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Plenarsitzung

AdBlue-Manipulation bei Lkws stoppen

Der Landtag bittet die Landesregierung, im Rahmen einer Bundesratsinitiative aktiv gegen den Betrug durch AdBlue-Emulatoren in Lkws vorzugehen. Das zuständige Bundesamt für Güterverkehr (BAG) müsse rechtlich und technisch in die Lage versetzt werden, die Kontrolldichte auf deutschen Straßen deutlich zu erhöhen. Das fordert ein Antrag der Koalitionsfraktionen von CDU, SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der vom Landtag beschlossen wurde. Hintergrund: In modernen Dieselmotoren wird durch die Einspritzung von Harnstoff (AdBlue) in den Abgasstrang der Stickoxidausstoß deutlich minimiert. Kriminelle Speditionen versuchten hier vermehrt zu manipulieren, heißt es im Antrag der Koalitionsfraktionen.

Bevor Ulrich Thomas (CDU) den eigentlichen Antrag vorbrachte, hielt er ein kurzes Plädoyer für den Dieselmotor. Kaum ein Produkt habe sich in den vergangenen Jahren fortschrittlicher und umweltgerechter entwickelt als der Dieselmotor. Er sei effizient, in den letzten Entwicklungsstufen außerordentlich umweltfreundlich und habe eine große volkswirtschaftliche Bedeutung. „Im Nutzfahrzeuggebrauch [Red.: Busse, Baumaschinen, landwirtschaftliche Fahrzeuge] gibt es derzeit keine Alternativen zum Dieselmotor“. Ein Verbot von konventionellen Antrieben ab 2030 sei für Thomas daher nicht vorstellbar, solange es keine entsprechenden Alternativen gebe.

Unfairen Wettbewerb verhindern

Nach den Manipulationen im VW-Konzern sei die Öffentlichkeit für Manipulationen an Fahrzeugen sehr sensibilisiert. Der AdBlue-Betrug sei jedoch sehr viel perfider, betonte Thomas. Pro Jahr ließen sich damit im Schnitt 2 000 Euro je Lkw sparen. Da die Maut unter anderem nach der Schadstoffklasse berechnet werde, entstünden dem Fiskus durch die Betrügereien Schäden in dreistelliger Millionenhöhe.

Der Schaden aus entgangenen Mauteinnahmen belaufe sich nach ersten Schätzungen auf über 110 Millionen Euro, so der CDU-Abgeordnete. Denn manipulierte Fahrzeuge müssten eigentlich nach Euro-1-Norm abgerechnet werden, anstatt nach Euro-5- oder -6-Norm. Durch diesen Betrug verschafften sich ausländische Speditionen klare Wettbewerbsvorteile gegenüber heimischen Speditionen. Rund 20 Prozent der ost- und südosteuropäischen Fahrzeuge seien derzeit mit diesen Emulatoren unterwegs.

Betrug ist eigentlich leicht zu erkennen

Der Verfolgungsdruck bei dieser Thematik tendiere in Deutschland gegen null, dabei ließe sich ein Betrug schnell feststellen, kritisierte Thomas den laschen Umgang der Behörden. Über leere AdBlue-Tanks, die Stellung der AdBlue-Anzeige im Fahrzeug und eine visuelle Begutachtung der Bordelektrik sei ein Betrug leicht zu erkennen. Seine Fraktion erwarte von der Landesregierung eine Bundesratsinitiative, die diesen Missstand behebt. Außerdem plädierte er für höhere Strafen, die die Vorteile durch den Betrug unrentabel machten. Die Geldstrafen sollten zudem direkt vor Ort fällig werden.

