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Plenarsitzung

Haseloff: „Unser Land ist auf gutem Weg“

25 Jahre nach der Wende ist Sachsen-Anhalt auf einem guten Weg – so die Bilanz von Ministerpräsident Dr. Reiner Haseloff. In seiner Regierungserklärung wagte er auch einen Blick nach vorn. Im Anschluss erläuterten die Fraktionsvorsitzenden ihre Visionen für Sachsen-Anhalt.

Ministerpräsident Haseloff versicherte in seiner Regierungserklärung, Fremdenhass und Rassismus entschlossen zu bekämpfen. Das Foto zeigt ihn bei der Jubiläumsveranstaltung 10 Jahre Netzwerk für Demokratie und Toleranz Mitte September 2015 in Magdeburg. Foto: Stefanie Böhme

Haseloff zieht positive Bilanz

Lebensstandard und Wirtschaftsleistung hätten sich in den vergangenen 25 Jahren gut entwickelt, das Land habe unter schwierigen Bedingungen viel erreicht – so lautete die positive Bilanz von Ministerpräsident Dr. Reiner Haseloff: „Das Land hat seine zweite Chance glücklich genutzt!“ Die schweren Ausgangsbedingungen 1989/90 hätten in den Biographien der Bürger zu großen Brüchen geführt. Trotz aller Probleme sei der „Sprung von Marx zu Markt“ gelungen.

Das Bruttoinlandsprodukt sei deutlich gestiegen, die Arbeitslosenzahl ebenso deutlich gesunken. Die Innovationskraft von kleineren und mittleren Unternehmen sei noch zu stärken. Außerdem habe sich das Land zu einem attraktiven Hochschulstandort entwickelt und sei bundesweiter Vorreiter im Bereich der regenerativen Energien.

Zur aktuellen Flüchtlingsdiskussion erklärte Haseloff: „Wir müssen vernünftig geordnete Zuwanderung als Chance begreifen“ und er versicherte, jede Form von Fremdenhass und Rassismus entschlossen zu bekämpfen. Sein Ziel: „Lasst uns in einer Gesellschaft leben, in der man ohne Angst verschieden sein kann und in der es auch normal ist, verschieden zu sein.“ Gleichzeitig betonte er, dass sich Zuwanderer zum deutschen Grundgesetz und unseren gesellschaftlichen Werten bekennen müssten.

Grundsätzlich sieht Haseloff Sachsen-Anhalt „auf einem guten Weg“. In puncto Haushalt will er am altbekannten Dreiklang „Konsolidieren, Vorsorgen und Investieren“ festhalten. „Für Sachsen-Anhalt ist der 3. Oktober eine Wiedergeburt gewesen, nach weiteren 25 Jahren wollen wir ein Zugpferd unter den deutschen Ländern sein.“

Regierung sendet pessimistische Signale

Oppositionsführer Wulf Gallert (DIE LINKE) lobte das gemeinsame politische Gestalten während der letzten 25 Jahre und das Engagement der Bürger/innen. Darum sei der 3. Oktober zu Recht ein Feiertag. Deutliche Kritik übte der Fraktionschef der Linken aber an der seit zehn Jahren gleichbleibenden „Wachstums- und Entwicklungsschwäche“ des Landes. Das liege nicht nur an fehlenden Großunternehmen, sondern auch daran, dass junge gutausgebildete Menschen in ihrem Heimatland noch immer keine wirtschaftliche Perspektive sähen und abwandern. Die Regierung hätte in den letzten Jahren ein pessimistisches Signal ausgestrahlt, weil sie immer nur übers Kürzen, Sparen und Streichen debattiert hätte.

Gallert kritisierte zudem den Umgang der Landesregierung mit den Kommunen. Viele Entscheidungen würden nicht mehr in den Kommunen selbst, sondern am Kabinettstisch getroffen. Seiner Ansicht nach habe Sachsen-Anhalt jede Menge Potenzial und damit auch Zukunft, wenn endlich die richtigen Weichen gestellt würden.

Zur Flüchtlingsdebatte sagte Gallert: „Wenn Menschen vom Tode und Elend bedroht sind, dann sind wir bereit, sie aufzunehmen und das Land gemeinsam zu entwickeln.“ Gerade aus der historischen Verantwortung heraus, lehne er eine neue Mauer ab und wolle eine solche Grenze nie wieder in seinem Leben legitimieren. Es gebe derzeit nur zwei klare Standpunkte: „Angst, Abschottung, Hass und Gewalt“ oder „Weltoffenheit, Solidarität und Internationalität“ – hier müsse man sich positionieren.

Budde blickt 25 Jahre voraus

Die Fraktionsvorsitzende der SPD, Katrin Budde, erinnerte an die Starthemmnisse und den schwierigen wirtschaftlichen Strukturwandel zu Beginn der 1990er Jahre. Trotzdem habe sich Sachsen-Anhalt in den letzten 25 Jahren gefunden und stehe heute nicht mehr zur Disposition. Kurz nach der Wiedervereinigung seien die Menschen mutige Wege gegangen, dies sollte auch zukünftig versucht werden.

