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Plenarsitzung

Identitätsanker mit besserer Förderung

Die Theater und Orchester prägen die kulturelle Identität des Landes Sachsen-Anhalt maßgeblich. In den letzten Jahren wurden die Landesmittel jedoch erheblich gekürzt, was zu teils deutlichen strukturellen Veränderungen geführt hat. Vor diesem Hintergrund hatte die Fraktion DIE LINKE eine Große Anfrage an die Landesregierung gestellt, die sich mit der Zukunftsfähigkeit der Orchester- und Theaterlandschaft in Sachsen-Anhalt nach 2019 beschäftigte. Die Antworten auf die 168 Fragen an die Landesregierung lagen nun vor und wurden im September-Plenum diskutiert.

Festzuhalten ist eine beachtliche Entwicklung der Theater und Orchester in Sachsen-Anhalt seit 1990 – trotz der wiederkehrenden massiven Einschnitte in die Theater- und Orchesterstruktur über die Jahre hinweg, die die Schließung ganzer Spielstätten sowie Spartenabbau und Fusionen nach sich zogen.

Eines der vielen Angebote des Theaters der Altmark in Stendal: Die Inszenierung von „Pippi Langstrumpf“. Foto: Kerstin Jana Kater

Vielfältige Theaterlandschaft in Sachsen-Anhalt

Die Antwort zur Großen Anfrage gebe Aufschluss über die aktuelle Situation und Leistungsfähigkeit in den Theatern des Landes, sie enthalte für Stefan Gebhardt (DIE LINKE) zwei zentrale Sätze: Die Landesregierung lobte darin die große künstlerisch-kulturelle Bedeutung der Theater für das Land. Es sollen, so die Landesregierung, keine weiteren strukturellen Einschnitte zugelassen werden, sondern Planungs- und Finanzierungssicherheit gegeben werden, um den gesetzten kulturellen Auftrag erfüllen zu können. „Wenn Sie das ernst meinen, haben Sie uns als Fraktion uneingeschränkt an Ihrer Seite“, erklärte Gebhardt in Richtung Landesregierung.

Gebhardt erinnerte in diesem Zusammenhang noch einmal an die haushaltsbedingten Mittelkürzungen für die Theater im Jahr 2014. Diese hätten zu einem Abbauprozess vor allem in den Einrichtungen in der Lutherstadt Eisleben, in Halle (Saale) und Dessau-Roßlau geführt. Die Defizite in der Grundfinanzierung seien hier bis heute nicht korrigiert worden.

Laut Antwort der Landesregierung seien die Publikumszahlen konstant geblieben oder gar gestiegen. Die Theater erzielten eine Auslastung zwischen 70 und 80+ Prozent, die Puppentheater sogar eine Auslastung von über 90 Prozent. „Sachsen-Anhalt hat eine vielfältige und erfolgreiche Theaterlandschaft, inklusive freie Theater“, lobte Gebhardt. Damit es dabei bleibe, müsse das Land noch mehr tun als in der letzten Förderperiode. Gebhardt vermisste im Haushaltsentwurf für 2019 beispielsweise noch die Weiterfinanzierung des theaterpädagogischen Programms, das von 2015 bis 2018 als Modellprojekt durchgeführt worden sei. Hier sollte sich der Landtag als verlässlicher Partner erweisen.

Identitätsanker für das Land

„Wir schätzen die Theater und Orchester sehr, sie sind Identitätsanker für unser Land“, betonte Staats- und Kulturminister Rainer Robra (CDU). Die Landesregierung habe mit der Antwort zur Großen Anfrage Datenmaterial in unerschöpflicher Vielfalt vorgelegt. Das Land, die Kommunen und die Theater selbst müssten und würden ihren Beitrag für einen Erfolg der Einrichtungen leisten.

Die Basisfinanzierung für das Theater in Eisleben sei von Kulturwerk auf Theater umgestellt worden. Auch in Halle (Saale) und Dessau-Roßlau habe es positive Anpassungen bei der Finanzierung gegeben beziehungsweise seien vorgesehen. Die Theater müssten aber mit attraktiven Inszenierungen ihren Beitrag dazu leisten, mit dem eingespielten Ticketpreis ihren Eigenanteil an der Gesamtfinanzierung zu leisten. Die durchschnittlichen Besucherzahlen (insbesondere in Halle) seien hier und da einfach zu gering, wodurch selbst zu wenig Geld erwirtschaftet werde, so Robra.

Die versammelte Staatskapelle Halle, wie sie in dieser Saison aufspielen wird. Foto: Falk Wenzel

Budgetkürzungen waren ein Fehler

Es sei eine unschätzbare Leistung, die in den Theatern und Orchestern des Landes erbracht würde, erklärte Prof. Dr. Angela Kolb-Janssen (SPD). Deren Erfolg lasse sich auch in der Besucherzahl messen: Mehr als eine Million Menschen würden jedes Jahr begrüßt. Rund 40 Millionen Euro seien für die Theater und Orchester im nächsten Haushalt vorgesehen, das seien acht Millionen Euro mehr als in der letzten Förderperiode.