Verkehrsminister Thomas Webel konstatierte, dass es einen deutlichen Trend zu weniger Schadstoffen im Straßenverkehr gebe. So wären 2016 bereits 60 % der Lkws in der Schadstoffklasse Euro-5 unterwegs gewesen und nur noch 6,5 % in den Klassen Euro-1 bis Euro-4. Manipulationen seien dennoch nicht hinnehmbar und müssten geahndet werden, drückte Webel seine uneingeschränkte Unterstützung für den Antrag aus. Es gebe auch bereits erste Anzeichen, dass die Bundesregierung das Problem erkannt habe. In einer Kleinen Anfrage hätte sie das Verkaufsverbot für AdBlue-Emulatoren begrüßt. Jetzt komme es darauf an, dass der Bund zügig mit den Ländern berate, um möglichst noch vor der Bundestagswahl eine Lösung zu finden.

AfD fordert Grenzkontrollen für ausländische Lkws

Viele Lkw-Fahrer leisteten jeden Tag gute Arbeit, es gebe jedoch wie überall auch in dieser Branche schwarze Schafe und Betrüger, sagte Hannes Loth (AfD). Durch Manipulationen an Lkws entstehe großer Schaden für Umwelt und Steuerzahler. „Dieser Betrug am deutschen Volk“, sei jedoch kein deutsches Problem, sondern gehe meistens auf das Konto ausländischer Fahrzeughalter. Grundsätzlich könne die AfD-Fraktion die Initiative der Koalition nur unterstützen. Um einen noch besseren Schutz zu ermöglichen, schlug der AfD-Abgeordnete Loth vor, jeden ausländischen Lkw bereits an der deutschen Staatsgrenze zu überprüfen und dabei gleich zu kontrollieren, ob sich illegale Mitreisende im Lkw befänden.

Holger Hövelmann (SPD) erklärte, die Lkw-Maut „ist auch ein ökologisches Steuergerät“, deshalb müssten alle Manipulationsversuche bekämpft werden. Die SPD-Fraktion trage deshalb den Vorschlag einer Bundesratsinitiative ausdrücklich mit. „Der Antrag ist gut, richtig und notwendig.“ Die personelle Aufstockung des BAG sei zudem nicht nur wegen der AdBlue-Manipulationen sinnvoll, sondern komme der Behörde auch bei anderen Aufgaben zugute.

Linke nimmt Umwelt, Klima und Gesundheit in den Fokus

Sie verstehe den Antrag der Koalitionsfraktionen so, dass das Bundesministerium das Problem nicht allein erkenne oder erkennen wolle, sagte Doreen Hildebrandt (DIE LINKE). Sie mutmaßte, dass die Interessen der Autolobby in Deutschland weit mehr wögen als der Umweltschutz, wie der Umgang mit dem VW-Abgasskandal zeige. Ihrer Ansicht nach sei der Antrag der Koalitionsfraktionen natürlich notwendig, aber „halbherzig formuliert“. Denn es ginge um weit mehr als fairen Wettbewerb. Hildebrandt erläuterte in dem Zusammenhang die vielfältigen und teils schwerwiegenden gesundheitlichen Langzeitfolgen von zu vielen Abgasen. Ihre Fraktion habe darum einen Alternativantrag gestellt, der den Fokus stärker auf den Umwelt- und Klimaschutz sowie die Gesundheit der Menschen richte.

Die Manipulation bei der Einspritzung von AdBlue sei nur eine von vielen, die sich gegen Umwelt und Steuerzahler richteten, betonte Olaf Meister (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN). In anderen Ländern sei man bei ähnlichen Vergehen weniger zimperlich, so gebe es in den USA Milliardenstrafen und in China wurde schon einmal mit einem Einfuhrverbot gedroht. Seine Fraktion unterstütze den gemeinsamen Koalitionsantrag daher selbstverständlich. Das vom Abgeordneten Thomas eingangs gesungene „hohe Lied auf die Dieseltechnik“ konnte der Grünen-Abgeordnete allerdings nicht richtig nachvollziehen. Langfristig werde es auch im Nutzfahrzeugbereich nur mit regenerativen Energien als Motorantrieb funktionieren, dauerhaft auf Dieseltechnik zu setzen, halte er für falsch.

Im Anschluss an die Debatte wurde der Antrag der Koalitionsfraktionen vom Parlament beschlossen.