lohnstruktur werde der geleisteten Arbeit nicht gerecht. Es brauche mehr angemessene Tarifverträge und tarifgebundene Unternehmen (bisher nur ein Viertel).

Gleichwohl es Arbeitsausbeutung und Dumping-Konkurrenz von migrantischen Arbeitskräften in Sachsen-Anhalt aufzudecken gelte, werde in verschiedenen Bereichen (zum Beispiel in der Pflege) aber auch geordnete Zuwanderung von qualifizierten ausländischen Fachkräften gebraucht, um bestehende Probleme zu lösen, erklärte die Arbeitsministerin.

Landesregierung betreibt zu wenig Förderpolitik

Ungehemmte Globalisierung und flächendeckend gleiche Löhne – das sei ein Widerspruch, den die SPD nicht erkenne, konstatierte Alexander Raue (AfD). Die Lohnflucht in den Westen sei ein hausgemachtes Problem in Sachsen-Anhalt. Nicht nur in der Pflege, im Malerhandwerk oder in Reinigungsunternehmen gebe es ein starkes Einkommensgefälle zwischen West und Ost, hinzu komme die Billiglohnkonkurrenz aus Osteuropa und China.

90 Prozent der Unternehmen in Sachsen-Anhalt hätten weniger als zehn Mitarbeiter, sie hingen hauptsächlich von regionalen Kunden mit geringer Kaufkraft ab, sagte Raue. Die Einführung des gesetzlichen Stundenlohns sei in der Tat ein richtiger Schritt gewesen, räumte der AfD-Politiker ein. Dennoch leiste die Landesregierung zu wenig bei der Förderung von Familien, Bildung und Infrastruktur, während Milliarden an Asylsuchende ausgegeben würden.

Geringere Löhne, längere Arbeitszeit

Die Arbeitnehmer/innen im Osten verdienten signifikant weniger als die im Westen, dabei arbeiteten sie faktisch sogar noch länger, stellte Olaf Meister (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) fest. Im Westen gebe es mehr finanzstarke Großunternehmen, die auch höhere Löhne zahlten. Die Tarifbindung sei im Osten geringer als im Westen. Dennoch seien die Durchschnittslöhne im Osten gestiegen, auch die Einführung des Mindestlohns habe hier ihren Anteil.

In einigen Bereichen sei eine Lohnangleichung bereits erreicht, in anderen herrsche noch eine tiefe Kluft. In der Altenpflege beispielsweise verdiene man in Sachsen-Anhalt rund 600 Euro weniger als im Bundesdurchschnitt, kritisierte Meister. Eine Gleichstellung zwischen Ost und West sei auch in der geleisteten Arbeitszeit zu erreichen.

Mindestlohn auf zwölf Euro anheben

Die Fachkräfteabwanderung sei nicht verwunderlich, wenn Bruttolöhne mancherorts doppelt so hoch seien wie in Sachsen-Anhalt, sagte Andreas Höppner (DIE LINKE). Hier verdienten Arbeitnehmer/innen mit Tarifbindung durchschnittlich 2660 Euro brutto, ohne Tarifbindung lediglich 2150 Euro brutto. Jahrelang habe man mit den Niedriglöhnen in Sachsen-Anhalt geworben, so sei eine Wirtschaft etabliert worden, in der jede/r vierte Beschäftigte nur vom Mindestlohn lebe.

Der Entgeltatlas der Agentur für Arbeit weise auf, dass Verkäufer/innen im Einzelhandel hier rund 500 Euro weniger verdienten als im Westen, bei Automechanikern seien es 800 Euro, bei Maschinenbaumechanikern rund 900 Euro. „Niedriglöhnen folgen Niedrigrenten“, erinnerte Höppner. Die Unterschiede zwischen Ost und West bei Löhnen, Renten und Sozialleistungen seien endlich abzuschaffen, der Mindestlohn solle auf zwölf Euro angehoben werden.

Fortentwicklung des Arbeitsmarkts

Noch gebe es erhebliche Differenzen in der Einkommenssituation in den unterschiedlichen Bundesländern, räumte Tobias Krull (CDU) ein, dennoch solle das eigene Land nicht schlechtgeredet werden. Aktuelle Zahlen zeigten nämlich, dass sich der Arbeitsmarkt gut entwickle. Die Zahl der sozialversicherungspflichtigen Jobs steige, die Zahl der Arbeitssuchenden sinke.

Die Tarifbindung sei hier im Vergleich mit den anderen ostdeutschen Ländern mit am höchsten, im Bundesvergleich jedoch geringer, so Krull. Eine Steigerung sei erstrebenswert. Grundsätzlich werde im ländlichen Bereich weniger gezahlt, dass mache sich auf die Durchschnittslöhne in Sachsen-Anhalt mit seinen wenigen Ballungszentren deutlich. Die Fortentwicklung des Arbeitsmarkts in Sachsen-Anhalt sei vordringliche Aufgabe der Landesregierung, versicherte Krull.

Beschlüsse wurden am Ende der Aktuellen Debatte nicht gefasst.