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Plenarsitzung

Unlauterer Einfluss auf Radiosendungen?

  • Kein normales journalistisches Format, wenn vorher Geld gezahlt wurde?!
  • Hätte der Sender ohne Bezahlung überhaupt eine Sendung gemacht?
  • Landesmedienanstalt soll Vorfall untersuchen und bewerten

Auf Antrag der Fraktion von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN fand am Freitagmorgen, 18. September, eine Aktuelle Debatte zum Thema „Aus Steuergeldern finanzierte Sendungen von Ministerinnen und Ministern bei Radio SAW“ statt. Nach Berichten der Volksstimme sollen aus dem Finanzministerium 10 000 Euro für eine zweistündige Sendung zum Thema STARK III gezahlt worden sein. Auch Sozialminister Bischoff und Justizministerin Kolb sollen für Radiosendungen, in denen sie selbst zu Wort kamen, bezahlt haben.

Grenzen von Politik und Journalismus verschwimmen

Sebastian Striegel (Grüne) warf der Landesregierung durch ihr leichtsinniges Verhalten einen maximalen Schaden an Demokratie und am Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger vor.

In den nun von der Landesmedienanstalt zu prüfenden Sendungen sei nicht erkennbar gewesen, dass es sich nicht um ein unabhängiges Redaktionsprodukt, sondern um eine „Dauerwerbesendung“ gehandelt habe. Die Landesregierung solle zwar Öffentlichkeitsarbeit leisten können, man müsse sie nur als solche auch erkennen können, forderte Striegel. Die beteiligten Ministerien hätten auf die Themensetzung und die Berücksichtigung von Gesprächspartnern hingewirkt.

Es habe in den Sendungen kein Austausch von Argumenten, keine Kritik stattgefunden. Bei den betroffenen Sendungen bleibe es aber nicht, monierte Striegel, es gebe noch andere fragwürdige personelle Verknüpfungen zwischen Radio SAW, dem Finanzministerium und dem staatlich anerkannten Glücksspielwesen im Land. Diese seien dergestalt, dass die Grenzen von Journalismus und Politik verschwömmen. Die Transparenzverletzung werde schlichtweg als normal erachtet, so der Grünen-Politiker. Striegel forderte Antworten, ob es weitere Sendungen, auch auf anderen Kanälen gegeben habe.

Radiosendung Teil der Öffentlichkeitsarbeit

Der Abgeordnete Striegel habe Verschwörungstheorien entwickelt, ohne die Sachverhalte ausreichend recherchiert zu haben, kritisierte Justizministerin Prof. Dr. Angela Kolb. Für die von den Grünen monierten Radiospots sei gewiss Steuergeld geflossen, räumte Kolb ein, aber eben Geld, das der Landtag für diesen Zweck zur Verfügung gestellt habe. Es sei die Aufgabe der Regierung, über ihre Arbeit öffentlich zu informieren, also Öffentlichkeitsarbeit zu leisten, um – beispielsweise zum Thema Opferschutz – die Bürgerinnen und Bürger zu informieren und zu sensibilisieren.

„Das war der Auftrag, den Sie mir erteilt haben, diesen Auftrag setzen wir um“, erklärte Kolb. „Bezahlt wurde für die Werbespots im Vorfeld der Sendung, nicht für die Sendung selbst.“ Opferschutz lasse sich nicht in 1:30 min erklären, daher sei sie dankbar für die Sendezeit. Bei der zweistündigen thematischen Sendung, bei denen die Zuhörer ihre Fragen stellen konnten und Fachleute eingebunden waren, sei durchaus erkenntlich gewesen, dass das Ministerium für Justiz und Gleichstellung eingebunden gewesen sei, für die inhaltliche Gestaltung sei allein das Redaktionsteam des Senders verantwortlich gewesen, so Kolb.

