Andreas Silbersack (FDP): 

Vielen Dank. - Die FDP-Fraktion möchte die Regierung befragen, den Wirtschaftsminister, zu der Intel-Reise im Zusammenhang mit der Intel-Ansiedlung. Es geht insbesondere zunächst darum zu wissen, wie die Einschätzung des Wirtschaftsministers Sven Schulze zu der Einstellung der Firma Intel, insbesondere des CEO Pat Gelsinger, zu der Ansiedlung in Sachsen-Anhalt ist und welche Erkenntnisse es durch die Intel-Reise gibt. In diesem Zusammenhang würde uns interessieren, wie der Blick in Kalifornien und Arizona auf Sachsen-Anhalt und Deutschland ist und inwieweit auch ein Zusammenwirken zwischen Universitäten in Sachsen-Anhalt und Kalifornien denkbar wäre.


Präsident Dr. Gunnar Schellenberger:

Herr Minister, Sie haben das Wort.


Sven Schulze (Minister für Wirtschaft, Tourismus, Landwirtschaft und Forsten): 

Sehr geehrter Herr Landtagspräsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Vielen Dank für die Frage. Ich denke, über das Thema der Intel-Reise wird hoffentlich in jeder Landtagsfraktion diskutiert, weil wir diese Reise so aufgebaut haben, dass jede einzelne Fraktion, egal ob regierungstragende Fraktionen oder Oppositionsfraktionen, mit dabei war.

Ich will auf die Fragen gern eingehen. Ich denke, es ist auch in den Medien so herübergebracht worden, dass es für uns außerordentlich positiv und erfreulich war, für die Delegationsteilnehmer, dass uns der CEO Pat Gelsinger dort persönlich empfangen hat. Er hat ca. 30 Minuten mit uns gesprochen im Rahmen eines Besuchs des Intel-Headquarters und hat noch einmal ganz klar, wirklich unmissverständlich - so haben es einzelne Kollegen in den Medien auch schon kommuniziert - gesagt, dass Intel zu diesem Projekt hier in Magdeburg steht. Es gibt kein Wenn und Aber. Man hat ganz klar kommuniziert, Intel wird hierher nach Magdeburg kommen.

Es ist auch mitgeteilt worden, dass es sicherlich die eine oder andere Herausforderung in den nächsten Jahren weiterhin geben wird. Darüber ist intern und auch schon extern diskutiert worden. Das ist auch von Pat Gelsinger angesprochen worden. Die wichtigste Aussage war aber, dass er sagt, wir kommen nach Deutschland und in Deutschland nach Magdeburg in Sachsen-Anhalt. Das war eine ganz klare Aussage.

Der Blick auf Deutschland, speziell auf Sachsen-Anhalt, ist sowohl in San Francisco, im Silicon Valley, als auch in Phoenix, Arizona - ich bin später auch noch in Washington gewesen  , denke ich, extrem positiv. Ich glaube, es hat den einen oder anderen auch überrascht, wie viel man über unser Bundesland wusste. Das hängt einfach damit zusammen, dass man sich natürlich sehr intensiv damit beschäftigt, wo dieser Weltkonzern Intel seine Investitionen tätigt.

Man hat uns mitgeteilt, dass es wirklich eine riesengroße Chance für Sachsen-Anhalt ist, die wir jetzt haben, dass das eine Investition ist, durch die viele Unternehmen, die vielleicht Deutschland und Sachsen-Anhalt noch nicht kannten, uns jetzt als möglichen Investitionsstandort sehen. Es ist also nicht automatisch so, dass jedes Unternehmen, das vielleicht Interesse daran hat, in Europa zu agieren, automatisch auch schon darauf festgelegt ist, wo es das macht. Das ist die große Chance für uns in Sachsen-Anhalt, wenn Unternehmen jetzt ihre Europastrategie aufbauen, weil sie bisher nur in Asien oder in den USA investiert haben, dass wir diese Unternehmen hier nach Magdeburg in Sachsen-Anhalt holen und dass sie von Sachsen-Anhalt aus ihre Europastrategie umsetzen. Das ist das große Ziel, das wir haben sollten. Das ist auch eine Aussage, die uns entsprechend mitgegeben wurde.

