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Plenarsitzung

Hochwasserschutz an kleinen Flüssen

14. Jun. 2018

Seit dem Hochwasser 2013 hat Sachsen-Anhalt mehr als 400 Millionen Euro für den Hochwasserschutz ausgegeben. Mit dem Geld wurden vor allem Überlaufflächen erweitert und Deiche erneuert. Bis 2020 plant das Land etwa 640 Euro für verschiedene Hochwasserschutzmaßnamen auszugeben. Was aber machen, wenn das Wasser quasi ohne Vorwarnung kommt? Den Ort eigentlich nur ein kleines Bächlein durchfließt, der im Sommer vor sich hinplätschert und dann plötzlich über Nacht einen Pegelstand von 181 Zentimetern! erreicht?

Rechts: Der Goldbach, ein kleines Bächlein im Normalzustand, links: Der Goldbach beim Hochwasser 2017. Foto: Stefanie Böhme (r.), Gemeinde Harsleben (l.)

Keine Deiche oder Schutzwände vorhanden

Genau das ist im Juli 2017 in dem kleinen Ort Harsleben nahe Halberstadt geschehen, über Nacht ist Gemeinde mit etwa 2 200 Einwohnern quasi vollgelaufen. Ursache war ein mehrere Tage andauernder ergiebiger Dauerregen. Manche Häuser sind noch immer unbewohnbar und viele Menschen haben Angst, dass sich so etwas wiederholen könnte. Denn in Harsleben sind keine Deiche oder Hochwasserschutzwände vorhanden.

Um die Problemlagen besser einschätzen zu können und sich über den aktuellen Stand möglicher Hochwasserschutzmaßnahmen zu informieren, kam der Ausschuss für Umwelt und Energie am Mittwoch, 13. Juni 2018, zu einem Vor-Ort-Termin mit Vertretern der Kommune, des Landesamtes für Hochwasserschutz und Wasserwirtschaft (LHW) und des zuständigen Unterhaltungsverbandes „Ilse/Holtemme“ (UV) zusammen. Ebenfalls anwesend war Landtagspräsidentin Gabriele Brakebusch. Nach einem Fachgespräch in der Mehrzweckhalle des Ortes machten sich alle gemeinsam auf den Weg durch den Ort.

Ministerium und LHW nicht zuständig

Umweltministerin Prof. Dr. Claudia Dalbert betonte, dass ihr Ministerium und das LHW eigentlich nicht zuständig sind, da es sich beim Goldbach in Harsleben um ein Gewässer zweiter Ordnung handelt. Zuständig sei vielmehr der UV. Bei einem Vor-Ort-Termin Anfang des Jahres seien bereits erste kleinere Maßnahmen beschlossen worden. „Im Rahmen der Wasserrahmenrichtlinie sind dem UV bereits Fördermittel bewilligt worden, die zur Anfertigung einer Studie zum Gewässerhaushalt, zur –morphologie sowie zum –zustand des Goldbaches dienen sollen“, erklärte Dalbert weiter.

Die Studie ziele auf die Herstellung der ökologischen Durchgängigkeit und die Verbesserung der Gewässermorphologie. Auf Wunsch kommunaler Vertreter würden zudem Hochwasserschutzbelange mit in die Studie aufgenommen, erläuterte die Ministerin. Die Erkenntnisse aus der „Goldbachstudie“ seien damit Grundlage für weitergehende Abstimmungen und für die Bemessung von Maßnahmen zur baulichen Umgestaltung neuralgischer Punkte im Gewässerverlauf.

Risikoeinschätzungen werden überarbeitet

Außerdem informierte Ministerin Dalbert die Abgeordneten und Vertreter der Gemeinde, dass der LHW gerade an einer aktualisierten Risikobewertung alle Gewässer arbeitet und damit die Umsetzung der Hochwasser-Risikomanagement-Richtlinie vorantreibt. Der Goldbach werde in diese Analyse einbezogen und eine Einstufung als „Risikogewässer“ sei sehr wahrscheinlich. Unabhängig davon, habe der LHW das landesweite hydrologische Messnetz und damit auch die Hochwasservorhersage verbessert. So könne der bestehende Pegel nun digitale Daten übermitteln.

  • Wer ist eigentlich für was zuständig?

    Vereinfach gesagt: Der Landesbetrieb für Hochwasserschutz und Wasserwirtschaft (LHW) und das Land sind für den Hochwasserschutz an alle Deichen zuständig. Überall dort, wo es keine Deiche gibt, sind die Kommunen und die zuständigen Wasserbehörden im Rahmen der Gefahrenabwehr gefragt. Natürlich hilft der LHW im Notfall auch bei den Gewässern zweiter Ordnung.

Bürgermeisterin will Entscheidungen

Ortsbürgermeisterin von Harsleben, Christel Bischoff, vermisst, dass endlich Entscheidungen getroffen und Konsequenzen aus den Fakten gezogen werden. Einerseits habe sie durchaus Unterstützung von den Unterhaltungsverbänden bekommen. Aber Harsleben sei wie ein Trichter, alles was hereinfließe, bleibe im Ort stehen. „Wir müssen etwas tun und dürfen es nicht wieder aus dem Auge verlieren.“

Leider gebe es keine Möglichkeiten, um Retentionsflächen (Überlaufflächen) für den Goldbach zu bekommen. Die Schadenssumme des Hochwassers von 2017 belaufe sich auf etwa 100 000 Euro. Bisher habe die Gemeinde „nicht eine müde Mark bekommen“, so Bischoff.  Zudem kritisierte sie, dass es so viele verschiedene Ansprechpartner und Zuständigkeiten gebe.

Die nächsten Schritte für Harsleben ganz kurz zusammengefasst wären demnach: Kartierung, Ausweisung als Risikogewässer, Hochwasserkonzept erstellen, Fördermittel beantragen und Hochwassermaßnahmen umsetzen.