„Landesregierung hat sich rechtmäßig verhalten“

Laut Grundgesetz soll sich jede Bürgerin und jeder Bürger frei und unabhängig eine eigene Meinung bilden können, erklärte Petra Grimm-Benne (SPD). Um dies zu ermöglichen, sollen Werbebeiträge als solche erkennbar gestaltet sein. Die Landesmedienanstalt überwache derlei Sachverhalte, sollte ein Verstoß vorliegen, wird das geahndet. Bei den SAW-Radiosendungen seien Themen zur Sprache gekommen, die sonst kaum in irgendeiner Form öffentlich besprochen würden. An der Art der Werbung für diese Sendungen konnte Grimm-Benne im Gegensatz zu den Grünen keine Beanstandungen vorbringen. Ob man nun eine Broschüre, einen Flyer, eine Anzeige oder eine Beilage oder stattdessen einen Radiospot produziere, sei unerheblich. Dass das Ministerium das Thema der Sendung gesetzt habe, sei im Rahmen der Öffentlichkeitsarbeit verständlich. „Die Landesregierung hat sich rechtmäßig verhalten.“

Medienlandschaft ist kein Selbstbedienungsladen

„Natürlich wird bestritten, dass es sich bei der Sendung um ein gekauftes Auftragswerk handle“, sagte Stefan Gebhardt (DIE LINKE) und machte deutlich, dass die Indizien deutlich dafür sprächen, dass die Landesregierung Sendezeit bei Radio SAW gekauft und auf Sendungsinhalte Einfluss genommen habe. Laut Sender sei das Format dadurch gekennzeichnet, dass auch kritische Stimmen zu Wort kommen, doch tatsächlich sei nicht ein halbes kritisches Wort zu vernehmen gewesen. Allein Profiteure des Programms STARK III (um das es in einer Sendung ging) seien als Gäste zu Wort gekommen.

Allein der Titel der Sendung „Stark III – ein starkes Stück für Sachsen-Anhalt“ mache klar, dass es sich um eine unkritische, unreflektierte Sendung gehandelt habe. „Unabhängig und sachlich? Das geht nicht, wenn dafür bezahlt und der Interviewpartner diktiert wird“, kritisierte Gebhardt. Die Sendung sei nicht als gesponsert gekennzeichnet gewesen. Der Linken-Politiker zeigte sich jedoch überzeugt, dass die Landesmedienanstalt ihren Prüfauftrag wahrnehmen werde. Die Rundfunkfreiheit sei ein hohes Gut, die journalistische Unabhängigkeit müsse gewahrt werden, sagte Gebhardt: „Die Medienlandschaft ist kein Selbstbedienungsladen, in dem man mit Steuergeldern Rundfunkzeiten kaufen kann.“

Keine Vorverurteilungen

Es sei wichtig und richtig, dass die Medien als „vierte Macht“ agierten und unabhängig recherchierten, erklärte Markus Kurze (CDU). Man stehe jetzt am Anfang einer Prüfung, bei der schon zu schnell Bewertungen abgegeben worden seien. Radio SAW genieße eine hohe Akzeptanz im Land, es sei der meistgehörter Sender in Sachsen-Anhalt, erinnerte Kurze. Von der angestoßenen Debatte seien alle Mitarbeiter/innen negativ betroffen. Richtig sei, dass 10 000 Euro von der Investitionsbank an den Sender geflossen seien. Aber gesponserte Sendungen seien zulässig, wenn zu Beginn und am Ende darauf hingewiesen werde. Zudem dürfe die redaktionelle Verantwortung nicht beeinflusst werden; Radio SAW erklärte, dies zu keinem Zeitpunkt zugelassen zu haben. Die Landesmedienanstalt müsse nun klären, ob von beiden Seiten richtig gehandelt worden sei. „Das begrüßen wir ausdrücklich, Vorverurteilungen gibt es von uns nicht“, konstatierte Kurze abschließend.

Beschlüsse wurden am Ende der Aktuellen Debatte nicht gefasst.