Stefan Gebhardt (DIE LINKE): 

Vielen Dank, Herr Präsident. - Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Das wäre heute die dritte kurze medienpolitische Debatte, die geführt wird, wenn wir die Ausschusssitzung, die wir vorhin zum Vierten Medienänderungsstaatsvertrag hatten, mitzählen würden.

Da ist er nun, der Staatsvertrag, über den wir sehr lange schon theoretisch gesprochen haben, nämlich auch in der letzten Beitragsdebatte, an die wir uns hier wahrscheinlich noch gut erinnern können, in der der von mir geschätzte Kollege Markus Kurze als medienpolitischer Sprecher gesagt hat, der öffentlich-rechtliche Rundfunk - ich zitiere; das habe ich mir gemerkt - sei zu schwer, zu groß und zu teuer geworden. Das hängt alles mit dem Auftrag zusammen, und nun beschließen wir den Staatsvertrag, in dem der Auftrag definiert wird.

Nun gucken wir in den Staatsvertrag hinein und stellen erstmal fest: Preiswerter, schlanker und leichter ist er nicht geworden. Ich kann mich noch gut an die Debatten erinnern, ob innerhalb der ARD die Kleinstanstalten wie der Saarländische Rundfunk noch überlebensfähig sind.

(Unruhe - Zuruf von Markus Kurze, CDU - Weitere Zurufe: Na klar! - Ist doch alles online!)

- Herr Kurze, Sie haben die Frage nach dem Saarländischen Rundfunk hier damals ziemlich laut gestellt.

(Zuruf von Markus Kurze, CDU)

Jetzt beschließen wir einen Staatsvertrag, in dem in § 28 die Fernsehprogramme der ARD inklusive dem Saarländischen Rundfunk ganz klar weiterhin festgeschrieben werden. Also, wir geben jetzt wieder den Auftrag, den wir dann in einem späteren Beitragsstaatsvertrag wieder finanzieren müssen. Wer jetzt das Programm bestellt, muss nachher dann auch die Rechnung bezahlen.

(Unruhe - Zuruf von Markus Kurze, CDU - Weitere Zurufe: Nö! - Was soll denn das?)

Es gibt ein paar Punkte, die ich so nicht richtig nachvollziehen kann.

(Zuruf von der LINKEN: Ja!)

Ich verstehe tatsächlich nicht, wieso wir nach wie vor drei Informations- oder Nachrichtenkanäle innerhalb des öffentlich-rechtlichen Rundfunksystems haben. Ich glaube, es wäre für die Bürgerinnen und Bürger doch wesentlich attraktiver, einen ordentlichen Kanal zu haben, der sich mit Nachrichten und Informationen beschäftigt, 

(Unruhe)

und keine drei Kanäle, wovon drei von ständigen Wiederholungen leben. Ich brauche kein Programm, was von einer großen Verwaltung, die finanziert werden muss, erstellt wird, bei dem es aber nur Wiederholungen im Programm gibt. Schauen wir uns doch nur mal das Programm nach der Programmreform beim RBB an! Die senden doch quasi nur noch aus der Konserve. Sie sind finanziell überhaupt nicht mehr in der Lage, ihre Zulieferungspflichten an die ARD zu erfüllen. Sie sind gar nicht mehr in der Lage, ein Programm, das ähnlich attraktiv ist wie beim MDR, für ihre Hörerschaft oder Seherschaft zu veranstalten. Beim MDR fängt man um 11 Uhr an, für das Publikum in Mitteldeutschland ein eigenes Programm zu produzieren. Beim RBB passiert das erst abends ab 18 Uhr, und dann auch nur mit den Regionalprogrammen, und danach geht man wieder in die Wiederholungsschleife hinein. Das kostet alles den Beitragszahlerinnen und dem Beitragszahler Geld, bringt im Endeffekt für die gleichen Leute aber keinen Mehrwert. Das ist die Kritik, die wir daran haben. 

(Zuruf von Markus Kurze, CDU)

Ich denke, dass trotzdem der Weg, der eingeschlagen wurde - das will ich auch noch einmal betonen  , die Stärkung der Gremien, die Steigerung von Transparenz, ein richtiger Weg ist. Es bleibt nur hinter den Erwartungen zurück. Weil es hinter den Erwartungen zurückbleibt, werden wir dem Staatsvertrag auch nicht zustimmen können. 

