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Plenarsitzung

Koalition schwört sich auf nächste Jahre ein

Ministerpräsident Dr. Reiner Haseloff hat in der April-Sitzungsperiode des Landtags eine Regierungserklärung abgeben. Er stellte sie unter den Titel „Sachsen-Anhalt: Große Geschichte, gute Zukunft – wie wir heute die Weichen für morgen stellen“. Im Anschluss an die Regierungserklärung hatten die Fraktionen die Möglichkeit, zu den Aussagen Haseloffs Stellung zu beziehen und eigene Impulse in die Debatte einzubringen.

Optimistisch in die Zukunft schauen

Ein Jahr nach dem Antritt der Landesregierung biete sich eine gute Gelegenheit, auf das erste Fünftel der Regierungszeit zurückzublicken und den Blick auf die kommenden vier Jahre des Gestaltens zu werfen, erklärte Ministerpräsident Dr. Reiner Haseloff (CDU). Es gehe darum zu zeigen, dass Sachsen-Anhalt ein Land mit einer reichhaltigen Geschichte und Kultur sei, aber auch zu demonstrieren, was gemeinsam seit 1990 erreicht worden sei. „Wir haben allen Grund, optimistisch in die Zukunft zu schauen“, so Haseloff. Der kürzlich verabschiedete Doppelhaushalt sei Hinweis auf eine solide Haushaltsführung.

Die Landesregierung wolle weiterhin in Innovation, Infrastruktur und Bildung investieren. Chancengleichheit und Chancengerechtigkeit seien für alle Bereiche des Lebens und Arbeitens im Land wichtig und nicht nur eine bloße Floskel. Mit dem Koalitionsvertrag aus dem Jahr 2016 habe die „stabile Koalition der Mitte“ eine gute Basis geschaffen. Die Neuregelung des Finanzausgleichs mit dem Kommunen sei bereits geregelt; darüber hinaus seien mehr Polizisten verpflichtet und mehr Lehrer eingestellt worden, um die Unterrichtsversorgung sicherzustellen. Eines der kommenden Ziele sei noch schnelleres Internet im ganzen Land.

Die Arbeitslosenquote sei gesunken, freute sich Haseloff, schrieb diesen Erfolg aber nicht allein dem Wirken der Landesregierung zu, sondern vor allem den kleinen und großen Unternehmen in Sachsen-Anhalt. Grund zur Freude gebe es auch im Tourismusbereich: hier sei ein Allzeithoch bei den Übernachtungen im Land zu verzeichnen, das Lutherjahr mache da Hoffnung auf noch mehr. Mit dem Bauhausjubiläum stehe ein weiteres Highlight bevor, in das das Land verschiedentlich investiere. Die Kultur solle noch mehr zur eigenen Marke des Landes werden, betonte Haseloff. Die lebendige Kultur des heutigen Landes solle noch sicht- und erlebbarer gemacht werden.

Weitere Pläne der Landesregierung

  • Bildung

    • Einstellung von mehr Lehrern, um die Unterrichtsversorgung sicherzustellen 
    • schnelles Internet für Schulen und die dazugehörende technische Ausstattung
    • Novellierung des Hochschulgesetzes (Berufungsrecht, Promotion für Absolventen der Hochschulen erleichtern, Wissenstransfer mit Unternehmen erleichtern)
  • Justiz und Rettungsdienste

    • mehr Polizisten und bessere Sachausstattung 
    • mehr Beamte im Justizvollzugsdienst
    • Änderung des Gesetzes über die öffentliche Ordnung und Sicherheit
    • Einführung von Body-Cams Nachwuchsproblem bei den Feuerwehren in den Griff bekommen 
    • ab 2018: 100-Millionen-Euro-Investitionsprogramm bei den Feuerwehren
  • Arbeitsmarkt

    • neue Perspektiven für Langzeitarbeitslose schaffen 
    • bessere Integration von Migrantinnen und Migranten in den Arbeitsmarkt

Es wäre der völlig falsche Weg, Europa und die Union in Frage zu stellen, betonte Haseloff. Gleichwohl sprach sich der Ministerpräsident für konsequente Abschiebungen aus, wenn Flüchtlinge und Migranten keine Aussicht auf ein Bleiberecht hätten. Schutz gebühre nur denen, die wirklich darauf angewiesen seien, sagte Haseloff. Die freiwillige Rückkehr als „humanstes Instrument“ solle weiter forciert werden.

