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Plenarsitzung

Die Slowakei und die Ratspräsidentschaft

Die Slowakei hat im Zeitraum vom 1. Juli bis 31. Dezember 2016 die Präsidentschaft des Europäischen Rates inne. Seit einigen Jahren ist es parlamentarischer Usus, dass ein Vertreter des Ratspräsidenten im Ausschuss für Bundes- und Europaangelegenheiten sowie Medien des Landtags von Sachsen-Anhalt über die Ziele des ratsführenden EU-Mitgliedsstaats berichtet.

Diesem Ansinnen ist der slowakische Botschafter in Deutschland, S. E. Peter Lizak, am Freitag, 21. Oktober 2016, nachgekommen. Nach einem kurzen Diensttreffen mit Landtagspräsidentin Gabriele Brakebusch präsentierte Lizak das Programm der slowakischen EU-Ratspräsidentschaft und stellte sich anschließend den Fragen und Anregungen der Ausschussmitglieder.

Der slowakische Botschafter in Deutschland, S. E. Peter Lizak (r.), wurde von Landtagspräsidentin Gabriele Brakebusch und dem Vorsitzenden des EU-Ausschusses, Ralf Geisthardt, im Landtag begrüßt. Foto: Stefan Müller

Ein hartes Arbeiten für alle EU-Mitgliedstaaten hatte sich die Slowakei zu Beginn ihrer Ratspräsidentschaft auf die Fahnen geschrieben. Energie, Digitalmarkt, Arbeitsmarkt und Migration – dies waren die Bereiche, in denen sie sich besonders engagieren wollte. Nun, in der Mitte der Präsidentschaftszeit angekommen, wagte Peter Lizak ein erstes Resümee. Dass dies anders ausfiel als seinerzeit erwartet, hat vor allem zwei Gründe: Brexit und Migration.

Zwei unerwartete Schwerpunkte

Beide Ereignisse seien in diesem Ausmaß nicht abzusehen gewesen, räumte Lizak ein. Die Entscheidung über den tatsächlichen Austritt der Briten aus der Europäischen Union sei sehr überraschend gekommen. Jetzt schon gelte es, die Vorbereitungen für den Vollzug des Austritts zu schaffen. „Es wird am Ende eine Lose-lose-Situation geben“, bedauerte Lizak. Sowohl die Briten als auch die EU würden geschwächt aus diesem Prozess hervorgehen. „Am besten wäre es, man würde am Ende der Austrittsverhandlungen zu dem Schluss kommen, dass Großbritannien doch in der EU bleibt – aber das ist wohl nicht sehr realistisch.“

Als Mitglied des Schengen-Raums ist es die Verpflichtung der Slowakei, die europäischen Außengrenzen zu schützen. Die große Zahl von Flüchtlingen hat das Land vor eine Zerreißprobe gestellt: Grenzen sichern versus Menschen schützen. Ein Gegeneinander-Aufwiegen sei nicht möglich gewesen.

Lizak betonte, dass sich die Slowakei für eine Veränderung des Asylsystems für Europa einsetze, bei dem die Mitgliedsstaaten die Leistungen und Unterstützungen einbringen könnten, über die sie verfügten. Flüchtlinge in Rettungsbooten aber noch auf dem Mittelmeer abzufangen und gleich wieder an den Ort zurückzubringen, woher sie kamen, sei rein menschlich wie im Übrigen auch völkerrechtlich nicht möglich.

Weitere Ziele während der EU-Ratspräsidentschaft

Die Slowakei setzt sich besonders in ihrer Präsidentschaftszeit für eine Verbesserung des digitalen Binnenmarktes ein. Man müsse hier zu einer gesamteuropäischen Lösung kommen, um gegenüber Nordamerika und China wettbewerbsfähig zu bleiben. Ein erster Erfolg sei die beschlossene Abschaffung der Roaming-Gebühren in der EU.

Des Weiteren mache sich die Slowakei für die Energie-, Wirtschafts- und Währungsunion der EU stark, so Peter Lizak weiter. Die großen Preisunterschiede bei den Energieanbietern seien einzudämmen. Hinsichtlich der Hilfen und Sanktionen gegenüber finanzschwachen Mitgliedsländern sollten strukturelle Maßnahmen umgesetzt werden, damit die finanziellen Hilfen auch dort ankämen, wofür sie vorgesehen seien. Darüber hinaus müsse sich damit auseinandergesetzt werden, dass dann und wann regionale Interesseren gegen die der gesamten Union ausgespielt würden.

Dies sei zum Beispiel bei CETA und TTIP der Fall. „Hier wurden schon Fragen und mögliche Antworten diskutiert, die nie auf der Agenda standen“, erklärte Lizak. „Dadurch sind wir schnell in eine Defensive geraten, aus der wir nicht mehr so schnell herausgekommen sind.“ Dennoch hält der Botschafter die Umsetzung der Freihandelsabkommen weiterhin für möglich und nutzbringend. Deutschland habe im Übrigen, so Lizak weiter, über 30 solcher Freihandelsabkommen mit anderen Ländern. Bisher seien diese – wenn überhaupt – nicht mit so viel Skepsis wahrgenommen worden wie die beiden jetzt verhandelten.

„Wenn wir innerhalb der EU auf Fragen stoßen, müssen wir weiter miteinander sprechen. Nur so kann die Gemeinschaft funktionieren“, konstatierte der Botschafter abschließend.