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Plenarsitzung

Unterm Strich wird die Rechnung gemacht

Der Bund der Steuerzahler Sachsen-Anhalt e. V. hat in seinem aktuellen Bericht gerügt, dass die sogenannten Funktionszulagen, also die Leistungen an Fraktionsmitglieder für die Wahrnehmung besonderer Funktionen in der Fraktion, unverhältnismäßig hoch ausfielen und die Funktionszulagen einem zu großen Personenkreis gewährt würden. Die Fraktion der AfD hatte eine Aktuelle Debatte beantragt, um das Thema näher zu beleuchten. Den von ihr gemachten Vorwürfen begegneten die anderen vier im Parlament vertretenen Fraktionen mit klaren Gegendarstellungen.

Eigene Regelungen während Klausurtagung erstellt

Robert Farle (AfD) begründete die von seiner Fraktion beantragte Aktuelle Debatte mit der Stellungnahme des Bundes der Steuerzahler und des Landrechnungshofs hinsichtlich der Verwendung von Steuergeldern für Funktionszulagen für Landtagsabgeordnete. Es gebe bereits eine Strafanzeige wegen des Verdachts der Veruntreuung von Steuergeldern, so Farle.

Die AfD habe zunächst vor der eigenen Tür gekehrt, um von den anderen Fraktionen ein ähnliches Verhalten erwarten zu können, betonte Farle. Innerhalb der Fraktion habe man sich kürzlich dafür entschieden, Funktionszulagen nur noch an den Fraktionsvorsitzenden, seinen Stellvertreter und an den parlamentarischen Geschäftsführer auszuzahlen. Seit Beginn der Legislaturperiode gezahlte Funktionszulagen würden von den betroffenen Abgeordneten der AfD zurückgezahlt.

Während einer Klausurtagung habe man verbindliche Regelungen beschlossen: Nunmehr erhielten nur noch der Fraktionsvorsitzende (75 Prozent der „Diät“ zusätzlich), der stellvertretende Fraktionsvorsitzende (25 Prozent) und der parlamentarische Geschäftsführer (30 Prozent) Funktionszulagen. Damit solle die Position des Bundes der Steuerzahler unterstützt werden.

AfD-Fraktionsvorsitzender André Poggenburg rief dazu auf, die überzählige Ausgabe von Funktionszulagen zu stoppen und kritisierte, dass es keine klaren gesetzlichen Regelungen für die Vergabe der Zulagen gebe.

Keine Selbstbedienung aus Steuergeldern

Handelt es sich um Unwissenheit oder politisches Kalkül, dass die AfD zur Initiierung dieser Aktuellen Debatte brachte?, fragte Markus Kurze (CDU). Die Arbeitsaufteilung innerhalb einer Fraktion fuße auf klaren rechtlichen Grundlagen. Neben der verantwortungsvollen Arbeit als Abgeordnete leisteten einige Mitglieder des Landtags einen gewissen Mehraufwand, der auch honoriert werden müsse. Das Fraktionsgesetz des Landes Sachsen-Anhalt ermögliche den Fraktionen, Zulagen bei besonderen Leistungen auszureichen. Diese seien natürlich steuerpflichtig, erklärte Kurze.

Durch Gespräche und Klarstellungen habe sich ergeben, dass die CDU für den Untersuchungszeitraum 2007 bis 2011 lediglich 214 Euro zurückzahlen müsse. Die Fraktionen bräuchten die zusätzlichen Mittel, um sachorientiert zu arbeiten und Fachpersonal beschäftigen zu können. Die Behauptung, die Fraktionen betrieben Selbstbedienung aus Steuergeldern, laufe ins Leere, so Kurze.

Fraktionen hätten Rücklagen, weil Sie Mitarbeiter beschäftigen, die auch versorgt werden müssten, wenn Fraktionen nach einem Legislaturwechsel mal weniger Abgeordnete hätten, erklärte CDU-Fraktionsvorsitzender Siegfried Borgwardt. Die Gelder, die Ihre Abgeordneten an Funktionsgelder zurückzahlen, werden an die Fraktionskasse zurückgezahlt und nicht etwa an den Steuerzahler, das grenzt schon an Unverschämtheit!, erklärte Borgwardt in Richtung AfD.