Im vergangenen Jahr habe Sachsen-Anhalt seit Langem wieder einen Exportüberschuss erzielt. Alle internationalen Kontakte sollen weiterhin so gepflegt werden, dass die wirtschaftlichen Entwicklungen in den Fokus gerückt werden, forderte Haseloff. Wirtschaft und Industrie müssten auch in Zukunft international bestehen können. Auch die Wirtschaftsbeziehungen mit Russland sollten sich wieder normalisieren; eine unnötige Zuspitzung von Konflikten solle vermieden werden. Haseloff rief dazu auf, die Demokratie zu stärken und für freiheitlich-demokratische Grundwerte einzutreten.

„Politik am Bürger des Landes vorbei“

André Poggenburg (AfD) warf Ministerpräsident Haseloff vor, „eine verwerfliche Regierungskoalition mit dem kleinsten gemeinsamen Nenner“ geschmiedet zu haben. Die Bildung der Kenia-Koalition sei ein Paktieren derer, die nicht zusammengehörten. Haseloffs Regierungsführung verhöhne den Wählerwillen, so Poggenburg weiter, er leite eine „Politik am Bürger unseres Landes vorbei“. Poggenburg kritisierte darüber hinaus ein Defizit an Stellen bei der Polizei, die aus AfD-Sicht „unkontrollierte Masseneinwanderung und kriminellen Banden“ sowie die „Überfremdung“, die auch in Sachsen-Anhalt angekommen sei.

Das Versagen der Koalition zeige sich auch im kürzlich verabschiedeten Doppelhaushalt; hier handle es sich lediglich um einen Griff in die Rücklagen des Landes, es sei ein „Haushalt der Schande“. Auch die Unterrichtsversorgung sei mangelhaft; das „unsoziale Experiment Inklusion“ habe nur negative Auswirkungen auf die Schülerinnen und Schüler. In vielen anderen Bereichen gebe es enormen Reformstau, so beispielsweise im Justizwesen und bei den Abwasserverbänden.

Die AfD lehnt die Europäische Union ab und setzt auf eine unabhängige Bundesrepublik. Zudem spreche sich seine Fraktion für ein Miteinander mit Russland aus, so Poggenburg. Die Sanktionen sollten schnellstmöglich beendet werden.

Kleine und große Zusammenhänge verdeutlichen

„Sachsen-Anhalt hat eine große Geschichte und diese müsse öfter erzählt werden, um das Land bekannt zu machen“, erklärte Dr. Katja Pähle (SPD). Es sei aber nicht nur die Geschichte Martin Luthers und der Reformation, sondern die vieler „kleiner Leute“, Frauen wie Männer, die das Land von früher bis in die heutige Zeit aufgebaut und geprägt hätten. Man müsse handfest nachvollziehbar machen, welche Wirkung Politik auf das Leben der Menschen habe, forderte Pähle. Die kleinen und großen Zusammenhänge zwischen Wirtschaft, Entwicklung und Gesellschaft müssten deutlich gemacht werden.

Die Landesregierung übernehme einen großen Teil der Verantwortung für die Zukunft des Landes. Werde der Koalitionsvertrag Stück für Stück abgearbeitet, sehe Pähle positiv auf den Rest der Legislaturperiode. Dazu gehörten zum Beispiel die intensive Betreuung von Langzeitarbeitslosen, um sie wieder schrittweise in den Arbeitsprozess heranzuführen, oder der Erhalt der natürlichen Lebensgrundlage und die positive Wendung hin zu einer auskömmlichen Unterrichtsversorgung.

„Wenden Sie sich den Problemen zu!“

Das Reformationsjubiläum sei trotz der hohen Investitionen thematisch an den meisten Menschen im Land Sachsen-Anhalt vorbeigegangen, kritisierte Swen Knöchel (DIE LINKE). Gleiches solle nicht auch mit dem Bauhaus-Jubiläum geschehen. Das gelobte Wirtschaftswachstum von einem Prozent sei viel zu niedrig, es reiche nur für den „Abstiegskeller“. Gute und gutbezahlte Arbeit müsse der Kernpunkt von Wirtschaftsförderung sein, so Knöchel. Um die Digitalisierung voranzubringen, fordern die Linken „Glasfaserkabel ans Haus“, keine Übergangslösungen mit mittelschnellem Internet.