(Zuruf: Oh!)

Bei Staatsverträgen, an denen man nicht mitgewirkt hat, bei denen man aber trotzdem feststellt, dass die Richtung nicht ganz so falsch ist, ist eine Enthaltung ja schon die maximale Form der Zustimmung.

(Oh! bei der AfD - Zurufe von der AfD: Nein! - Quatsch!)

So werden wir uns hier heute verhalten. Das gilt auch für die Entschließungsanträge, die vorgelegt wurden. 

(Zurufe)

Auch dazu werden wir uns hier der Stimme enthalten, denn zustimmungsfähig sind sie nicht.

(Zurufe von der SPD)

Das will ich nur noch kurz sagen. 

(Zuruf: Ja, sagen Sie es!)

Wenn im Koalitionsentschließungsantrag, in Punkt 4 

(Zuruf von der LINKEN)

Folgendes steht: „Die Landesregierung wird gebeten, sich bei weiteren Verhandlungen […] dafür einzusetzen, dass ein zeitgemäßer Auftrag mit spürbaren Effekten bei der Berechnung des Rundfunkbeitrags in Einklang gebracht werden kann“, und das der Auftrag ist, dann heißt dieser Satz nur: Liebe Landesregierung, versuchen Sie bitte die Quadratur des Kreises; nichts anderes bedeutet dieser Satz.

(Beifall bei der LINKEN - Zurufe von der CDU, von der SPD und von der FDP - Unruhe bei der AfD)

Denn das, was hier liegt, was wir jetzt beschließen, 

(Zuruf von Markus Kurze, CDU - Weitere Zurufe) 

müssen wir dann auch wieder bezahlen. 

(Zuruf von Markus Kurze, CDU)

Ich werde Sie, lieber Herr Kurze, an Ihre Worte erinnern. Wie Sie heute den Staatsvertrag verteidigen, werden Sie dann auch die Beitragsfestsetzung genauso verteidigen müssen. 

(Zuruf: Nee!)

Viel Spaß!

(Beifall bei der LINKEN - Zuruf von Markus Kurze, CDU)


Vizepräsident Wulf Gallert:

Herr Gebhardt, es gibt noch eine Frage von Frau Frederking.

(Oh! bei der AfD - Guido Kosmehl, FDP: Oh!)

Die kann sie jetzt stellen, weil Herr Gebhardt sie beantworten will. - Bitte sehr.


Dorothea Frederking (GRÜNE):

Herr Gebhardt, Sie haben ausgeführt, dass Ihnen die Spezifizierung des Auftrages nicht weit genug geht und dass Sie keinen Mehrwert sehen. Der Dritte Medienänderungsstaatsvertrag gibt die Möglichkeit, wenn er denn beschlossen wird und in Kraft tritt, dass Programme in die Flexibilisierung gehen können. Sprich: Programme, die heute linear ausgestrahlt werden, können dann als Onlineformate ausgestrahlt werden. Das ist doch auch schon eine Profilschärfung. Meine Frage an Sie ist: Wie bewerten Sie diese Möglichkeit?


Stefan Gebhardt (DIE LINKE):

Wie gesagt, das ist die Stärkung der Gremien, die ich angesprochen habe und die wir durchaus begrüßen, weil die Gremien dann in der Lage sind, über solche Flexibilisierungen eigenständig zu entscheiden. Deswegen werden wir auch nicht dagegen stimmen, sondern uns der Stimme enthalten. Ich glaube nur, dass im Endeffekt nicht eintreten wird, was Sie jetzt prognostiziert haben.

Um es einmal konkret zu machen: Ich habe versucht, das mit den drei Nachrichtenkanälen deutlich zu machen. Eine Gegenfrage, Frau Frederking: Glauben Sie ernsthaft, dass der Norddeutsche Rundfunk eigenständig sagen wird, dass er auf sein Programm „Tagesschau24“ zugunsten von „ZDFinfo“ verzichtet? - Nein, das wird nicht passieren, weil sich die Anstalten in Konkurrenz zueinander befinden.

Solange es kein Gesetz gibt, das die Anstalten zu einer Zusammenarbeit, zu einer Kooperation zwingt, um Synergieeffekte zu erschließen, solange wird das auch nicht freiwillig eintreten. Das ist zumindest mein Erfahrungswert.