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Plenarsitzung

Georgien ist auf dem Weg zu Europa

Der georgische Parlamentspräsident David Usupashvili hat am Freitag, 10. Juni, gemeinsam mit einer hochrangigen Delegation seines Landes den Landtag von Sachsen-Anhalt besucht. Usupashvilli ist das georgische Pendant zu Bundestagspräsident Norbert Lammert, auf dessen Einladung er zu einem mehrtägigen Besuch nach Berlin gekommen war. Einen Tag verbrachte die georgische Delegation in Magdeburg. Landtagspräsident Hardy Peter Güssau empfing den georgischen Parlamentspräsidenten mit allen protokollarischen Ehren.

Bei einem Arbeitsessen im Herrenkrug auf Einladung von Landtagspräsident Hardy Peter Güssau hatten Usupashvili und seine Parlamentskollegen aus Tiflis Gelegenheit, mit Abgeordneten aller Landtagsfraktionen ins Gespräch zu kommen. Themen waren dabei unter anderem eine engere Zusammenarbeit beider Länder im Bildungsbereich, die anstehenden Parlamentswahlen in Georgien im Herbst 2016 und die noch offene Frage der Visafreiheit zwischen der EU und Georgien.

Offene Frage: Visafreiheit für Georgier

Parlamentspräsident David Usupashvili sagte gegenüber georgischen Medien, er hege die Hoffnung, dass der Prozess um die Visafreiheit zu einem guten Ende komme und dass Deutschland ein verlässlicher Partner und Freund sei. Selbst wenn beide Länder manchmal in unterschiedlichem Tempo vorgingen, seien sich Deutschland und Georgien im Ziel jedoch einig. Alle Seiten hätten zudem die Notwendigkeit erkannt, den Prozess noch vor den Parlamentswahlen im Oktober zu einem Ende zu bringen.

  • Wer ist Parlamentspräsident David Usupashvili?

    David Usupashvili wurde 1968 geboren, ist studierter Rechtsanwalt und seit 2005 Vorsitzender der Republikanischen Partei Georgiens. Im Oktober 2012 wurde er zum georgischen Parlamentspräsidenten gewählt. Neben einem Abschluss der Staatlichen Universität Tiflis hat er 1999 einen Magister an der Duke University in North Carolina im Fach Internationale Entwicklungspolitik erworben.

    Usupashvili war von 1993 bis 1995 Rechtsberater des Georgischen Staatsrates und während dieser Zeit am Entwurf der georgischen Verfassung beteiligt. 1994 wurde er Mitbegründer und Gründungsvorsitzender der Vereinigung junger Rechtsanwälte Georgiens. Diese setzt sich als zivilgesellschaftliche Organisation dafür ein, Menschenrechte und Rechtsstaatlichkeit in Georgien durchzusetzen. 2003 war der heutige Parlamentspräsident aktiv an der Rosenrevolution beteiligt, die zum Rücktritt des damaligen Präsidenten Eduard Schewardnadse geführt hatte. Usupashvili ist verheiratet und hat zwei Kinder.

  • Warum hat Georgien so gute Beziehungen zu Deutschland?

    Georgien blickt auf lange und gute Beziehungen mit Deutschland zurück. So war  Deutschland das erste Land der Europäischen Gemeinschaft, das Georgien nach der Unabhängigkeit 1991 völkerrechtlich anerkannte und 1992 diplomatische Beziehungen aufnahm. Die allerersten Kontakte liegen jedoch schon fast 200 Jahre zurück, als 1817 schwäbische Bauern auf Einladung des Zaren nach Georgien auswanderten. Daher wollen beide Staaten im nächsten Jahr nicht nur das 25-jährige Jubiläum der Wiederaufnahme diplomatischer Beziehungen feiern, sondern auch auf diesen „Erstkontakt“ zurückblicken.

    Für viele Deutsche ist Georgien eng verbunden mit dem früheren sowjetischen Außenminister und späteren Präsidenten Georgiens Eduard Schewardnadse, der entscheidenden Anteil an der Wiedervereinigung beider deutscher Staaten hatte. Im Gegenzug genießt Deutschland seit Jahren bei vielen Georgiern hohes Ansehen und Sympathie. So haben beispielsweise viele Juristen in Deutschland studiert und sind danach in ihre Heimat zurückgekehrt. Ein gutes Beispiel dafür ist der georgische Botschafter in Deutschland, S. E. Lado Chanturia.

