Dr. Heide Richter-Airijoki (SPD):

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren Abgeordneten! Der Tag der Arbeit ist ein Feiertag mit einer langen und stolzen Tradition. Am 1. Mai geht es, wie eigentlich an jedem Tag, um den Wert und die Würde der Arbeit für alle. Konkret und aktuell: Es geht darum, dass Millionen von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern das bekommen, was ihnen zusteht - anständige Arbeitsbedingungen und faire Löhne. Es ist ein Zeichen des Respekts, dass Arbeit gut bezahlt wird. Das sind die Eisenbahnerinnen, die Erzieher, die Friseure, die Verkäuferinnen, die Straßenbahnfahrerinnen und viele, viele andere mehr - sie alle tragen, sprichwörtlich gesagt, dazu bei, dass der Laden läuft.

Alle jene, die jeden Tag viel leisten   das oft nur bei kleinen oder mittleren Einkommen  , haben es verdient, dass ihre Arbeit anständig bezahlt wird. Ich bin Bundesarbeitsminister Hubertus Heil dankbar, dass er eine Erhöhung des Arbeitsmindestlohnes in Aussicht gestellt hat, damit die Menschen nicht den Anschluss verlieren. Vom erhöhten Mindestlohn des letzten Jahres haben vor allem Frauen und Ostdeutsche profitiert. Teilweise betrug die Einkommenssteigerung 22 %.

In der Krise im letzten Jahr hat die Bundesregierung gerade die Menschen mit kleinen und mittleren Einkommen entlastet, um Härten abzufedern. Die aktuellen Forderungen der Gewerkschaften sind berechtigt.

(Zustimmung von Katrin Gensecke, SPD)

Allen Überlegungen, das Streikrecht einzuschränken, erteile ich hiermit eine vehemente Absage.

(Zustimmung von Katrin Gensecke, SPD)

Streikrecht ist ein Grundrecht.

Lassen Sie mich heute an ein trauriges Jubiläum erinnern: Am 2. Mai jährt sich zum 90. Mal die Zerschlagung der deutschen Arbeiterbewegung und der freien Gewerkschaften durch die Nationalsozialisten.

Richten wir unseren Blick auf die Zukunft: Fachkräftesicherung ist Wohlstandssicherung. Wir alle spüren den Fachkräftemangel in allen Sektoren unserer Volkswirtschaft.

(Ulrich Siegmund, AfD: Volkswirtschaft?)

Das bedeutet auch, dass der Arbeitsmarkt robust ist. Wir haben den höchsten Stand an sozialversicherungspflichtig Beschäftigten - 45 Millionen - seit 1990. Aber wenn wir nicht alles dafür tun, dass Arbeitskräfte zur Verfügung stehen, dann droht eine dauerhafte Wachstumsbremse. Dazu gehört es, die Anzahl der Schulabbrecher zu verringern, junge Menschen in eine berufliche Ausbildung zu bringen, Fachkräfte weiterzubilden sowie qualifizierte Zuwanderung und Integration zu erleichtern. Der Bund hat entsprechende Gesetze auf den Weg gebracht. Das Land leistet seinen Anteil z. B. mit dem Fachkräftesicherungspakt, dem geplanten Welcome-Center und mit Regelungen für Ausbildungsvergütung und Schulgeldfreiheit. Weitere Potenziale liegen bei den Menschen mit Behinderung.

Je besser die Arbeitsbedingungen, je höher die Tarifbindung, je besser die Vereinbarkeit von Familie und Beruf und je höher die Chancen auf Weiterentwicklung sind, desto stärker ist die Zufriedenheit und desto höher der Verbleib von Fachkräften. Ich bitte um Zustimmung zum Alternativantrag der Koalition. - Danke.

(Zustimmung von Katrin Gensecke, SPD)


Vizepräsidentin Anne-Marie Keding:

Vielen Dank, Frau Dr. Richter-Airijoki. Es gibt eine Frage von Herrn Gallert, wenn Sie diese zulassen.


Dr. Heide Richter-Airijoki (SPD):

Ja, sicher doch.


Vizepräsidentin Anne-Marie Keding:

Herr Gallert, bitte.


Wulf Gallert (DIE LINKE):

Frau Richter-Airijoki, Sie haben mich erwartungsgemäß nicht enttäuscht, sondern Sie haben sich ganz deutlich zu der zentralen Aussage unseres Antrages positioniert, nämlich der eindeutigen Absage an alle Angriffe auf das Streikrecht. Allerdings vermisse ich eine solche Aussage in dem Alternativantrag, den Ihre Fraktionsvorsitzende mit unterschrieben hat. Gehe ich recht in der Annahme, dass eine solche eindeutige Positionierung zugunsten des Streikrechts in Deutschland an Ihren Koalitionspartnern gescheitert ist?

(Ulrich Siegmund, AfD, lacht)


Dr. Heide Richter-Airijoki (SPD):

Der Antrag ist differenziert formuliert und beinhaltet die Anerkennung der Bedeutung dessen, dass Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer das bekommen, was ihnen zusteht. Die genauen Formulierungen mögen an dieser Stelle noch stärker ausgefallen sein, aber im Grunde genommen besteht Einigkeit

(Ulrich Siegmund, AfD, lacht)

in den Grundfragen, dass anständige Entlohnung wichtig für gute Arbeit ist.

(Hendrik Lange, DIE LINKE: Sie hätten auch einfach Ja sagen können!)