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Plenarsitzung

Über die Entwicklung des Arbeitsmarktes

Petra Grimm-Benne, Ministerin für Arbeit, Soziales und Integration gab zu Beginn der Mai-Sitzungsperiode des Landtags am Donnerstag, 4. Mai 2017, eine Regierungserklärung ab. Sie hatte sie unter den Titel „Zukunft der Arbeit in Sachsen-Anhalt: faire Löhne, gleiche Chancen, sozialer Zusammenhalt“ gestellt. Im Anschluss bezogen die Vertreter/innen der Fraktionen Stellung zu den Aussagen Grimm-Bennes und brachten eigene Impulse in die Debatte ein.

Die Landesregierung freut sich über eine positive wirtschaftliche Entwicklung in Sachsen-Anhalt. Foto: fotolia.com

Chancen für eine gute berufliche Entwicklung

Gute Arbeit sei das Kernziel der Arbeitsmarktpolitik in Sachsen-Anhalt, erklärte Arbeitsministerin Petra Grimm-Benne (SPD). Sie sei durch die Digitalisierung, die demographische Entwicklung, die Fachkräftesicherung, besonderen Leistungsdruck und die sich verändernden Anforderungen an Arbeitnehmer/innen geprägt. Zwar habe sich der Arbeitsmarkt in Sachsen-Anhalt positiv entwickelt – die Arbeitslosenquote sei auf 8,6 Prozent gefallen –, dennoch gebe es im Land viele Langzeitarbeitslose, an denen der Aufschwung am Arbeitsmarkt vorbeigegangen sei.

„Die beste Basis für gute Arbeit ist ein Tarifvertrag“, legte sich Grimm-Benne fest. Daher solle die Tarifbindung in Sachsen-Anhalt erhöht werden. Der Maßstab „gleicher Lohn für gleiche Arbeit“ müsse für alle Bevölkerungsteile gelten – egal ob Mann oder Frau, Festangestellte, Zeitarbeiter oder integrierter Zugewanderter. Arbeit müsse der individuellen Entwicklung dienen, so die Ministerin, die Vereinbarkeit von Familie und Beruf müsse in den Vordergrund gerückt werden, um eine – modern ausgedrückt: Work-Life-Balance herzustellen.

Im Sozialbereich setzt Grimm-Benne auf einen allgemein verbindlichen Pflegetarif und die bessere Bezahlung von Pflegekräften und der dortigen Auszubildenden. Um dieses Ziel zu erreichen, sei unter anderem der Runde Tisch „Pflege“ eingerichtet worden. Eine angemessene Personalausstattung sei gerade im Pflegebereich unabdingbar.

Es sei geboten, jungen Menschen die Chance auf eine gute berufliche Entwicklung zu geben. So gebe es eine Reihe von niedrigschwelliger Unterstützung für Unternehmen bei der Fachkräftesicherung, darüber hinaus Programme, die Weiterbildung fördern und lebenslanges Lernen unterstützen. Stark machte sich Grimm-Benne auch für Menschen mit Behinderung, die gemäß ihren Fähigkeiten auch in den herkömmlichen Arbeitsmarkt integriert werden sollen.

„Gute Arbeit ist auch gesunde Arbeit“, betonte die Ministerin. Sachsen-Anhalt arbeite an der bundesweiten Arbeitsschutzstrategie mit, um die Sicherheit in den Betrieben und Unternehmen zu erhöhen und Mängel abzustellen. Gute Arbeit in ihrer Gesamtheit trage zur erfolgreichen Entwicklung des Wirtschaftsstandorts Sachsen-Anhalt bei.

Gesunkene Arbeitslosenquote Folge geschönter Zahlen

Sachsen-Anhalt liege über der durchschnittlichen Arbeitslosenquote, auch das wirtschaftliche Wachstum sei bei den Ländernachbarn höher, kritisierte André Poggenburg (AfD). Von einer dynamischen Entwicklung könne folglich nicht gesprochen werden. Die gesunkenen Arbeitslosenzahlen ergäben sich aufgrund höherer Rentnerzahlen sowie Arbeitslosen und Flüchtlingen, die sich in weiterbildungs- beziehungsweise Integrationskursen befänden und nicht als Arbeitslose gezählt würden.