Es hat uns weiterhin sehr erfreut, dass man uns in allen Gesprächen, die wir speziell mit Intel geführt haben, mitgeteilt hat, dass man mit der Zusammenarbeit sowohl mit der Landesregierung als auch mit der kommunalen Ebene - wobei sie es nicht so richtig unterscheiden können; für sie ist es immer Sachsen-Anhalt - sehr zufrieden ist, dass man gesagt hat, dass sowohl die Kommunikation als auch die Umsetzung der vereinbarten Meilensteine bisher hervorragend funktioniert hat. Das ist letzten Endes auch ein Lob an uns alle gewesen. Von der Seite her ist das ein wichtiger Punkt, den wir mitteilen können.

Es ist auch gesagt worden, dass man gut mit der Bundesregierung zusammenarbeitet. Sowohl mit der damaligen Bundesregierung unter Leitung von Angela Merkel hat man gut zusammengearbeitet, die noch im Amt war, als diese Entscheidung vorbereitet wurde, als auch mit der aktuellen Bundesregierung gibt es eine gute Zusammenarbeit.

Was die Universitäten angeht bzw. die weitere Zusammenarbeit - wir haben ganz bewusst auch Hochschulen besucht und uns ganz bewusst in diesen Sektor begeben  , besteht, denke ich, eine gute Möglichkeit, vielleicht auch gewisse Partnerschaften anzustreben. Das heißt, es besteht dort auch ein großes Interesse daran. Das Thema Fachkräfte ist dort auch ein großes Thema gewesen. Ich denke, wir könnten beispielsweise von den Erfahrungen profitieren, die in der Hochschullandschaft dort gesammelt wurden, gerade wenn es darum geht, nicht nur für Intel, sondern auch für viele andere Unternehmen Akquise zu betreiben. Ich denke, am Ende des Tages ist das vielleicht auch ein Thema, über das die Abgeordneten, die mit dabei waren, im zuständigen Wissenschaftsausschuss diskutieren könnten. Auch das hatte, glaube ich - ich habe, glaube ich, nur drei Minuten Zeit für die erste Antwort  , einen Mehrwert für uns.


Präsident Dr. Gunnar Schellenberger:

Danke. - Bitte, die erste Nachfrage.


Andreas Silbersack (FDP): 

Ja, den Eindruck hatte ich auch, so wie es dargestellt wurde. 

Ein weiteres konkretes Thema, das uns immer sehr beschäftigt, ist das Thema der Fachkräfte. Es wird eine große Zahl von Fachkräften anvisiert, die wir auf jeden Fall brauchen. Wie würden Sie die Sichtweise bzw. die Herangehensweise von Intel insgesamt - wir hatten auch ein Gespräch mit der Chefin des Recruitings weltweit - an das Thema der Gewinnung von Fachkräften sehen? Wie würden Sie es einschätzen? Welche Resultate gibt es für Sachsen-Anhalt und Magdeburg?


Sven Schulze (Minister für Wirtschaft, Tourismus, Landwirtschaft und Forsten):

Ich beginne mit einer Aussage, die uns alle zwar nicht überrascht, aber positiv gestimmt hat, nämlich mit der Bestätigung dessen, das uns Intel immer wieder mitgegeben hat. Uns wurde dort durch die kommunale Ebene, durch Bürgermeister und durch kommunale Vertreter bestätigt, dass mit jedem Arbeitsplatz, den Intel direkt schafft, zwischen fünf und sechs weitere Arbeitsplätze in der Region geschaffen wurden. Das heißt, wenn wir Intels Aussage aufgreifen, dass man in einem ersten Schritt von ca. 3 000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter für den Standort Magdeburg ausgeht, und diese Zahl hochrechnet, wissen wir, was am Ende des Tages an Möglichkeiten hier in Sachsen-Anhalt auf uns zukommt. 