Viele Chancen seien im ersten Jahr der Koalition im Schulbereich ungenutzt geblieben: Viele Sprachlehrkräfte habe man ziehen lassen, fast die Hälfte der Referendare hätten im vergangenen Jahr keine Chance erhalten. Das Schulsystem werde stattdessen komplett auf Verschleiß gefahren.

In den vergangenen Jahren sei in Sachsen-Anhalt ein kulturpolitischer Scherbenhaufen entstanden. „Vieles wäre heute besser, wenn man in der 6. Wahlperiode nur einmal auf die Fraktion DIE LINKE gehört hätte“, mutmaßte der Fraktionsvorsitzende. Zumindest mache die Landesregierung jetzt den Eindruck, den Scherbenhaufen aufzukehren.

Knöchel machte zudem auf einen Personalnotstand im Justizzweig aufmerksam und beleuchtete den Widerspruch bei der Arbeitsmarktintegration von Geflüchteten, die gezwungen seien, an einem festgeschrieben Wohnort zu leben. Das Soll sei größer als das Haben bei der Kenia-Koalition. Die Landesregierung müsse der Verantwortung, die sie für das Land übernommen habe, gerecht werden. „Wärmen Sie sich nicht länger am Lagerfeuerplatz, stehen sie auf und wenden Sie sich den Problemen zu!“, forderte Knöchel von Ministerpräsident Haseloff.

Erneuerbare Energien eine Erfolgsgeschichte

Grünes Nachhaltigkeitsdenken sei integraler Bestandteil der Koalition, konstatierte Sebastian Striegel (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN). Die drängenden Fragen der Zeit würden über die Generationen hinweg in Angriff genommen. Sachsen-Anhalt sei heute eines der Länder mit dem größten Anteil an erneuerbaren Energien. Diese Erfolgsgeschichte (12 000 Beschäftigte in der Windindustrie) gehe auf die grüne Umweltministerin Heidrun Heidecke in den 1990er Jahren zurück.

Umwelt, Bildung und Weltoffenheit seien grüne Schwerpunkte in der Landespolitik – „Heute klug für morgen investieren“, sagte Striegel. Im Bildungssektor sei es egal, wo ein Kind herkomme, wichtig sei stattdessen, wo es hinwolle. Angst und Hass seien keine Alternative für Sachsen-Anhalt, weder heute noch morgen. Die Grünen sprechen sich für „gezielte Gefahrenabwehr statt pauschale Vorverurteilung“ aus, so Striegel.

Auf geschaffener Grundlage aufbauen

Sachsen-Anhalts Landeshauptstadt Magdeburg sei schon im Mittelalter ein politisches und wirtschaftliches Zentrum gewesen, erinnerte Siegfried Borgwardt (CDU). Dieser Tradition wolle man sich stellen. Der Doppelhaushalt 2017/2018 nun sorge dafür, dass das Land gestaltet und vorangebracht werden könne. Sachsen-Anhalt baue auf eine lebendige Bürgerschaft und wirtschaftlich leistungsfähige Unternehmen.

Die Landesregierung habe kürzlich eine Offensive für den ländlichen Raum angekündigt, lobte Borgwardt. Man müsse nur darauf achten, dass weder die Bevölkerung der Oberzentren noch die des ländlichen Raums gegeneinander ausgespielt würden. Ziel sei unter anderem auch die flächendeckende Versorgung mit schnellem Internet. Auch der weitere Ausbau der Verkehrsinfrastruktur stehe auf der Agenda. So sei beispielsweise die Aufwertung der B 6n zur A 36 zu begrüßen.

Sachsen-Anhalt sei wirtschaftlich auf dem richtigen Weg, auch augenzwinkernd: Das Bruttoinlandsprodukt Sachsen-Anhalts entspreche dem von Guatemala, berichtete der CDU-Fraktionsvorsitzende. Betrachte man die viel kleinere Fläche und die sehr viel kleinere Einwohnerzahl sei dies eine hervorragende Leistung für Sachsen-Anhalt. Die CDU sei der Motor einer lösungs- und zukunftsorientierten Politik, versprach Borgwardt: „Packen wir es an, Sachsen-Anhalt zu gestalten“, auf der geschaffenen Grundlage könne aufgebaut werden.

Beschlüsse wurden am Ende der Aussprache der Regierungserklärung nicht gefasst.