An Dreistigkeit kaum zu überbieten

Stefan Gebhardt (DIE LINKE) rechnete für seine Fraktion folgende Funktionszulage vor: 4 000 Euro für den Fraktionsvorsitzenden und 2 000 Euro für den parlamentarischen Geschäftsführer. Der stellvertretende Fraktionsvorsitzende und die drei Arbeitskreisleiter bekämen keine Zulagen. Die AfD dagegen zahle derzeit 4 650 Euro an den Fraktionsvorsitzenden, 1 900 Euro an den parlamentarischen Geschäftsführer und 1 550 Euro an den 1. stellvertretenden Fraktionsvorsitzenden. Dennoch bezeichne sich die AfD als Vorreiter fürs Geldsparen, so Gebhardt. „An Dreistigkeit ist das kaum zu überbieten; Sie belügen die Öffentlichkeit, dass sich die Balken biegen!“

Die AfD habe erklärt, sie habe sich an die bisherigen Gepflogenheiten im Landtag gehalten, rekapitulierte Gebhardt, tatsächlich habe sich aber bisher niemand so maßlos selbst bedient wie die AfD. Das nun von den Mitgliedern der AfD-Fraktion „zurückgezahlte“ Geld stehe mitnichten dem Landeshaushalt zur Verfügung, „niemand hat etwas davon als Sie selbst.“ Die zurückgegebenen Gelder würden allein in die Fraktionskasse zurückfließen.

Mit der Konstituierung der AfD-Fraktion am 31. März dieses Jahres habe die AfD die vollen Fraktionskostenzuschüsse für März erhalten – für einen Tag mehr als 138 000 Euro – „Womit rechtfertigen Sie das? Was haben Sie denn an einem Tag im März im Landtag geleistet?“, fragte der Linken-Angeordnete. Die AfD verstehe es, Wasser zu predigen und Wein zu trinken – und das literweise.

Swen Knöchel, Fraktionsvorsitzender DIE LINKE, erklärte: Es gebe klare gesetzliche Regelungen für die Zahlung von Funktionszulagen. Diese befänden sich im Fraktionsgesetz des Landes. Die Mittel würden nach Vernunft ausgegeben. Es gebe bei den anderen vier Fraktionen auch keine Doppelbezahlung; bei der AfD allerdings schon. Erst als der Bericht des Bundes der Steuerzahler gekommen sei, hätten sich bei der AfD Skrupel hinsichtlich Gier und Selbstbedienung gezeigt.

AfD soll den eigenen Maßstäben folgen

Der Bund der Steuerzahler habe mit seinen letzten Pressemitteilungen die sachgemäße Auseinandersetzung verlassen und wissentlich falsche Anschuldigungen verbreitet, sagte Sebastian Striegel (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN). Diese seien von Ahnungslosigkeit und gefährlichem Halbwissen geprägt.

Diejenigen, die das Thema nun für eine Aktuelle Debatte aufgegriffen hätten, hätten den größten Griff ins Portemonnaie des Steuerzahlers getätigt: Mit der Konstituierung der Fraktion am 31. März 2016 habe man sich 138 000 Euro für den Monat März gesichert, obwohl auch eine Konstituierung einen Tag später möglich gewesen sei. Es habe sich um eine „Willensentscheidung“ gehandelt, die „maximale Ausnutzung dessen, was möglich gewesen ist“, so Striegel. „Sie zeigen mit dem Finger auf andere; was Sie betreiben, ist Wählerverdummung ohne Sinn und Verstand.“ Der AfD komme im Jahr 2017 der höchste Betrag an Fraktionszulagen zu, nämlich 1,78 Millionen Euro.

Die Fraktion von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN zahle seit ihrem Antritt im Landtag 2011 Geld an nur zwei Fraktionsmitglieder, so Striegel. In den ersten neun Monaten seien seinerzeit gar keine Gelder gezahlt worden. Das Prinzip der Fraktionskostenzuschüsse habe sich dem Grunde nach bewährt, auch die Prüfung durch den Landesrechnungshof sei eine lange und gute Praxis. Es bestehe wenig Änderungsbedarf, so der Grünen-Abgeordnete abschließend. Anstatt leere Worthülsen zu verbreiten, forderte Striegel die AfD-Fraktion auf: „Geben Sie alles zurück, was Ihnen nach Ihren eigenen Maßstäben nicht zusteht!“

Halbwahrheiten und Unwahrheiten

Rüdiger Erben (SPD) kritisierte die „übliche AfD-Masche“: Es werde etwas hinausposaunt, dann werde stückchenweise zurückgerudert, um anschließend zu behaupten, es wäre doch das Gegenteil gewesen. „Sie versuchen, mit Halbwahrheiten und Unwahrheiten eine Welle loszutreten, um das politische System in Misskredit zu bringen“, sagte Erben in Richtung AfD. Die Fraktion habe nur suggeriert, dass sie das Geld dem Steuerzahler zurückzahlen würde, das sei der eigentliche Skandal.

Die SPD gehe mit den Funktionszulagen transparent um, betonte Erben. Sie seien ein legitimer Ausgleich für mehr Verantwortung und den Zuwachs von Pflichten für die betroffenen Abgeordneten. „Sie eignen sich nicht zur politischen Skandalisierung.“ Die von den Fraktionen getätigten Rücklagen würden aus Verantwortung gegenüber den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern angelegt, auch hier würden die gesetzlichen Regelungen eingehalten.

Am Ende der Debatte wurden keine Beschlüsse gefasst.