Den 50. Jahrestag des Landes feierte Budde am liebsten mit folgenden Titelzeilen: 2022 – Sachsen-Anhalt startet mit flächendeckendem Ganztagsunterricht ins Schuljahr; 2023 – Die Landeshauptstadt schließt eine Städtepartnerschaft mit dem vom Krieg befreiten Aleppo; 2024 – Sachsen-Anhalt gewinnt fünf Goldmedaillen bei Olympia in Hamburg. Um diese Ziele zu erreichen, brauche es ein professionelles Management – für bessere Löhne und gute Arbeit, den Ausbau der Kitas, die Verbesserung der Lehrerversorgung und den Ausbau der digitalen Infrastruktur. Aber sie sei überzeugt: „Unser Land kann ganz sicher mehr als Frühaufstehen!“

In den nächsten 25 Jahren gebe es in puncto Leiharbeit, Abwanderung, Fachkräftemangel, Investitionsstau an Brücken und Straßen oder der Entwicklung der ländlichen Räume noch viel zu tun. Die Aufgaben seien mit „Realitätssinn und Zuversicht“ anzupacken. Das gelte auch für die aktuelle Diskussion um die Aufnahme von Flüchtlingen. Budde plädierte für klare Regelungen im Zusammenleben (Erlernen der Sprache, Erwerbsmöglichkeiten, Gleichberechtigung von Mann und Frau). Sie sprach sich für einen „geordneten Zuzug“ aus. Sachsen-Anhalt dürfe nicht nur ein „Transitland“ für Flüchtlinge sein, sondern den Mehrwert von Zuwanderung erleben. Ihr Credo lautet daher: „Anständig aufnehmen – schnell entscheiden – bewusst integrieren.“

„Nein“ zu Obergrenzen bei Asyl

Prof. Dr. Claudia Dalbert (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) bestätigte, dass Sachsen-Anhalt in den letzten 25 Jahren viel erreicht habe, „mit Menschen, die gelernt hätten, unter schwierigen Bedingungen gute Ergebnisse zu erzielen“. Gerade aber bei der wirtschaftlichen Entwicklung sieht die Grünen-Politikerin das Land im ostdeutschen Vergleich noch immer auf den hinteren Plätzen. Der Landesregierung gehe es zu sehr ums Verwalten, anstatt mutig nach vorn zu denken. Nach Ansicht der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sei daher ein Aufbruch im Land nötig, der den Menschen das Vertrauen in die Politik wieder zurückgebe.

Ein wichtiger Faktor für eine gute wirtschaftliche Entwicklung sei unter anderem Weltoffenheit. Dabei betonte Dalbert, dass für ihre Fraktion das Asylrecht nicht in Frage gestellt werden dürfe. Jeder, der dies mit Obergrenzen belegen wolle, sollte einen Blick in die Geschichtsbücher werfen. Solange die Fluchtursachen nicht bekämpft seien, müsste Deutschland den Flüchtlingen Asyl gewähren. Angesichts einer schrumpfenden Bevölkerung und Wohnungsleerstand von rund 10 Prozent halte sie die Diskussion um „zu viele Flüchtlinge“ für eine Phantomdebatte.

Zuwanderungsprozess muss gesteuert werden

Die Transformationsprozesse in der Wirtschaft und die Beseitigung von Umweltaltlasten nach der Wende seien schmerzhaft gewesen, und noch immer gebe es wirtschaftliche Herausforderungen, erklärte André Schröder (CDU). Allerdings hätten sich Städte und ganze Landstriche in den letzten 25 Jahren so verändert, dass sie nicht wiederzuerkennen seien. Infrastruktur, Krankenhäuser und Schulen seien teilweise sogar moderner als in den alten Bundesländern. „Es gibt sie, die blühenden Landschaften, auch und gerade in Sachsen-Anhalt.“ Man sollte nicht nur schwarzmalen, sondern auch die vielen und kleinen Wunder beim Namen nennen, so der CDU-Fraktionsvorsitzende weiter. Die Wiedervereinigung sei gelungen, auch wenn der Bekanntheitsgrad des Landes in den alten Bundesländern noch ausbaufähig sei.

Schröder sprach sich für die Steuerung und Begrenzung der Zuwanderung aus. In der jetzigen Situation seien beschleunigte Verfahren, klare Grenzen und Rückführungen nötig. Dies stehe nicht im Widerspruch zur Integration von Menschen mit Bleibeperspektive, sagte Schröder und verwies erneut darauf, dass für seine Fraktion wirtschaftliche Not kein Asylgrund sei. Bei aller Solidarität, die Deutschland in den letzten Monaten bewiesen habe, müsse das Land handlungsfähig bleiben. Dies sei ein schwieriger Prozess ohne einfache Lösungen, die Alternative wäre jedoch, in einen „anarchischen Zustand“ abzugleiten. Es seien die kulturellen und historischen Werte, die eine Gesellschaft zusammenhielten, sie bildeten die Leitkultur und daran wolle seine Fraktion auch in den nächsten 25 Jahren festhalten.

Beschlüsse wurden am Ende der Aussprache zur Regierungserklärung nicht gefasst.