Es hat uns sehr gefallen, wie Andreas Silbersack gerade auch sagte, dass bei dem Besuch in Phoenix die im Vorstand zuständige Kollegin dort persönlich einen Vortrag gehalten hat, der direkt auf Magdeburg zugeschnitten war. Das war kein pauschaler Vortrag zu dem Thema Fachkräfte, sondern man hat konkret gesagt, wie man sich das in Magdeburg vorstellt. Die dort getroffenen Aussagen waren zum einen, dass man ein Interesse daran hat, in erster Linie in Deutschland, aber auch in Sachsen-Anhalt, für sich zu werben, ohne dass man - das ist eine ganz wichtige Aussage gewesen - andere Unternehmen kannibalisiert, also Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aus anderen Unternehmen abwirbt.

Man hat aber auch gesagt, dass man bisher an keinem Standort von Intel alle benötigten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter vor Ort gewinnen konnte. Vielmehr geht man davon aus, dass man weltweit um Arbeitskräfte werben muss. Man hat uns aufgefordert, auch dazu weitere Gespräche zu führen, weil die Herausforderung bei jedem Standort die Integration dieser Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ist. Das wird auch in Magdeburg, in Sachen-Anhalt so sein. Die kommen nicht allein, die bringen ihre Familien mit. Die bringen ihre Kinder mit, die hier zur Schule gehen müssen. Die bringen auch weitere Arbeitskräfte mit, die dann nicht bei Intel arbeiten, sondern die woanders arbeiten wollen und müssen. Das heißt, diese Aufgabe der Infrastruktur wird für uns mit Sicherheit ein großes Thema sein. Nichtsdestotrotz ist es so, dass Intel selbst darin sehr erfahren ist und dabei auch seine Wege gemeinsam mit uns gehen wird. 

Ich will noch einmal darauf verweisen, dass den ersten Vertrag mit Intel nicht nur der Ministerpräsident stellvertretend für das Land, Intel und die Stadt Magdeburg unterschrieben haben, sondern auch die Bundesanstalt für Arbeit diesen Vertrag unterschrieben hat. Wir haben das bei der Akquise dieses Projektes von Anfang in allen Gesprächen mit im Fokus gehabt. Ich will auch darauf verweisen, dass es von Intel sehr positiv aufgenommen wurde, dass der Landtag von Sachsen-Anhalt in seinen Haushaltsberatungen das Thema Fachkräfte dahin gehend mit aufgenommen hat, dass zusätzliche Mittel für die Fachkräfteakquise bereitgestellt wurden, und dass man sieht, dass wir dieses Thema im Fokus haben. Das werde ich zusammen mit Petra Grimm-Benne machen. Das ist hier alles diskutiert worden.

Das macht man auch deshalb, weil man es für wichtig hält, dass wir hier eine breite Basis aufbauen, auch für die Zulieferer, die am Ende des Tages dorthin kommen werden. Es wird eine große Herausforderung werden; das sollte man nicht verkennen. Aber in erster Linie ist es eine Chance für uns. Es ist eine Möglichkeit, Menschen in Sachsen-Anhalt für viele Jahrzehnte gute und gut bezahlte Arbeitsplätze zu bieten. 

Dass uns dort nicht irgendjemand empfangen hat, sondern das Mitglied im Vorstand, das weltweit für Fachkräfte zuständig ist und das extra für uns nach Phoenix gekommen ist, das war ein gutes Zeichen für die Delegation.


Präsident Dr. Gunnar Schellenberger:

Die nächste Nachfrage. - Und hier ein bisschen Konzentration, bitte. 


Andreas Silbersack (FDP):

Sie haben bereits gesagt, dass es sehr vielschichtige Gespräche waren mit Kommunen, auch mit Bürgermeistern von Chandler und Santa Clara, mit Intel selbst, mit Suppliern, mit Unternehmen, die an Intel dranhängen. Man spürte dort auch eine gewisse Erwartungshaltung, was in Sachsen-Anhalt weitergehend passiert. Uns interessiert Ihre Strategie und die Strategie des Wirtschaftsministeriums in Sachsen-Anhalt, um diesen Prozess, dieses sehr positive Ergebnis dieser Intel-Reise proaktiv weiter nach vorn zu treiben.


