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Plenarsitzung

An den Rändern der freien Meinungsbildung

Nach Ansicht der Fraktion der AfD wird der politische Diskurs zunehmend vom Linksextremismus beherrscht. Körperliche Gewalt, Sitzblockaden, Farbanschläge, Drohungen gegenüber den Veranstaltern und lautstarke Protestchöre machten eine sachliche Auseinandersetzung unmöglich. Dies als Auslöser begreifend, hatte die AfD-Fraktion eine Aktuelle Debatte mit dem Thema „Linksextremismus im politischen Diskurs“ beantragt, die am Freitag, 3. Februar 2017, geführt wurde.

Linksextremismus kein Randthema

Die AfD wolle aufzeigen, dass es sich beim Linksextremismus nicht nur um ein Randthema handle, sondern um eine akute und stetig wachsende Bedrohung des Rechtsstaats“, erklärte André Poggenburg (AfD). Es gebe pausenlos Angriffe auf Leib und Leben von Menschen, die lediglich andere politische Ansichten verträten als die Linksextremen. So sei Poggenburg selbst am 7. Januar 2017 in Dessau-Roßlau „von schwarzvermummten und schwarzpigmentierten Krawallmachern“, einem „arbeitsscheuen, linksextremen Pöbelmob“ während einer Demo zum Gedenken an Oury Jalloh angegriffen worden.

Darüber hinaus sei er am 12. Januar 2017 in einem Hörsaal der Magdeburger Otto-von-Guericke-Universität angegriffen worden. Offensichtlich seien die Hochschulen noch in den Händen der Antifa, schlussfolgerte Poggenburg: „Diese linksextremen Lumpen müssen und sollen von deutschen Hochschulen verbannt werden.“ Deutschland müsse wieder ein diskursoffenes Land werden. „Diese Wucherungen am deutschen Volkskörper“ müsse man loswerden.

Kein Zeichen von Linksextremismus zu erkennen

Ein untrügliches Zeichen für Linksextremismus könne er in den Störungen im Magdeburger Hörsaal nicht erkennen, erklärte Wissenschaftsminister Prof. Dr. Armin Willingmann (SPD). Die Teilnehmer hätten sicherlich die Durchführung der AfD-Veranstaltung verhindert – was zu kritisieren sei, doch es sei nicht anzunehmen, dass sie – der Definition des Linksextremismus folgend – die Außerkraftsetzung des deutschen Staatssystems verfolgt hätten.

Willingmann erklärte, mit den Hochschulen zu diskutieren, wie politischen Initiativen die Arbeit ermöglicht werden könne. Ziel bleibe es, dass die Hochschulen Räume der geistigen, nicht der körperlichen Auseinandersetzung blieben. Sie als in den Händen von Linksextremisten zu bezeichnen, sei absurd, so Willingmann.

Krude Thesen nicht unwidersprochen lassen

Die AfD wolle sich mal wieder als Opfer stilisieren, konstatierte Cornelia Lüddemann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN). Die Räumlichkeiten der Hochschule seien von der AfD bewusst für deren Politik missbraucht worden. Die Leute im Hörsaal hätten sich mittels freier Meinungsäußerung gegen die AfD positioniert. Denn die kruden Thesen – wie etwa dass das männliche und weibliche Gehirn nicht gleichwertig seien – dürften nicht unwidersprochen bleiben, so die Grünen-Abgeordnete.

Die Campus-Alternative habe die Rechten und Pflichten wie alle anderen politischen Gruppierungen an den Hochschulen auch. Sie sei zur Wahrung des Prinzips der wissenschaftlichen Neutralität verpflichtet. Meinungsfreiheit ende aber da, wo andere Werte des Grundgesetzes mit Füßen getreten werden. Die Studenten hätten die Hochschule vor der Vereinnahmung rechter Gesinnung geschützt, lobte Lüddemann.