Faire Löhne, gleiche Chancen, sozialer Zusammenhalt – der Titel der Regierungserklärung sei blanker Hohn, so Poggenburg. Sachsen-Anhalt sei stattdessen ein Land der „Auspendler“. Problematisch seien vor allem die Langzeitarbeitslosigkeit (40 Prozent der Arbeitslosen seien dies länger als ein Jahr), die wachsende Jugendarbeitslosigkeit und viele prekäre Beschäftigungsverhältnisse. Dies sei noch immer eine Folge der Wirtschaftspolitik während der Wiedervereinigung. Das West-Ost-Lohngefälle bestehe nach wie vor.

Bevor es zu gerechten Löhnen komme, müssten zunächst einmal auskömmliche Löhne gezahlt werden, um nicht mehr auf Aufstockungen angewiesen zu sein, sagte der AfD-Fraktionsvorsitzende. Dies treffe verstärkt auf Alleinerziehende zu, hier müsse nachgesteuert werden. Dazu zähle auch die Zuwanderung in die deutschen Sozialsysteme, die lediglich zu einer Erhöhung des Niedriglohnsektors beitrage. Über das „Sozialschmarotzertum der letzten 50 Jahre“ könne man sich in den westlichen Bundesländern informieren.

Erschreckend sei zudem die hohe Zahl der Jugendarbeitslosigkeit. Dies sei ein weiteres Zeugnis des „Totalversagens“ der Landesregierung. Basis dafür sei schon der permanente Unterrichtsausfall in Sachsen-Anhalt. Poggenburg warb dafür, wieder vermehrt „deutsche Tugenden“ wie Fleiß, Pünktlichkeit und Ehrlichkeit zu vermitteln. Den Gutausgebildeten müssten bessere Perspektiven im Land geboten werden – mit guten Löhnen und einer guten sozialen Infrastruktur.

Stärker auf regionale Rahmenbedingungen achten

Der Mensch müsse einer guten Erwerbstätigkeit nachkommen können, forderte Tobias Krull (CDU). Man stehe vor der Herausforderung, der Überalterung der Gesellschaft und der Integration von Zugewanderten in den Arbeitsmarkt positiv zu begegnen. Die soziale Marktwirtschaft bedeute für die CDU weiterhin eine Sozialpartnerschaft, die Tarifautonomie, die Tarifbindung und die betriebliche Mitbestimmung.

Eine gute Wirtschaftspolitik sei zugleich eine gute Arbeitsmarktpolitik, so Krull. Er lobte das erkennbare Wirtschaftswachstum im Land, der Arbeitsmarkt entwickle sich in die richtige Richtung. Noch mehr müsse beim Auflegen von Programmen auf regionale Rahmenbedingungen geachtet werden.

Langzeitarbeitslose Menschen müssten schnellstmöglich wieder in Beschäftigung gebracht werden, erklärte Krull. In diesem Zuge spreche sich die CDU gegen eine Verlängerung von ALG-I-Leistungen aus. Besonderes Augenmerk liege auf den Integrationsbetrieben, in denen Menschen mit Behinderung im regulären Arbeitsmarkt Beschäftigung fänden. Verbesserungen habe es im Bereich der Leiharbeit gegeben. Leiharbeit böte die Möglichkeit, besser und flexibler in den ersten Arbeitsmarkt zurückzufinden. Krull hob zudem das System der dualen Berufsausbildung in Deutschland hervor. Durch dieses sei die Zahl der Jugendarbeitslosigkeit sehr viel tiefer als in anderen europäischen Ländern.

Die bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf sei ein weiteres Grundthema für die CDU. Betriebliches Gesundheitsmanagement und Arbeitsschutz seien zu stärken – dies wirke sich positiv auf das Betriebsklima aus, so Krull abschließend.

