Tagesordnungspunkt 25

Beratung

a)    Pharmazeutische Versorgung nachhaltig sichern

Antrag Fraktion AfD - Drs. 8/2491

Alternativantrag Fraktionen CDU, SPD und FDP - Drs. 8/2562 


b)    Apotheken vor Ort stärken - Engpässen bei Personal und Medikamenten entgegenwirken

Antrag Fraktion DIE LINKE - Drs. 8/2535

Alternativantrag Fraktionen CDU, SPD und FDP - Drs. 8/2563 


Die Einbringung des erstgenannten Antrags übernimmt Herr Siegmund. Er steht bereits am Rednerpult und hat jetzt das Wort.


Ulrich Siegmund (AfD):

Vielen Dank, Herr Präsident. - Meine sehr geehrten Damen und Herren! stellen Sie sich vor, Sie sind krank, haben ein Rezept vom Arzt, stehen in der Apotheke, möchten es einlösen und der Apotheker sagt Ihnen: Das kann ich Ihnen gerade nicht geben; denn genau das, so wie es hier steht, habe ich nicht vorrätig. Ich habe nur eine andere Packungsgröße oder eine andere Wirkstoffintensität. Das würde Ihnen zwar auch helfen, aber ich kann es Ihnen nicht geben, weil ich an diverse Rabattverträge gebunden bin. Sie müssen zurück zum Arzt gehen und das Rezept neu ausstellen lassen.

Jetzt haben Sie Wahl: Fahren Sie zurück zum Arzt, der vielleicht schon geschlossen hat, oder fahren Sie zur nächsten oder übernächsten Apotheke, in der Gefahr, dass auch diese das nicht so hat, wie es auf dem Rezept steht? Das ist eine Situation, die in den letzten Jahren vielen, vielen Menschen in Deutschland widerfahren ist und die für viele, viele Probleme gesorgt hat.

Eine zweite Situation. Stellen Sie sich vor, Sie haben eine Familie mit einem kleinen Kind, das hohes Fieber hat. Sie haben ein Rezept vom Arzt und brauchen schnellstmöglich ein Fiebermedikament. Jeder, der in einer solchen Situation war, weiß, dass es alles andere als unstressig ist, alles anderes als schön. Sie möchten einfach nur schnell Ihrem Kind helfen, stehen jetzt in der Apotheke und hören vom Apotheker: Es tut mir leid, das haben wir nicht mehr vorrätig. Sie müssen zur nächsten Apotheke. - In der nächsten Apotheke hören Sie die gleiche Antwort und in der übernächsten auch genau die gleiche Antwort.

Das ist eine katastrophale und traurige Situation, die nicht vom Himmel gefallen ist, die gerade in den letzten Monaten häufiger bei uns im Land vorgekommen ist, was eigentlich sehr, sehr schade für ein Land in der aktuellen Zeit ist, und die wir so nicht haben wollen.

Das sind Zustände. Das sind keine Theorien. Das ist die bittere Realität. Der Medikamentenmangel wurde spürbar, und zwar durch gestörte Lieferketten, aus unterschiedlichen Gründen. Er wurde spürbar für viele Familien, für die eine solche Situation eine riesengroße Herausforderung war, die nicht nur Apotheken, sondern auch viele Patienten vor riesige Probleme stellt.

Dagegen möchten wir heute etwas unternehmen. Deshalb haben wir heute einen Antrag eingebracht, der verschiedenen Lösungsvorschläge enthält, von denen wir hoffen, dass sie die Menschen entlasten und für eine Entspannung sorgen werden.

Wir möchten mit unserem heutigen Antrag die pharmazeutische Versorgung sicherstellen. Wir möchten, dass sich Apotheken unbürokratisch auf Umstände verlassen können, die gut für die Patienten sind. Wir möchten, dass sich die Patienten darauf verlassen können, dass Ihnen schnell und konsequent mit einer guten Versorgung mit Medikamenten geholfen wird. Das ist das, was wir mit unserem Antrag erreichen möchten.

