Cookies helfen uns bei der Weiterentwicklung und Bereitstellung der Webseite. Durch die Bestätigung erklären Sie sich damit einverstanden, dass Cookies gesetzt werden.

Plenarsitzung

Cannabislegalisierung in der Diskussion

29. Nov. 2018
Was spricht für, was gegen die Legalisierung von Cannabis? Sehen Sie die Statements von Abgeordneten aller im Landtag vertretenen Fraktionen. Youtube


Der Landtag von Sachsen-Anhalt hat im Mai seine Reihe „Landtag im Dialog“ wiedergestartet und in diesem Jahr bereits vier Veranstaltungen absolviert. Nach Wölfen, Bildung, Europa und Medizinische Versorgung stand an Station fünf in Köthen das Thema „Cannabislegalisierung“ auf dem Plan.

Fünf Abgeordnete aus den Fraktionen des Landtags diskutierten auf Einladung von Landtagspräsidentin Gabriele Brakebusch mit Bürgerinnen und Bürgern über das Für und Wider einer solchen Legalisierung – die Meinungen gingen erwartungsgemäß ziemlich weit auseinander.

Statements aus der Eingangsrunde

Die Rechtmäßigkeit des Verbots werde bis in viele verschiedene Gesellschaftskreise hinein angezweifelt, merkte Henriette Quade (DIE LINKE) an. Momentan befinde man sich in Deutschland diesbezüglich auf einem Irrweg auf rechtlicher, wirtschaftlicher und gesundheitlicher Ebene. Man solle es nicht aktiv anbieten, sondern entkriminalisieren und kontrolliert und sicher (beispielsweise in Coffee-Shops) abgeben. Die gesundheitlichen Folgen würden nicht ignoriert, so Quade, aber diese Probleme könnten besser angegangen werden, wenn es einen regulierten Markt gäbe. Es sei schlichtweg ungerecht, dass Cannabiskonsumenten verfolgt und bestraft würden, Alkohol aber von jedem in Unmengen konsumiert werden dürfe.

„Wie geht man mit den Folgen um?“, fragte Tobias Krull (CDU) und blickte dabei zum Beispiel auf die Maßgaben des Jugendschutzes. Eine Freigabe wie in Kanada sei der falsche Schritt, auch wenn die Befürworter der Freigabe lauter würden. Es wäre eine enorme Steigerung des Konsums zu erwarten, mutmaßte Krull. Dennoch sprach er sich für einen Anbau unter kontrollierten Bedingungen auch in Sachsen-Anhalt aus (für Inudstrie und Medizin) – man müsse dies deutlich vom Genusskonsum unterscheiden.

Die Diskussion habe sich inhaltlich nicht weiterentwickelt, meinte Rüdiger Erben (SPD) zur Debatte um die Legalisierung leichter Drogen. Es sei wissenschaftlich erwiesen, dass es vor allem in jungem Alter beim Genuss von Cannabis zu irreparablen Veränderungen im Gehirn komme. „Über welche Droge reden wir als Nächstes, wenn wir Cannabis freigegeben haben?“

Mehrheitsmeinung in der AfD sei, Cannabis nicht zu legalisieren, es gebe aber einzelne Parteimitglieder, die sich dafür aussprächen, erklärte Hagen Kohl (AfD), der zu den Ablehnern gehört. Man solle lieber den Konsum von gesellschaftlich anerkannten Drogen wie Alkohol und Tabak verringern, statt eine weitere Droge anzubieten.

Einst hatten die Grünen Cannabissamen an Mitglieder des Landtags verschenkt, Ziel: eine Diskussion anstoßen, wie sinnvoll die bisherige Drogenpolitik gewesen sei, erinnerte sich Sebastian Striegel (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN). Es gelte, zu einer vernünftigen Regulierung von Cannabis und anderen Drogen zu kommen, um als Gesellschaft voranzukommen. Die meisten Nutzer gingen verantwortlich in ihrem Konsum um, dies müsse Vorbild bei einer Freigabe sein. Der wirtschaftliche Aspekt des Hanfanbaus solle nicht unterschätzt werden.