„Verkennung der tatsächlichen Verhältnisse“

Der Titel der Regierungserklärung klinge zunächst zukunftsweisend, allein es fehlten die Vorschläge zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen in Sachsen-Anhalt, konstatierte Andreas Höppner (DIE LINKE). Leider sei die Erklärung nur eine „Verkennung der tatsächlichen Verhältnisse in Sachsen-Anhalt“ gewesen.

Denn jeder dritte Beschäftigte in Sachsen-Anhalt arbeite nur für den Mindestlohn, die betriebliche Mitbestimmung werde massiv bekämpft und verhindert, der Jugend werde eine berufliche Zukunft verbaut. Und auch Vorschläge, wie die verfestigte Langzeitarbeitslosigkeit abgebaut und die vorhandene und drohende Altersarmut verhindert werden sollen, seien ausgeblieben. Zu sehr werde noch auf Hartz-IV und Niedriglohn gesetzt.

Für die Schaffung von guten Arbeitsplätzen habe die Landesregierung bisher noch nicht die richtigen Mittel gefunden und eingesetzt. Die Schere zwischen Arm und Reich öffne sich zunehmend. Schon jetzt wandle sich die Arbeitswelt – Folgen ergäben sich dadurch für die Vereinbarkeit von Familie und Beruf und das Gesundheitsmanagement. „Ihre Wirtschaftsideen sind verbraucht und veraltet“, kritisierte Höppner. Die Landesregierung habe es versäumt, rechtzeitig günstige Bedingungen für die Ansiedlung von Unternehmen zu stellen. Die letzten Jahre seien verlorene Jahre für die Wirtschaftsentwicklung gewesen.

Rasante Entwicklung auf dem Arbeitsmarkt

Die Globalisierung, die Digitalisierung und der demographische Wandel hätten in den letzten Jahren den Arbeitsmarkt enorm gewandelt, erklärte Cornelia Lüddemann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN). Die Grünen setzten sich für zukunftsfähige Arbeitsplätze und eine gute Vereinbarkeit von Familie, Beruf und Ehrenamt ein.

Die rasante Entwicklung auf dem Arbeitsmarkt verlange den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern eine immer höhere Flexibilität ab – dies dürfe aber keine Einbahnstraße sein, machte Lüddemann klar. Arbeit müsse „breiter gedacht“ werden – dies gelte sowohl für die Arbeitsbedingungen als auch für die Bezahlung und die flexible Arbeitsdauer.

Enorme Flexibilität und Mobilität werden erwartet

„Wir haben den niedrigsten Stand der Arbeitslosenzahl seit der Wiedervereinigung erreicht“, lobte Andreas Steppuhn (SPD). Dennoch müsse man sich freilich der Weiterentwicklung der Arbeitsmarktpolitik widmen. In diese Diskussion gehörten aber weder Populismus aller Couleur noch Fremdenfeindlichkeit, betonte Steppuhn.

Arbeit und Wirtschaft müssten „zusammen gedacht“ werden. Die Wirtschaft müsse den Menschen dienen, denn nur so könne die Gesellschaft stabil sein und Zusammenhalt organisieren. Dieser Zusammenhalt beginne mit der Stärkung der Rechte von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern durch eine verlässliche betriebliche Mitbestimmung.

Der beste Weg zu fairer Arbeit seien Tarifverträge, betonte Steppuhn. Dies gelte insbesondere auch für die verschiedenen Pflegeberufe. Der Inklusion und Integration von Menschen mit Behinderung und Langzeitarbeitslosen komme bei der SPD eine hohe Priorität zu.

Die allgemeine Fachkräftesicherung beginne bereits mit interessanten Ausbildungsplätzen; es sei nötig, sich für gute Weiterbildungsmöglichkeiten einzusetzen, so der SPD-Politiker. Nicht selten würden bei der Ausbildung enorme Flexibilität und Mobilität erwartet. Steppuhn lobte das Vorhaben eines kostenfreien Azubi-Tickets, um problemlos zu Ausbildungsplätzen und Berufsschulen gelangen zu können.

Beschlüsse wurden am Ende der Aussprache zur Regierungserklärung nicht gefasst.