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Plenarsitzung

Stärkung von Geist und Körper bei der Polizei

Die Koalitionsfraktionen von CDU, SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hatten einen Antrag in das November-Plenum eingebracht, mit dem sich der Landtag für die Stärkung der Wissenschaftsfreiheit der Fachhochschule Polizei Sachsen-Anhalt ausspricht. Auf lange Sicht soll dadurch der Standort attraktiver für Personal und Auszubildende werden. 

Drei wesentliche Anliegen werden mit dem Antrag verfolgt: Insbesondere durch die Absicherung einer sachgemäßen Ausstattung (wissenschaftliches Personal, Hilfe bei der Anwerbung von Drittmittelprojekten) soll eine Stärkung und Unterstützung eigenständiger und anwendungsorientierter Forschungsvorhaben der FH Polizei gewährleistet werden. Zudem soll geprüft werden, inwiefern Möglichkeiten einer engeren Kooperation der FH Polizei mit der Hochschule Harz und der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg bestehen.

Darüber hinaus soll geprüft werden, ob ein hochschuleigenes Institut für Polizei- und Sicherheitsforschung sowie ein Fortbildungsinstitut für die Polizei in Sachsen-Anhalt eingerichtet werden kann. Ein entsprechendes Konzept soll bis zum IV. Quartal 2018 dem Ausschuss für Inneres und Sport sowie dem Ausschuss für Wirtschaft, Wissenschaft und Digitalisierung vorgestellt werden.

Interdisziplinär ausgerichtetes Institut

Im Studiengang „Polizeivollzugsdienst B.A.“ an der Fachhochschule Polizei werden, so Dr. Katja Pähle (SPD), – bevor die Polizeianwärter in den tatsächlichen Dienst einsteigen – berufspraktische Fähigkeiten und Kenntnisse sowie wissenschaftliche Grundlagen über Theorien und Methoden mit juristischen und sozialwissenschaftlichen Inhalten vermittelt. Die Fachhochschule solle dabei unterstützt werden, ihre Forschungsarbeit zu leisten. Personelle und strukturelle Aufwertungen seien dafür notwendig.

„Ein interdisziplinär ausgerichtetes Institut, das in erster Linie Forschung für und über die Polizei betreibt, kann zu einer stärkeren Vernetzung von polizeilicher Alltagspraxis mit Aus- und Fortbildungsaktivitäten beitragen“, heißt es im Antrag der Koalition. Eine effektive Ausbildung von Polizeibeamten und gleichzeitig Forschungsarbeit zu betreiben, stünden nicht in Widerspruch, betonte Pähle und warb für die Annahme des Koalitionsantrags.

Bis an die Grenzen des Möglichen

Die Fachhochschule Polizei stehe für polizeiliche Lehre, Studium, Weiterbildung und Forschung, erklärte Innenminister Holger Stahlknecht (CDU). In diesem Jahr habe man die Einstellung von Polizeianwärtern massiv erhöht, bis an die Grenzen des Möglichen sei auch das Personal verstärkt worden. Ob die Gründung von Instituten, wie es im Antrag der Koalition vorgesehen ist, die richtige Lösung sei, werde sich bei den kommenden Beratungen herausstellen, so Stahlknecht.

Keine Verwissenschaftlichung der Polizei

Die Fachhochschule Polizei in Aschersleben habe bisher für eine solide Polizeiausbildung gestanden. Bewehrte Dinge sollten ausgebaut werden, sagte Mario Lehmann (AfD). Seine Fraktion stelle sich aber gegen den Koalitionsvorstoß: „Wir warnen vor einer Verwissenschaftlichung der Polizeiarbeit.“ Die Polizisten müssten ihr Handwerk aus dem Effeff beherrschen und auch anpacken können, statt zu philosophieren. Die bisher bestehenden Auswahlverwahren für Polizeianwärter hätten sich bewährt. Die Auswahl der Anwärter dürfe nicht zu Lasten der Sicherheit gehen.

Anwendungsorientierte Forschungsarbeit

„Wir wollen eigenständige Forschungsvorhaben an der Fachhochschule Polizei unterstützen“, betonte Sebastian Striegel (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN). Die Polizei soll gut ausgestattet, fachkundig und bürgernah agieren. Die anwendungsorientierte Forschungsarbeit sei schon jetzt gesetzlich geregelt und solle entsprechend ausgebaut werden. Ein gutes Beispiel könne man sich am Bremer IPOS nehmen, dem Institut für Polizei und Sicherheitsforschung. Dieses erbringe enorme Serviceleistungen für den Bürger, beispielsweise durch Unterstützung bei der Präventionsarbeit. Am Ende werde man in Sachsen-Anhalt nicht nur mehr Personal, sondern auch eine fachkundigere Polizei haben, zeigte sich Striegel überzeugt.

Zukunftsfähigkeit durch Forschung

Ihre Fraktion begrüße den Antrag der Koalition, sagte Henriette Quade (DIE LINKE), denn es gehe um die Freiheit von Wissenschaft, Forschung und Lehre – sie seien wichtige Säulen der Demokratie. In der Polizei müsse eine moderne und zeitgemäße Ausbildung angeboten werden. „Die Zukunftsfähigkeit hängt von innovativen Forschungsleistungen der Fachhochschule ab“, erklärte Quade.

Der praktische Nutzen aus einer anwendungsorientierten Forschung sei erwartbar groß. „Die angestrebte Kooperation mit anderen Hochschulen und Universitäten unterstützen wir ausdrücklich.“ Quade legte auch die Zusammenarbeit mit dem Brand- und Katastrophenschutz des Landes nahe. Die hehren Ziele des Antrags könnten jedoch nur erreicht werden, wenn die notwendigen Mittel für die personelle und sächliche Ausstattung sichergestellt würden.

„Polizeibeamte, die auch anpacken können“

In diesem Jahr seien in Sachsen-Anhalt 700 Polizeianwärter eingestellt worden, rekapitulierte Chris Schulenburg (CDU), dies seien doppelt so viele wie im vergangenen Jahr gewesen. Diese Entwicklung soll im kommenden Jahr fortgesetzt werden. Man strebe einen Bestand von 6 400 Polizeivollzugsbeamten im Land an, langfristig sollen es 7 000 sein. Die Bewerberzahlen deuteten auf die ungebrochen hohe Attraktivität des Polizeiberufs hin.

Die Pflege und Entwicklung der polizeilichen Ausbildung solle sichergestellt und ausgebaut, Synergien genutzt werden. Nach Ansicht der CDU-Fraktion stehe dabei aber die praxisorientierte Ausbildung im Vordergrund. Die klassische Forschung sei nicht die vordringliche Aufgabe der FH Polizei. „Für die Räumung eines besetzten Hauses braucht man nämlich keine Wissenschaftler, sondern Polizeibeamte, die auch anpacken können“, erklärte Schulenburg.

Im Anschluss an die Debatte wurde der Antrag mit den Stimmen der Koalition und der Fraktion DIE LINKE angenommen, die AfD lehnte den Antrag ab.

Zum Antrag der Koalition (PDF)