Hannes Loth (AfD): 

Sehr geehrte Damen und Herren der Landesregierung! Werter Herr Ministerpräsident! Ich bin neben meinem Mandat hier im Landtag auch im Stadtrat der Stadt Raguhn-Jeßnitz tätig, auch als stellvertretender Stadtratsvorsitzender. Wie jedes Jahr müssen wir uns mit dem Haushalt auseinandersetzen. Die neuen Tarifverhandlungen, die ein großes Plus bei den Beschäftigten erwirkt haben, bedrohen unseren Haushalt stark. Wir haben jedes Jahr ein Haushaltsvolumen von ca. 12 Millionen €. Davon entfällt gut die Hälfte, also 6 Millionen €, auf Personalkosten.

In einem Artikel der „Volksstimme“ - ich glaube, das war gestern  , stand, dass in Tangerhütte mittlerweile eine Stundung der Kreisumlage und Mittel aus dem Ausgleichsstock beantragt wurden. Ich habe die große Befürchtung, dass in diesem Land mehrere Kommunen aufgrund der Tarifabschlüsse vor große Herausforderungen gestellt werden. Welche Lösung hat die Landesregierung, um den Kommunen beizuspringen? Ich gehe davon aus, dass Kredite, Stundungen, Darlehen oder zeitweise Zahlungen aus dem Ausgleichsstock nicht ausreichen werden.


Präsident Dr. Gunnar Schellenberger:

Frau Zieschang möchte gern antworten.


Dr. Tamara Zieschang (Ministerin für Inneres und Sport): 

Herr Abg. Loth, Sie haben ein Thema angesprochen, das die kommunale Familie in der Tat sehr bewegt. Wir haben das auch schon ersten Pressereaktionen der kommunalen Spitzenverbände entnommen. Eine ausführliche Auswertung des Tarifabschlusses muss sicherlich noch im Detail erfolgen. Aber es ist völlig klar: Angesichts dessen, dass es die größte Tarifsteigerung seit dem, glaube ich, Zweiten Weltkrieg ist, kommen erhebliche Kosten auf den Bund, der auch betroffen ist, aber eben auch auf die kommunale Familie zu.

Ich glaube, es wäre jetzt ein bisschen verfrüht, gleich zu sagen, was die Reaktionen darauf sind. Denn die Reaktionen darauf müssen erst einmal in den Kommunen selbst erfolgen. Jede Kommune muss erst einmal selbst bewerten, was der Tarifabschluss im Detail bedeutet. Dann - das will ich sagen - werden wir sicherlich auch das auswerten - wir haben die Finanzstrukturkommission, die regelmäßig tagt  , was uns die Kommunen im Einzelnen widerspiegeln.

Das heißt aber natürlich nicht zwingend - das intendiert Ihre Frage vielleicht auch in gewisser Weise  , dass damit Haushaltskonsolidierungsbemühungen auf kommunaler Ebene gleich ausgesetzt werden oder Ähnliches. Denn wir müssen auch immer in den Blick nehmen - das eine ist der Tarifabschluss  , dass angesichts der Verschuldung einzelner Kommunen die Zinsen gestiegen sind. Das Zinsrisiko wird nicht von heute auf morgen verschwinden, ganz im Gegenteil. Nach einer außerordentlich langen Niedrigzinsphase kommen wir jetzt zu einer Normalisierung. Angesichts der Inflationsrate kann man davon ausgehen, dass die Zinsen hoch bleiben und eventuell noch steigen.

Insofern muss man auch dieses Haushaltsrisiko gerade für hochverschuldete Kommunen mit in den Blick nehmen. Das gilt für das Land ganz genauso. Steigende Zinsen bedeuten eben auch Ausgaben auf der anderen Seite. Das muss alles miteinander in Einklang gebracht werden.


Hannes Loth (AfD): 

Ich habe dazu eine Nachfrage. Meine Kommune hat Schulden in Höhe von 80 000 €. Das ist fast nichts, wenn man das mit anderen Kommunen vergleicht. Deshalb treffen uns die Zinsen in dem Sinne nicht, jedenfalls nicht bei den Altkrediten, bei neuen Investitionen durchaus.

Aufgrund der Tarifsteigerung sind keine Mittel mehr vorhanden, um Investitionen zu tätigen. Wir hatten bei uns im Haushalt eine Investitionspauschale in Höhe von insgesamt 500 000 €. Diese gehen zu einem großen Teil für ein Feuerwehrgerätehaus und einen Kindergarten drauf und vielleicht noch für irgendwelche Fördermittel, die als Eigenanteil beigebracht werden müssen. Andere Projekte und Wünsche von Kommunen - von Städten und Dörfern, die zu uns gehören  , können nicht mehr erfüllt werden. Die gesamten freiwilligen Leistungen werden zusammengestrichen. - Das ist das Erste.

Das Zweite. Plant die Landesregierung eine Erhöhung der FAG-Mittel oder eine Sonderzahlung für Kommunen, um diese neuen Herausforderungen abzufangen?


Dr. Tamara Zieschang (Ministerin für Inneres und Sport): 

Sie haben in Ihrem ersten Teil letztlich schon beschrieben, dass pauschale Lösungen nicht angezeigt sind. Man muss sich die Situation in jeder einzelnen Kommune anschauen. Deswegen gibt es auch eine ganz klare Kaskade von Genehmigungen. Denn genau wie Sie es jetzt beschrieben haben, ist in einer Kommune mit niedriger Verschuldung das Zinsrisiko eben nicht so hoch wie in hochverschuldeten Kommunen.

Genauso ist die Zahl der Beschäftigten in allen Kommunen unterschiedlich. Die Investitionsvorhaben sind unterschiedlich. Insofern ging mein erster Beitrag ganz bewusst in die Richtung: Es muss jetzt erstmal jede einzelne Kommune für sich bewerten, was dieser Tarifabschluss heißt, weil die Situation in jeder einzelnen Kommune sehr, sehr unterschiedlich ist.

Ich wollte aber schon eines als sozusagen allgemeine Bewertung vorwegnehmen: Es kann jetzt nicht sein, dass wir nur, weil es eine Tarifsteigerung gibt, pauschal Bemühungen um eine Haushaltskonsolidierung in den Kommunen ad acta legen, weil auch die Haushaltskonsolidierung ein Wert an sich ist, gerade mit Blick auf die beschriebene Zinsentwicklung.

Insofern ist es vonseiten der Landesregierung verfrüht, schon Schlussfolgerungen zu ziehen. Ich habe Ihnen den Weg beschrieben, der, glaube ich, vernünftig ist. Wir sind an unterschiedlichen Stellen in einem sehr engen Austausch mit den Kommunen, mit der kommunalen Familie. Die Finanzstrukturkommission ist ein Ort, an dem man sich in jedem Fall zu diesen Fragestellungen austauschen wird, kommunalpolitische Gesprächsrunden sind andere.

Insofern: Lassen Sie uns jetzt erstmal die Auswirkungen des Haushaltes auf kommunaler Seite bewerten genauso wie es auf der Bundesseite bewertet wird. Das gibt auch einen gewissen Ausblick auf das, was im Land passiert.