Konstantin Pott (FDP):

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Vertreter der Landesregierung! In dieser Woche    

(Unruhe)


Präsident Dr. Gunnar Schellenberger:

Ganz kurz. Es ist eine gewisse Unruhe. Es ist so, als würden hier laufend Bienen durch das Haus schwirren. Aber ich glaube, wir sollten uns ein bisschen konzentrieren. - Danke.


Konstantin Pott (FDP):

In dieser Woche war den Medien zu entnehmen, dass die Unikliniken im Land finanziell in größeren Problemen sind, als das vielleicht der eine oder andere im Blick hat, und Fehlbeträge in Millionenhöhe haben. Ich möchte dazu die Landesregierung fragen, wie sie die aktuelle Situation einschätzt, welche Gründe es für diese Fehlbeträge gibt und was die Landesregierung plant, dagegen zu unternehmen.


Präsident Dr. Gunnar Schellenberger:

Herr Willingmann. 


Prof. Dr. Armin Willingmann (Minister für Wissenschaft, Energie, Klimaschutz und Umwelt):

Herr Präsident! Herr Abg. Pott, darauf antworte ich Ihnen selbstverständlich gern als Vorsitzender des Aufsichtsrates beider Klinika und als eines von drei Mitgliedern der Landesregierung, die im Aufsichtsrat vertreten sind. Herr Kollege Richter ist heute verhindert; Frau Kollegin Grimm-Benne gehört übrigens auch dazu.

Die Entwicklung der Universitätsmedizin und ihre hohen Belastungen sind seit einigen Jahren absehbar, und zwar nicht nur im Land Sachsen-Anhalt, sondern bundesweit. Von den 34 Universitätsmedizinen in Deutschland sind, wenn ich es richtig weiß, 30 defizitär oder hochdefizitär. Es könnte sich also um ein strukturelles Problem handeln, und das tut es auch. Die Universitätsmedizin ist eine extrem teure Medizin, bei der wir sehr, sehr hohe Vorhaltekosten haben, die unabhängig von der konkreten Auslastung aufgebracht werden müssen.

Zur aktuellen Entwicklung. Sie beziehen sich auf einen Beitrag in der „Mitteldeutschen Zeitung“, der in der laufenden Woche erschien und der die beiden vorläufigen Jahresabschlüsse des Jahres 2022 aufgreift mit einem Defizit von rund 45 Millionen € an der Uniklinik in Magdeburg und, ich glaube, von etwa 13 Millionen € an der Universitätsklinik in Halle. Diese sind jeweils in den Aufsichtsräten diskutiert worden. Wir müssen uns nichts vormachen: Es gibt nach Corona einen signifikanten Rückgang der Fallzahlen. Es gibt weniger Behandlungen. Das ist die allererste und die einfachste Erklärung dafür, dass weniger Einnahmen generiert, weniger Erträge erwirtschaftet werden können und damit die Universitätsklinik ins Defizit rutscht oder im Defizit bleibt.

Das Zweite - ich habe es angesprochen - sind die Vorhaltekosten. 

Das Dritte sind strukturelle Besonderheiten. Das erklärt möglicherweise das große Gefälle bei nahezu identischer Größe der beiden Medizinstandorte in Halle und in Magdeburg. Wenn Sie sich einmal den Medizincampus in Magdeburg anschauen, dann sehen Sie sofort, was dort ein unglaublich großer Kostenfaktor ist. Das sind nämlich die Transfers zwischen den verschiedenen Kliniken. Anders als in Kröllwitz in Halle, wo man sich schon vor vielen Jahren für ein Zentralklinikum entschieden hat und nur den vorklinischen Bereich in die Innenstadt ausgelagert hat, ist es eben in Magdeburg wirklich eine Vielzahl von im Übrigen sehr alten Gebäuden, die diesen Klinikstandort ausmachen. Wir müssen dagegen etwas tun. Der Finanzausschuss des Landtages war bereit, etliche Baumaßnahmen zu erlauben, damit auch die Universitätsmedizin in Magdeburg weiter ertüchtigt und erneuert wird und wir dort zu einer größeren Zentralisierung der Aufgaben kommen.

Ich will Ihnen ganz nüchtern sagen, was man betriebswirtschaftlich macht, wenn es so aussieht wie hier. - Dann muss man in der Klinik selbst darauf achten, dass mehr Einnahmen generiert werden. Man muss sich natürlich auch mit anderen vernetzen, also mit Arztpraxen und mit Kliniken. Man muss schauen, wie man an dieser Stelle etwas tun kann. Es muss natürlich geschaut werden, wo man die Kostenlast senken kann. 

Ich will Ihnen aber ehrlich sagen: Wir haben es bei beiden Universitätsmedizinen mit Maximalversorgern zu tun, über die wir sehr froh sind. Denn sie haben uns in der Covid-Krise geholfen. Sie haben in ihrer Kleeblattfunktion dafür gesorgt - sozusagen als Spinne im Netz  , dass mit den Peripheriekrankenhäusern eng zusammengearbeitet werden konnte und dass Lasten gut verteilt werden konnten.

Ich mache noch einmal auf etwas aufmerksam, das häufig übersehen wird: Universitätskrankenhäuser sind nicht große Stadtkliniken, in die man wahlweise hineingehen kann, sondern die Funktion einer Universitätsmedizin ist vor allen Dingen die Behandlung schwerer und schwerster Fälle und insbesondere natürlich auch die Verbindung von universitären Aufgaben, also von medizinischer Forschung, von Therapieentwicklung und von Ausbildung.


Präsident Dr. Gunnar Schellenberger:

Herr Minister.


Prof. Dr. Armin Willingmann (Minister für Wissenschaft, Energie, Klimaschutz und Umwelt): 

Das ist die eigentliche Aufgabe einer Universitätsmedizin. Da ich glaube, dass es hilfreich ist, wenn Sie das einmal gehört haben, danke ich Ihnen jetzt für Ihre Aufmerksamkeit.