    Der georgische Botschafter in Deutschland, Lado Chanturia, betonte kürzlich, die Beziehungen zwischen Deutschland und Georgien seien heute so gut und eng wie noch nie. Jüngste Umfragen belegten, dass sich mehr als 85 Prozent aller Georgier für eine Anbindung ihres Landes an Europa aussprechen.

  • Wie ist Georgiens Verhältnis zu Russland?

    Auch wenn wir nicht täglich in den Nachrichten davon hören: Georgien befindet sich quasi in einem anhaltenden, wenn auch eingefrorenen Konflikt mit seinem Nachbarn Russland. Seit dem plötzlichen Fünftagekrieg im August 2008 ist etwa ein Fünftel des georgischen Gebiets besetzt. Die Besetzung von Abchasien und Süd-Ossetien wird von Georgien als deutliche In-Frage-Stellung ihrer staatlichen Souveränität empfunden. Moskau hatte nach dem Krieg beide abtrünnigen Regionen als unabhängige Staaten anerkannt und eigene russlandfreundliche Regierungen eingesetzt.

    Die derzeitige Regierung Georgiens hat sich in den vergangenen Jahren um eine Verbesserung der Beziehungen zu Russland bemüht. So wurde beispielsweise ausgehandelt, dass wieder georgische Produkte nach Russland exportiert werden können. Gleichzeitig bekräftigte die Regierung jedoch, dass sie an der territorialen Integrität Georgiens festhalte. Der EU kommt eine wichtige Rolle bei der Konfliktlösung zu, unter anderem durch die EU-Beobachtermission und die EU-geführten Genfer Gespräche.

Besuch im Hegelgymnasium

Im Rahmen des Aufenthalts in Magdeburg besuchte die georgische Delegation auch das Hegelgymnasium und kam dort mit Schülern der 11. Klassen ins Gespräch. Dabei ging es insbesondere um den Wandel Georgiens von einem postkommunistischen Staat hin zu einer modernen Demokratie.

Der georgische Parlamentspräsident David Usupashvili sagte: „In einer globalisierten Welt kann und darf man nicht mehr losgelöst von anderen leben. Wir können und sollten nicht so tun, als ob wir nicht merken, dass weltweit Millionen Menschen unter Diktaturen leiden und hungern.“ Daher sei es wichtig, dass sich Georgien und Deutschland gemeinsam für eine bessere Welt einsetzten, so Usupashvili weiter. Als wichtigen Baustein sieht er dabei die Bildung der jungen Generationen und den Austausch von Schülern und Studenten. Er würde sich daher freuen, wenn der eine oder andere Schüler sich im Nachhinein mit Georgien auseinandersetzen oder als Tourist oder Austauschstudent das Land besuchen würde.

Zusammenarbeit in Bildung und Wirtschaft geplant

Ziemlich konkret sind die Überlegungen Georgiens bereits im Bereich der dualen Ausbildung. Das Land möchte zukünftig das deutsche Ausbildungssystem übernehmen. In ersten Pilotprojekten könnten Auszubildende aus Georgien in Kooperation mit der sachsen-anhaltischen Handwerkskammer ausgebildet werden.

Außerdem schlug der georgische Parlamentspräsident vor, einen Lehrstuhl für Georgienwissenschaften an einer Universität – eventuell in Halle – einzurichten, um so einen regelmäßigen Studentenaustausch zu ermöglichen. Auf der nächsten Grünen Woche in Berlin ist darüber hinaus eine Zusammenarbeit mit der Ernährungsgüterwirtschaft Sachsen-Anhalts angedacht, um Handel mit und Investitionen in Georgien zu besprechen.

Karte von Georgien mit den de facto unabhängigen Regionen Abchasien (grün) und Süd-Ossetien (magenta). Quelle: Wikimedia Commons, Originalkarte United Nations Cartographic Section

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