Dr. Katja Pähle (SPD) meldete sich als Fraktionsvorsitzende zu Wort. Es gehe der AfD nicht um einen wissenschaftlichen Diskurs, sondern darum, die Freiheit der Wissenschaft auszuhebeln. Genderstudien seien laut Dr. Hans-Thomas Tillschneider von der AfD lediglich ein „Karnevalsumzug“. Poggenburg selbst könne mit anderen Meinungen nicht umgehen, er müsse jedoch damit leben, dass es eine Reihe von Demokraten gebe, die sich für die demokratischen Werte starkmachten. „Wir werden uns friedlich, aber engagiert mit Ihnen auseinandersetzen“, versicherte Pähle.

„Ihrem Spuk Einhalt gebieten!“

„Wozu studiert man eigentlich“, fragte Birke Bull-Bischoff (DIE LINKE): „Um die Welt spezialisierter, fundierter und differenzierter betrachten zu können.“ Studierende wollten in der Universität ihren Horizont erweitern und nicht vermauern lassen: „Gut, dass es die Studierenden am 12. Januar 2017 gab, die ihre Meinung kundgetan haben.“ Der Silvesterknaller sei leichtfertig und unnötig gewesen, räumte Bull ein, er habe groteskerweise den Auslöser für diese Aktuelle Debatte geliefert.

Das von der AfD geplante Spektakel sei eingetreten. Die von der AfD vorgebrachten Anzeigen und Beleidigungen seien der Versuch, systematisch Kritikerinnen und Kritiker einzuschüchtern und zu beschädigen. Poggenburg spiele bewusst mit faschistoiden Denkmustern und Sprachstil.

Bull-Bischoff rief zur Solidarität mit denjenigen auf, die für ihre eigenen Rechte und die anderer einträten. Denn das Glück von Menschen solle nicht nach den Maßstäben der AfD normiert werden. „Wir werden auch künftig dagegenhalten – mit zivilem Ungehorsam und ruhigeren Angeboten, demokratisch und diskursiv“, sagte die Linken-Abgeordnete: „Ihrem Spuk muss man Einhalt gebieten!“

Sprachliche Enthemmung, Hass und Hetze

Dr. Falko Grube (SPD) erinnerte zunächst an die zahlreichen Gewalttaten von rechtsextremen Einzeltätern und Gruppierungen. Er stellte 230 linke Straftaten 1749 rechte Straftaten gegenüber. Ja, auch Linksextremisten wollten eine andere Gesellschaft und setzten dafür Gewalt ein, so Grube. Aber tatsächlich bedroht werde der Staat von der wachsenden Gewalt von rechts. Die Aktuelle Debatte gehöre auch zur Propagandastrategie der AfD.

Durch sprachliche Enthemmung, Hass und Hetze solle neues rechtes Gedankengut in der Gesellschaft verankert werden. Meinungsfreiheit setze Respekt gegenüber den anderen voraus, den lasse die AfD vermissen, erklärte Grube. So auch bei der Veranstaltung in der Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg, wo ein AfD-Mitarbeiter als Erster körperliche Gewalt angewendet habe. Aber die AfD werde am Widerstand der Anständigen scheitern.

Nicht auf eine Stufe stellen

Was sich am 12. Januar 2017 an der Magdeburger Universität zeigte, war, dass kleine Teile des wissenschaftlichen Nachwuchses nicht in der Lage seien, sich sachlich mit politischen Gegenmeinungen auseinanderzusetzen, konstatierte Eva Feußner (CDU). So stellten sie sich auf eine Stufe mit eben jenen rechten Kontrahenten, bedienten sich inakzeptabler Mittel. Diese Art der Auseinandersetzungen verurteile die CDU, man solle lieber zeigen, dass sachliche Argumente viel mehr griffen. Nichtsdestoweniger sei klar, dass der AfD-Fraktionsvorsitzende Poggenburg genau auf die erreichte Eskalation gehofft habe. Er begebe sich allein schon mit seiner Wortwahl in Bereiche voller Vorurteile und Intoleranz.

Beschlüsse wurden am Ende der Aktuellen Debatte nicht gefasst.