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Plenarsitzung

Über Luther, Jagdhunde und die „Wipperliese“

„Jeder hat das Recht, sich einzeln oder in Gemeinschaft mit ande­ren schriftlich mit Bitten und Be­schwerden an den Landtag, die Vertre­tungen des Volkes in den Kommunen und an die zuständigen Stellen zu wen­den“, heißt es im Artikel 19 der Verfas­sung des Landes Sachsen-Anhalt. Von diesem Petitionsrecht machen zahlrei­che Bürger Gebrauch. Der Petitionsaus­schuss des Landtags erstattet darüber jährlich einen schriftlichen Bericht. Über den Berichtszeitraum 1. Dezember 2014 bis zum 30. November 2015 informierte der Ausschuss den Landtag auf dessen Sitzung am 1. September.

Insgesamt wurden in dieser Zeit 403 Bürgerbegehren registriert, die alle Bereiche des Lebens umfassen. Hiervon wurden 316 Vorgänge als Petitionen und 74 als Eingaben im Sinne der Grundsätze des Petitionsausschusses über die Behandlung von Bitten und Beschwerden bearbeitet. 13 Bürgerbegehren wurden an die Volksvertretung eines anderen zuständigen Bundeslandes beziehungsweise an den Deutschen Bundestag weitergeleitet.

Jedem ist es erlaubt, sich mit einer Petition an den Landtag zu wenden. Foto: Landtag

In 17 Sitzungen beriet der Petitions­ausschuss über 388 Petitionen. Mit 22 Prozent war im Sachgebiet Inneres der höchste Eingang von Bitten und Be­schwerden zu verzeichnen, gefolgt von dem Sachgebiet Wohnungswesen, Städ­tebau und Verkehr mit 15 Prozent. Der geringste Eingang war im Sachgebiet Landtag mit 0,3 Prozent und im Sach­gebiet Wissenschaft mit 0,9 Prozent zu verzeichnen.

Viele Petenten haben Sammelpetitionen eingereicht. Dabei handelt es sich um Unterschriftensammlungen mit demsel­ben Anliegen. 16 Sammelpetitionen mit 14 254 Unterschriften gingen ein. The­men waren die Überdüngung mit Gülle, grundgesetzliche Alimentationspflicht, Preiserhöhung durch Wechsel des Trinkwasserversorgers und die Verhinderung der Schließung des Instituts für Psycho­logie an der Uni in Halle.

Gute Arbeit der Verwaltungsbehörden

Rund 30 Anliegen konnten im Sinne der Petenten abgeschlossen werden, sei es, dass behördliches Handeln korri­giert oder dass ein Kompromiss gefun­den wurde. In der überwiegenden Zahl der Fälle war das Verwaltungshandeln der Behörden nicht zu beanstanden oder ein Tätigwerden im Sinne der Pe­tenten nicht möglich. Dies spreche für die überwiegend gute Qualität der Arbeit der Verwaltungsbehörden, heißt es im Bericht des Ausschusses. Hier einige Beispiele für Petitionen:

Eine 63-jährige Hartz-IV-Empfängerin beklagte sich, weil ihr zuständiges Jobcenter für sie die vorgezogene Alters­rente (mit Abstrichen) beantragt hatte, nachdem sie selbst dieser Aufforderung nicht nachgekommen war. Der Aus­schuss ging der Sache nach und stell­te fest, dass die Handlungsweise des Jobcenters rechtens war und lehnte das Anliegen der Petentin ab.

Ein Berufsschüler wollte von der Berufs­ausbildungshilfe zusätzliches Geld für die Anmietung einer Wohnung haben, weil er des täglichen Pendelns überdrüs­sig war. Auch hier erging ein abschlägi­ger Bescheid, denn der Ausschuss fand heraus, dass die Gesamtwegezeit von täglich drei Stunden nicht überschritten wurde und das Fahren zwischen jetzi­gem Wohnort und Schule zumutbar sei.

Lutherstätten als Welterbe

Unterstützung durch den Petitionsausschuss fand dagegen die Bitte eines Mannes, der für die Anerkennung der Lutherstätten in Mansfeld als UNESCO-Welterbe warb. Seit 1996 zählen die Lu­therstätten in Wittenberg und Eisleben zum Weltkulturerbe. In der Lutherstadt Mansfeld befinden sich das Lutherelternhaus und die Stadtkirche St. Georg, in der Martin Luther Messdiener gewesen sein soll. „Die Lutherstätten in Mansfeld haben nach Auffassung der Fachleute eine vergleichbar hohe kul­turgeschichtliche Bedeutung wie die Lutherstätten in Wittenberg und Eisleben“, heißt es in der Petition. Ausschussmit­glieder besprachen die Angelegenheit mit der Landesregierung, mit dem Ergeb­nis, dass das Land Sachsen-Anhalt bei der UNESCO die Erweiterung des Welt­kulturerbes „Luthergedenkstätten“ um das Elternhaus und die Kirche in Mans­feld beantragen wird. Eine Entscheidung der UNESCO wird 2017 erwartet.

Zufrieden mit der Erledigung seiner Peti­tion wird auch ein Petent sein, der eine Novellierung des Hundegesetzes ge­fordert hat. Er verlangte die Aufnahme einer Ausnahmeregelung bei der Ein­stufung von ausgebildeten Jagdhunden, die nicht mehr unter den gefährlichen Hunderassen geführt werden sollten. Mit der Änderung des Hundegesetzes hat der Landtag am 14. Oktober 2015 dieser Bitte entsprochen, nachdem sich auch der Petitionsausschuss für diese Regelung eingesetzt hatte.

Jährliche Schießprüfung keine Auflage

Einen abschlägigen Bescheid erhielt dagegen ein anderer Jäger, der eine jährliche Schießprüfung für Inhaber von Jagdscheinen einführen wollte. Durch regelmäßige Schießübungen sollte die Quälerei von Tieren vermieden werden. Das Gebot, dem Wild unnötige Qualen zu ersparen, stehe an oberste Stelle bei der Ausübung der Jagd, stellte der Ausschuss fest. Jeder Jäger müsse sich dem freiwillig verpflichtet fühlen. Weitere rechtliche Auflagen für den Jagdschein seien nicht zielführend und würden nur den Verwaltungs- und Kos­tenaufwand erhöhen.

Mehr als 900 Unterschriften trug eine Sammelpetition zum Erhalt der belieb­ten „Wipperliese“, einer Eisenbahnlinie zwischen Klostermansfeld und Wippra, die aus wirtschaftlichen Gründen durch einen Busverkehr ersetzt werden soll. Nach ausführlichen Recherchen konnte mit Hilfe des Petitionsausschusses ver­einbart werden, dass zunächst für ein Jahr ein Gelegenheitsverkehr auf der Strecke eingerichtet wird. Für die weite­re Zukunft soll durch den Landkreis ein touristisches Konzept zum Erhalt der „Wipperliese“ erarbeitet werden.

Zum aktuellen Tätigkeitsbericht des Petitionsausschusses (PDF)