Sven Schulze (Minister für Wirtschaft, Tourismus, Landwirtschaft und Forsten):

Noch einmal ein Satz zu dieser Delegationsreise. Das war keine Reise, bei der ausschließlich Dinge angeschaut wurden und miteinander diskutiert wurde, sondern wir haben ganz bewusst auch Akquise betrieben. Dr. Franke, der Chef der IMG, Dr. Alexander G., der Chef der Silicon Junction im Wirtschaftsministerium und ich haben uns abseits der Delegation mit verschiedenen Unternehmen getroffen und mit ihnen darüber diskutiert, welche Voraussetzungen wir bieten müssen, damit diese Unternehmen nach Sachsen-Anhalt kommen. Eine Aussage war, dass man es gut fände, wenn wir diesen Gesprächsfaden aufrechterhalten, wenn es keine Reise war, die man jetzt gemacht hat und sich dann irgendwann vielleicht in einigen Jahren dort mal wieder blicken lässt oder ausschließlich telefonisch oder über Videokonferenzen Kontakt hält. Vielmehr wird es eine große Aufgabe sein, speziell für die IMG, dort regelmäßig vor Ort zu sein.

Ich selbst werde vielleicht noch einmal am Ende des Jahres für zwei, drei Tage dort sein. Ein großer Verband mit 2 500 Unternehmen macht dort einmal im Jahr eine große Messe; in diesem Jahr findet die Messe im Juli in San Francisco statt, im nächsten Jahr im Herbst in Phoenix. Mit diesem Verband haben wir zumindest mündlich eine erste Vereinbarung dahin gehend geschlossen, dass wir dort mit auftreten können. Das wäre für uns eine Riesenhilfe. Man muss sich vorstellen, dass dieser Zulieferermarkt kleiner ist als der in der Automobilzuliefererindustrie. Die sehen jetzt, dass wir dort waren. Die sehen, dass wir mit einer sehr hochrangigen Delegation vor Ort waren. Die fanden es auch gut, dass die kommunale Ebene, der Landtag und der Minister mit dabei waren. 

Wir müssen jetzt diese Chance nutzen, die Unternehmen für uns zu gewinnen, die nicht automatisch hierherkommen. Es gibt viele Unternehmen, die sich schon bei uns gemeldet haben und gesagt haben: Wenn Intel kommt, dann müssen wir auch kommen und dann brauchen wir Flächen, Planungssicherheit und Informationen. Es gibt Einzelne, die sich das gut vorstellen können. Die sagen: Wir finden das gut, dass ihr bei uns seid und mit uns redet. Die Präsentationen, die wir von Sachsen-Anhalt gemacht haben, wurden sehr positiv aufgenommen. Das muss man klar sagen. 

Wir haben nicht nur das Thema Intel gehabt, sondern auch Meyer Burger. Die haben dort ein Werk. Avnet hat dort investiert. Das heißt, die sehen Sachsen-Anhalt mit einem anderen Fokus. Die Außenwirtschaftsstrategie des Wirtschaftsministeriums wird deshalb sein - das habe ich aber vorher auch schon festgelegt  , dass wir uns sehr stark auf Standorte fokussieren werden, in denen Intel investiert hat. Diese Ankerinvestitionen sind für uns immer der Start für ein gutes Gespräch. Das eine sind die USA. Ich möchte den Blick aber auch auf Irland, Dublin, lenken, wo wir auch schon gewesen sind. 

Man kann abschließend sagen, dass es auch für die kommunale Ebene empfehlenswert wäre, dort Partnerschaften, Städtepartnerschaften anzustreben. Dort besteht ein riesiges Interesse dafür. Der Ortsteil Chandler in Phoenix mit 300 000 Einwohnern hat uns das angeboten. Wir könnten mit Arizona Partnerschaften dahin gehend anstreben, dass wir voneinander lernen. Die Herausforderungen, die wir jetzt haben, bestanden dort vor einigen Jahren. Vielleicht sollten Dinge, die dort nicht so gut gelaufen sind, bei uns nicht wiederholt werden. 

Ich denke, es war ein guter Start, aber wir müssen jetzt gemeinsam Gas geben und diese Chancen nutzen. Deswegen wird das auch nicht die letzte Reise gewesen sein, die Vertreter des Landes Sachsen-Anhalt in diese Richtung gemacht haben. Das betrifft übrigens nicht nur den Wirtschaftsbereich, sondern viele andere Bereiche des Landes auch.