Fragen und Anregungen der Gäste

Nach der Einführungsrunde hatten sogleich die Gäste die Chance, am Diskussionstisch Platz zu nehmen und ihre Fragen und Anregungen loszuwerden: Eine Legalisierung würde dazu dienen, den Schwarzmarkt in seine Schranken zu verweisen, lautete eine Zuschauermeinung. An der Möglichkeit der Beschaffung scheitere der Cannabiskonsum nämlich keineswegs, lediglich Zeit und Preis würden – selbst im ländlichen Raum – darüber bestimmen. 

Das Thema Nachhaltigkeit wurde angesprochen: so sei es doch sinnvoller, leicht produzierbares Hanfpapier zu nutzen statt Dschungelbäume abzuholzen. Es sei zudem wünschenswert, beispielsweise bei der Schmerztherapie auf schwer süchtig machende Opioide zu verzichten und stattdessen medizinisches Hanf zu verwenden. – Eine Meinung, die Rüdiger Erben durchaus teilte, auch wenn er deutlich zwischen medizinischem und nichtmedizinischem Konsum differenzieren wollte. Henriette Quade stellte klar: Nicht jeder, der Cannabis konsumiere, sei süchtig, sondern sehe darin lediglich ein Genussmittel.

Mehr Aufklärung über den Drogenkonsum wurde aus dem Publikum heraus gefordert. – Alle Drogen hätten bei unsachgemäßer Verwendung negative Folgen, sagte Sebastian Striegel. Im Vergleich sei Alkohol jedoch wesentlich schädigender als Cannabis. Er empfahl, auf jegliche Werbung für Drogen aller Art zu verzichten und die Menschen über die Effekte des Konsums aufzuklären. Und eben diese würden nicht ausreichend wahrgenommen, warnte Hagen Kohl, das Maß könne verlorengehen.

Medizinisch an Cannabis heranzukommen, sei sehr schwer, erklärte eine Besucherin. Cannabis könnte aber gerade in der Schmerztherapie eine sanftere Alternative zu schweren Schmerzmitteln sein, aber in Deutschland werde hier „zu alt gedacht“. – Gegen Cannabis als medizinische Anwendung sprach sich keine Fraktion aus. Der Zugang müsse hier vereinfacht werden, sagte beispielsweise Rüdiger Erben, „ohne es dadurch für alle zugänglich zu machen“. Vielleicht seien sich die verschreibenden Ärzte auch hinsichtlich der Nebenwirkungen des Cannabis noch zu unsicher, sagte Hagen Kohl.

Sollte es je zur Legalisierung von Cannabis kommen, wie stellen sich die Fraktionen die Abgabe vor? Sebastian Striegel sprach sich für eine Abgabe in Geschäften aus, wo auch Beratung zum Konsum angeboten werden kann. Rüdiger Erben fragte sich: „Wenn Konsumenten andere Nutzer beraten – wie soll das funktionieren?“ Hier müsste die Kontrolle sehr genau erfolgen. Henriette Quade ist für Fachgeschäfte mit Beratung. Hagen Kohl sprach sich – im Fall des Falles – ebenfalls für ein Fachgeschäft aus, in dem der Verkauf mit einem Beratungsgespräch verbunden würde. Für Tobias Krull sollte der Verkauf – wenn überhaupt – in einer Apotheke stattfinden, da diese für ein Quantum an Sicherheit stünde.

Cannabis legalisieren oder nicht? Eine abschließende Antwort war für den Abend der „Landtag im Dialog“-Veranstaltung nicht erwartet worden. Die politischen Signale in Sachsen-Anhalt stehen allerdings derzeit noch auf Nein. Die Diskussionen über eine Legalisierung sind allerdings noch lange nicht beendet.

Die nächste Veranstaltung der Reihe „Landtag im Dialog“ findet am 23. Januar 2019 in Magdeburg statt. Dann wird es um das weite Feld „Landeshaushalt“ gehen.