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Plenarsitzung

Frieden ist mehr als die Abwesenheit von Krieg

Unter dem Motto „Darum Europa!“ wurde am diesjährigen Volkstrauertag (Sonntag, 19. November 2017) der Opfer von Krieg und Gewalt auf der ganzen Welt gedacht. Die zentrale Gedenkstunde in Sachsen-Anhalt fand auch in diesem Jahr im Plenarsaal des Landtags in Magdeburg statt. Die Ansprache hielt Lord Stephen K. Green of Hurstpierpoint, früherer britischer Handelsminister, Theologe und Historiker. 

Landtagspräsidentin Gabriele Brakebusch sprach das Totengedenken. Musikalisch umrahmt wurde die Veranstaltung durch den Vokalkreis des Telemann-Konservatoriums Magdeburg. Jugendliche des Jugendarbeitskreises vom Landesverband bereicherten mit eigenen Gedanken und Rezitationen die Gedenkstunde.

„Wir sind zum Handeln aufgefordert!“

„Weil die Toten schweigen, beginnt immer wieder alles von vorn. Um ihre Stimmen hörbar zu machen, begehen wir in jedem Jahr den Volkstrauertag“, erklärte Dieter Steinecke, Landtagspräsident a. D. und Vorstandsvorsitzender des Landesverbands Sachsen-Anhalt im Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge e. V. „Der Hass ist wieder salonfähig geworden“, kritisierte Steinecke und betonte: „Jetzt sind wir zum Handeln herausgefordert!“

Die Beweggründe für Fremdenfeindlichkeit, Ausgrenzung und Hass seien verschieden, meist seien es fehlende Empathie, kleinbürgerliche Enge und Geschichtsvergessenheit. „Wir müssen die Auseinandersetzung mit der Vergangenheit nutzen, um offen in die Zukunft schreiten zu können.“

Krasse Gegensätze der Gefühle

„Wir teilen eine miteinander verwobene Geschichte, aus der wir nicht zu lernen aufhören dürfen“, betonte Lord Green. Auch wenn er selbst erst nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs geboren worden sei, so seien doch die Geschichten über das Leid im Krieg in seiner wie in jeder Familie erzählt worden.

Das Gefühl des Verlusts, der Zeitlosigkeit und Ruhe, das einem auf Soldatenfriedhöfen befalle, stehe im krassen Gegensatz zu dem kaum vorstellbaren menschlichen Leid der Kriege und dem Tod der Millionen jungen Menschen, so Lord Green. Aus der Katastrophe des Ersten Weltkriegs sei nicht sofort gelernt worden, weitere dunkle Jahre voller Leid und Zerstörung sollten folgen. „Erst nach dem Zweiten Weltkrieg haben wir Europäer gelernt, wie unvergleichlich der Frieden ist, er ist der Rahmen unseres Alltagslebens.“

Dieser Frieden basiere auf harter Arbeit und der Hoffnung auf Europa. „Es geht um unser aller Menschenwürde.“ Die moderne europäische Identität sei durch die gemeinsame Geschichte geformt worden. „Wir haben aber endlich die geteilten europäischen Werte anerkannt, aus den zahlreichen schmerzhaften Fehlern haben wir etwas zutiefst Wichtiges gelernt: die Verpflichtung zur Demokratie, zu sozialem Mitgefühl und die Ausnutzung des Potenzials für das Gute.“

Das europäische Projekt sei mehr als nur der Binnenmarkt. Über die Jahrtausende hinweg sei Europa eine Schatzkammer der menschlichen Schaffenskraft gewesen. Es gelte, weiter über die Generationen hinweg am Projekt Europa zu bauen, ähnlich dem Bau der alten Kathedralen, bei denen jene, die die Grundsteine legten, deren Vollendung nicht mehr erlebt hätten. „Es steht uns noch ein langer Weg bevor; die endgültige Form Europas werden wir nicht mehr miterleben. Der Fortschritt auf diesem Weg ist jedoch nicht garantiert. Aber wir dürfen niemals unser Streben nach Wohlstand, Offenheit und Wahrung der Menschenwürde aufgeben.“

Im Anschluss an die Gedenkstunde wurden auf dem Magdeburger Westfriedhof Kränze niedergelegt.