Die Kürzungen von 2014 hätten zu strukturellen Änderungen geführt, rekapitulierte Kolb-Janssen. „Die waren ein Fehler: Sie haben nicht zu effizienteren Strukturen geführt, stattdessen sind die Arbeitsbedingungen für die Künstler und Beschäftigten in und hinter den Kulissen schlechter geworden.“ Dieser Fehler solle behoben werden. In Sachen Theaterpädagogik, die im Haushalt 2019 noch nicht zu finden sei, soll die zum Modellprojekt gehörige Evaluation abgewartet werden. Bei einer eventuellen Weiterförderung des Projekts solle jedoch stärker auf das Potenzial der freien Theater im Land zurückgegriffen werden.

Tillschneider: „Theater für internationale Vagabunden“

Die Antwort zur Großen Anfrage bedeuteten „311 Seiten Beschäftigungstherapie“, meinte Dr. Hans-Thomas Tillschneider (AfD), sie trage nicht zur Überwindung der Bühnen-Krise bei. Aus der Großen Anfrage spreche ein „beschränkter Horizont und eine klaffende geistige Leere“ der Fraktion DIE LINKE, zeigte sich Tillschneider überzeugt. Er erkenne in den Angeboten der Einrichtungen nur „Abseitiges und Bedeutungsloses“.

Tillschneider bemängelte, dass lediglich 8,33 Prozent der Stücke kanonische deutsche Stücke (Goethe, Schiller, Kleist) seien. Die Häuser lieferten vornehmlich „Theater für internationale Vagabunden, aber kein Theater für das deutsche Volk“. Damit würde der Verfall der Theaterkultur noch beschleunigt. Es gelte, die Lust an der Tradition zu fördern und Antworten auf die Sinnfragen der Zeit zu liefern. Das Theater von heute sei von Dekonstruktion, Nihilismus und Selbstverachtung gekennzeichnet. Tillschneider forderte deshalb eine „kulturpolitische Wende um 180 Grad“. „Wenn es so weitergeht wie bisher, ist das, was wir ausgeben, zu viel“, so Tillschneider.

Bundesweit einzigartiges Modellprojekt

„Wir befinden uns in einer Zeit, in der man sich mehr denn je für Offenheit und ein Miteinander einsetzen muss“, erklärte Wolfgang Aldag (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) sein Verständnis von Kunst und Kultur im Land. Für die Grünen sei es wichtig, eine lebendige und vielfältige Theater- und Orchesterlandschaft vorzuhalten.

Das bundesweit einzigartige Modellprojekt „Theaterpädagogik“ sei als Erfolg zu bewerten. Im Haushalt 2019 sei es aber nicht mehr berücksichtigt – „das halte ich für einen Fehler“, kritisierte Aldag. Die Kürzungen am Budget der Einrichtungen würden damals wie heute für falsch befunden. Aber: „Fehler einzugestehen und sie zu korrigieren, ist derzeit hip – hier bietet sich eine neue Gelegenheit dazu“, so Aldag abschließend.

Entwicklung der Theater im europäischen Kontext

„Theater und Orchester sind entscheidende Träger der deutschen Hochkultur“, nirgends sei deren Dichte so hoch wie in Deutschland, betonte Andreas Schumann (CDU). Als ältestes Orchester gelte die Staatskapelle Dresden, die vor 460 Jahren gegründet worden sei. Auch das erste Opernhaus und die erste Ballettkompanie seien viele Jahrhunderte alt. Die Entwicklung der Theater und Orchester seien im europäischen Kontext zu sehen, die thematische Orientierung zolle dem Tribut, erklärte Schumann in Richtung des Abgeordneten Tillschneider. Seit der politischen Wende habe es große Einschnitte für die Theater und Orchester gegeben. Die Orchester in Bernburg, Eisleben und Stendal seien beispielsweise schon weit vor der Förderperiode 2014 aufgelöst worden.

Die Finanzierung der Theater werde weiterhin verlässlich weitergeführt, die Häuser allerdings angehalten, ihre Einnahmen zu erhöhen, beispielsweise indem sie ihre Preisstruktur verändern. „In Eisleben und Schönebeck klemmt die Säge der Finanzierung noch, aber nach einer Lösung wird bereits gesucht“, so Schumann.

„Die Theater sind ein Ort der Bildung, des Kunstgenusses und ein gesellschaftlicher Spiegel.“ Insgesamt würden die Theater gut angenommen, dies mache sich in den Besucherzahlen, bei den Puppentheatern besonders, deutlich. Marketing, Öffentlichkeitsarbeit und Theaterpädagogik spielten eine wichtige Rolle bei der Gestaltung des Programms und der Wahrnehmung der Einrichtungen. Schulen stellten sich hierbei als besondere Kooperationspartner heraus.

Beschlüsse wurden am Ende der Aussprache zur Großen Anfrage nicht gefasst.