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Plenarsitzung

Grüne: FFH-Richtlinie umsetzen

Nach Recherchen der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN erfüllt Sachsen-Anhalt in 227 von 265 Fällen nicht die Maßgaben der sogenannten Flora-Fauna-Habitat-Richtlinie (FFH-Richtlinie). Durch einen Antrag wollen die Grünen erreichen, dass die Landesregierung auf diesen Missstand reagiert und entsprechende Maßnahmen einleitet, um den Anforderungen gerecht zu werden, um so Strafzahlungen oder die Sperrung von EU-Mitteln zu verhindern.

Vogelbeobachtungen im Biosphärenreservat Mittlere Elbe. Foto: IMG Sachsen-Anhalt

Die FFH-Richtlinie oder Habitatrichtlinie, ist eine Naturschutz-Richtlinie der Europäischen Union. Ziel ist es, wildlebende Arten, deren Lebensräume und die europaweite Vernetzung dieser Lebensräume zu sichern und zu schützen. Die Vernetzung dient der Bewahrung, (Wieder-)herstellung und Entwicklung ökologischer Wechselbeziehungen sowie der Förderung natürlicher Ausbreitungs- und Wiederbesiedlungsprozesse. 

Erhalt der Artenvielfalt in Gefahr

Dietmar Weihrich (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) ärgert sich, dass die Landesregierung die Umsetzung der FFH-Richtlinie in den vergangenen zehn Jahren offenbar ignoriert habe. Wenn es schlecht laufe, dann könnten auf Deutschland Strafzahlungen von rund 11 Millionen Euro zukommen. Allein Sachsen-Anhalt müsste 500 000 Euro Strafe pro Tag zahlen, so der Grünen-Abgeordnete. Außerdem könnten EU-Fördermittel für die Landwirtschaft bereits vorab gesperrt werden. Es handle sich also nicht um Peanuts, sondern ein ernsthaftes Problem.

Die Ausweisung der Schutzgebiete hätte bis 2010 erfolgen müssen. Die EU habe deutlich gemacht, dass sie nicht gewillt sei, Vertragsverletzungen von mehr als zehn Jahren zu akzeptieren. Daher möchte seine Fraktion mit dem Antrag erreichen, dass ein konkreter Aktionsplan vorgelegt wird, wie die Ziele bis 2017 erreicht werden können. Es verstehe sich von selbst, dass die im Aktionsplan genannten Maßnahmen personell und finanziell abgesichert sein müssten, so Weihrich. Bisher gebe es keinerlei konkrete Zwischenziele, nur die Willenserklärung, dass die Umsetzung bis 2018 erfolgen soll. Bisher gebe es keinen Beweis, dass der eingeschlagene Weg zum Erfolg führen werde.

Außerdem argumentierte Weihrich, dass der Landtag auf der bisherigen Grundlage seine Kontrollfunktion nicht wahrnehmen könnte. Bereits in den nächsten Wochen müssten die Weichen gestellt werden, dazu sei dann eventuell auch ein  Nachtragshaushalt nötig, um fehlende finanzielle Mittel bereit zu stellen. Abschließend betonte Weihrich, es gehe um „nichts Geringes als den Erhalt der Artenvielfalt und unsere natürlichen Lebensgrundlagen“. Die Umsetzung der FFH-Richtlinie sei kein Selbstzweck, sondern verfolge ganz handfestes Ziele und deswegen sollten sich alle für den Erhalt der Biodiversität einsetzen.

Minister sieht Land auf einem guten Weg

Der Minister für Landwirtschaft und Umwelt Dr. Hermann Onko Aeikens (CDU) sah dies erwartungsgemäß ganz anders. Er kritisierte, der Antrag der Grünen sorge für eine zusätzliche „Belastung der Verwaltung“. Die Grünen würden bewusst Angst und Panik verbreiten, um sich dann als Retter in der Not zu verkaufen. Dem Abgeordneten Weihrich empfahl er, lieber seriöse Sachpolitik zu  machen. Selbst von den Grünen geführte Umweltministerien anderer Bundesländer seien mit der Umsetzung der Richtlinie in Verzug, argumentierte Aeikens.  

Der Umweltminister verteidigte die bereits erlassene Landesverordnung als zielführend. Die Arbeiten an der Landesverordnung liefen derzeit auf Hochdruck, eine Konzeptänderung würde das angelaufene Verfahren erheblich verzögern. Um die Termine einhalten zu können, sei bereits zusätzliches Personal eingestellt worden, mit dem die Ziele von Natura 2000 erreicht werden sollen. Aeikens zeigts sich überzeugt, dass spätestens bis 2020 alle EU-rechtlichen Anforderungen werden sein. Die Landesregierung sei auf einem guten Weg.

Ralf Bergmann (SPD) zeigte sich von der Rede des Grünen-Abgeordneten Weihrich überrascht. Die Rede sei näher am Landesrechnungshof gewesen als am Umweltministerium. Entfacht wurde ein Sturm im Wasserglas, der nicht nötig sei. Ähnlich wie der Minister argumentierte Bergmann mit bereits erfolgten Maßnahmen; wie der Einstellung neuen zusätzlichen Personals und der Änderung des Naturschutzgesetzes. Jetzt müsse es darum gehen, die Landesverordnung Schritt für Schritt umzusetzen. Darüber hinaus erinnerte Bergmann daran, dass alle FFH-Gebiete ohne FFH-Richtlinien entstanden seien. Er freue sich daher natürlich, „wenn wir administrativ weiter kommen, noch wichtiger ist es aber, dass die Gebiete erhalten werden und der Naturschutz mit Leben erfüllt wird.“

Umweltschutz nur Reserverad

Umweltschutz und Natura 2000 spielten im Umweltministerium eher die Rolle eines Reserverads, zeigte sich André Lüderitz (DIE LINKE) überzeugt. Trotz des Versuches mit der Änderung des Naturschutzgesetzes die FFH-Richtlinien-Umsetzung voranzubringen, sei dies in einem Gesetz nicht händelbar. EU und Bund forderten zu Recht, nicht nur eine Unterschutzstellung, sondern auch Managementplanung sowie Monitoring und Erhaltungsmaßnahmen. Der Linken-Abgeordnete erklärte, das Landesverwaltungsamt könnte ohne Mehraufwand den aktuellen Stand und die Schwerpunktsetzung darstellen. Daher plädierte er dafür, dass die Abgeordneten dem Antrag der Grünen unbedingt zustimmen sollten und damit etwas für die Umwelt tun.

Jürgen Scharf (CDU) erklärte, das Naturschutzgesetz findet nur Akzeptanz, wenn Vorschriften auch von Laien verstanden und als inhaltlich sinnvoll akzeptiert würden. Das Ministerium für Landwirtschaft und Umwelt erarbeite seit 2014 eine eigene Landesverordnung, die vollständige Umsetzung solle bis 2020 erfolgen. Auch den Grünen sei dieser Zeitplan bekannt gewesen, die Debatte halte er daher für etwas aufgesetzt. Zudem seien die rechtlichen Bedenken der Grünen mit einem Gutachten hinreichend entkräftet.

Nach Abstimmung wurde der Antrag der Grünen zur weiteren Diskussion in den Umweltausschuss überwiesen.