Hierzu möchten wir beantragen, dass wir die Abgabenerleichterung für Apotheken ins Leben rufen. Das heißt, wir möchten, dass Apotheken von den oftmals ganz, ganz starren Vorschriften abweichen können, und zwar so wie es im Sinne der Patienten ist.

Ein Apotheker hat eine ganz, ganz hervorragende Ausbildung. Er weiß selbst am Besten, was gut für den Patienten ist und welches Medikament eventuell alternativ infrage kommen könnte. Eine andere Packungsgröße, eine andere Wirkstoffintensität, der Apotheker weiß es, er weiß, was im Sortiment ist und er weiß, wie er den Menschen helfen kann und diese Freiheit möchten wir ihm geben.

Für die Verschreibung - das nebenbei - von physiotherapeutischen Maßnahmen wäre das ebenfalls sinnvoll. Wissen Sie, wie viele Menschen zum Arzt zurück müssen, weil irgendwo ein Kreuz falsch gesetzt ist. Das möchten wir nicht mehr.

Was möchten wir noch? - Wir möchten eine landeseigene Produktion. Die Situation in den letzten Jahren hat gezeigt, dass wir von den Lieferfähigkeiten anderer Länder abhängig sind. Das geht bei so einem wichtigen Thema wie unserem Leben nicht. Deswegen möchten wir mit unserem Antrag erreichen, dass wir uns unabhängig machen, dass wir eine eigene Medikamentenversorgung, eine eigene Produktion in Sachsen-Anhalt, in Deutschland fördern und unterstützen und auch eine eigene Forschung, damit wir nicht mehr von anderen Ländern abhängig sind und uns vor solchen Situationen, wie wir sie in den letzten Monaten hatten, schützen.

Es gibt noch weitere Probleme, welche die Versorgung gefährden und schwieriger machen. Wir stehen vor einem Apothekersterben; das ist Realität. Wir hatten vor ein paar Jahren noch 21 000 Apotheken in Deutschland. Jetzt sind es noch knapp 18 000; Tendenz schnell weiter sinkend. Auch das ist eine absolute Katastrophe.

In der Großstadt macht es vielleicht keinen Unterschied, ob man zwei oder vier Kilometer zu der nächsten Apotheke im Notdienst fährt, aber auf dem Dorf macht es einen riesigen Unterschied, ob man zehn, 20 oder 30 Kilometer fährt, wenn man am Wochenende einen Notdienst braucht oder in der Nacht eine schnelle Hilfe. Auch das möchten wir nicht. Wir möchten eine wohnortnahe Versorgung für jeden Menschen in diesem Land.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Man sieht es also: Die Probleme werden schlimmer. Aus diesem Grund möchten wir Pharmaziestudenten ermutigen, nach ihrer Ausbildung bei uns zu bleiben. An dieser Stelle besteht auch das riesengroße Problem, dass zu viele unser Land verlassen. Obwohl die Ausbildung mit unseren Steuermitteln finanziert wird, stehen sie dann anderswo zur Verfügung. Das möchten wir nicht, sondern wir möchten sie ermutigen, bei uns im Land zu bleiben. 

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Ärztemangel stellt nicht nur ein Problem für unser Land dar, der Pflegemangel stellt nicht nur ein Problem für unser Land dar, die maroden Krankenhäuser stellen nicht nur ein Problem für unser Land dar, sondern zunehmend auch die pharmazeutische Versorgung mit lebenswichtigen Medikamenten und mit Schutzmaterialien. Deswegen möchten wir hier und heute, wo noch die Zeit ist, handeln und nicht erst, wie es bei vielen anderen Punkten üblich ist, wenn es bereits zu spät ist.

Daher bitten wir um die Überweisung des Antrages an den Sozialausschuss, damit wir das bestmögliche für unser Land und für die Menschen in diesem Land erreichen können. - Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der AfD)


Vizepräsident Wulf Gallert: 

Danke, Herr Siegmund. - Herr Siegmund, ich hoffe, es war ein Versprecher und keine Drohung, dass Sie ein Apothekersterben befürchten. Ich hoffe, Sie meinten Apothekensterben.


Ulrich Siegmund (AfD): 

Ja.