Thomas Lippmann (DIE LINKE):

Vielen Dank, Herr Präsident. - Ich will, ähnlich wie Frau Pähle, die etwas ausgeweitete Zeit für eine Vorbemerkung nutzen zu etwas, das mir doch sehr auffällig geworden ist - das spielte jetzt sowohl bei Herrn Bernstein als auch bei Herrn Borchert eine Rolle und, wenn ich mich recht erinnere, im Laufe der Debatte auch an einigen anderen Stellen von, so glaube ich, Kolleginnen und Kollegen aus der FDP-Fraktion  , und zwar: sich mit einer etwas unangenehmen Überheblichkeit gegenseitig zu erzählen, wer welche Papiere wie oft und wie gründlich gelesen hat oder wer welchen Debattenbeiträgen zuhört. Ich sage einmal, das ist unangemessen, unangenehm. Wenn wir das zumindest im demokratischen Lager einstellen könnten, fände ich das ganz hilfreich.

(Zurufe - Lachen)

Hier drüben erwarte ich das ja nicht.

(Zuruf: Und das von der SED!)

Die Hoffnung, dass Herr Tillschneider einen Weg findet, vernünftige Lebenszeit mit bildungspolitischen Fragen zu verbringen, habe ich auch nicht.

(Zuruf: Tätää! Tätää! Tätää!)

Zu dem Koalitionsvertrag will ich aber trotzdem sagen, dass ich den natürlich nicht nur einmal, sondern mehrmals gründlich gelesen habe - natürlich vor allem den Bildungsteil  , weil ich einfach nicht glauben konnte, wie wenig darin steht, wie wenig Konkretes, wie wenig Verbindliches, wie wenig irgendwie Zielführendes darin steht, nicht, dass gar nichts darin steht, sondern wie wenig darin steht.

Insofern ist es jetzt schon ein bisschen merkwürdig, wenn aus der gesamten Koalition und von Frau Feußner   ein bisschen mantraartig sogar   zu hören ist, der Antrag sei quasi nur aus dem Koalitionsvertrag zusammengeschrieben. Dass das an einer Stelle der Fall ist, habe ich selbst erwähnt, nämlich bei zwei der insgesamt noch einmal aufgelisteten Forderungen. Das haben wir deswegen gemacht, weil wir damit sozusagen in einer anderen Form den Antrag zur Schulentwicklungsplanung, den wir im Frühjahr gestellt haben, hier noch einmal inhaltlich ins Bewusstsein gerückt haben. Ich habe gesagt: Ja, zwei Punkte davon habe ich sofort gelesen. Das steht bei meiner Analyse auch auf der Habenseite, das ist unbestritten.

Ich will aber darauf hinweisen, dass dieser Antrag   das haben Sie nun auch gesehen   drei unterschiedliche, aber gleich wichtige Teile hat. Wir haben eben nicht drei Anträge daraus gemacht, was wir auch hätten machen können, sondern das kommt in dieser ersten Sitzung kompakt; denn es ist natürlich Gefahr im Verzug. Es gibt konkrete Anlässe dafür. Nichts davon haben wir uns also aus den Rippen geschnitten, sondern für alles gab es Anlässe.

Bei den Filtern liegen wir auseinander, Frau Feußner. Das hat natürlich nichts mit dem Koalitionsvertrag zu tun, sondern es gibt eben eine sehr tiefe Skepsis, ob diese Investition sinnvoll ist und wo das gemacht werden muss. Da liegen wir halt auseinander. Wir haben aufgeschrieben, was wir für richtig und für notwendig halten.

Ich sage einmal, 550 Räume   das haben Sie, glaube ich, gesagt, wenn ich es richtig verstanden habe  , die jetzt zurückgemeldet wurden von den 20 000, sind natürlich ein Hammer. Wir haben mehr als 800 Schulen nur im Bereich der allgemeinbildenden Schulen, und 550 Räume   also im Schnitt nicht einmal einen Raum in jeder Schule   wollen wir damit ausstatten. Dazu sage ich: Schon im Herbst und erst recht im Winter sind alle Räume schlecht zu belüften, nicht nur die, die klemmende Fenster oder keine Fenster oder nur ein Fenster oder was auch immer haben. Abgesehen davon, dass gelüftet werden kann   das macht jeder auch zu Hause; diese Debatte muss man im Prinzip nicht führen  , wird mit dieser Einmalinvestition, die ein paar Millionen, auch ein paar mehr Millionen umfassen würde, was andere Länder ja auch machen, natürlich das Raumklima insgesamt dauerhaft verbessert.

Eine andere Debatte will ich jetzt nur mit einem Wort anreißen. Wenn wir an die künftigen Sommer denken, wenn wir an die künftigen Wochen von Hitzefrei denken, hätten wir noch ganz andere Debatten dazu zu führen, was wir klimatechnisch mit unseren Schulen eigentlich machen würden. Das ist in jedem Fall eine sinnvolle Investition und eben keine Fehlinvestition, und zwar jenseits der Frage, wie lange und wie intensiv uns Corona noch beschäftigt. Auch wenn dabei nichts herumkommt   Sie wissen, dass das auch die Erwartung der Beschäftigten ist, dass das auch die Erwartung der GEW ist -, geschieht das völlig zu Recht.

Bei der Frage der Schulentwicklungsplanung will ich nur sagen: Bitte gucken Sie sich das noch einmal an, gucken Sie sich das auch rechtzeitig noch einmal an. Wir hatten das in unserem ursprünglichen Antrag   auch den können Sie sich noch einmal ansehen, der war technisch   schon dargelegt, damit das nicht immer nur so dahergesagt ist und immer gesagt wird, wir wissen ja auch nicht, wie das geht. Wir sind doch gerade die, die öfter einmal ganz konkret und im Einzelnen aufschreiben, wie es gemacht wird. In diesem haben wir das jetzt nicht getan. Da kann man aber noch einmal hineingucken.

Nehmen Sie diese   ich sage das jetzt einmal so   blödsinnige Geschichte mit den 150 % für die Neugründung von Schulen weg. Das ist dort, wo die Schülerzahlen steigen, eine absurde Forderung. Das ist ein Federstrich. Diese 150 %, die einfach nur so ausgedacht sind, sind doch durch nichts begründet. Das ist schnell gemacht.

(Beifall)

Bei den kleinen Grundschulen haben wir das noch einmal aufgeschrieben, damit das nicht so lappig daherkommt. Da geht es einfach um die alte Regelung, die wir hatten, wo es keinen Grund gab, sie in den dünn besiedelten Bereichen abzuschaffen. Also nicht das, was die AfD sagt   das sagen wir ja auch nicht  , dass jede beliebige Schule mit 40 Schülern     

Bei den Grundschulgeschichten, wenn sie ordentlich gemacht sind   ich erzähle allerdings schon seit drei Jahren, wie das ordentlich gemacht werden kann  , ist es okay, wenn Sie das so machen. Aber das hilft nicht. Das hilft Stendal, das hilft der Altmark, das hilft anderen Bereichen, die dort genannt waren, auch dem Bereich Wittenberg, nicht. Es kostet Sie nichts. Es kostet Sie nichts, diese alte Regelung wieder aufzunehmen. Dann wären wir mit der Schulentwicklungsplanungsverordnung in großen Teilen wieder in Übereinstimmung und nicht so im Clinch.

In dem Sinne will ich abschließend zu der Sache Unterrichtsversorgung, liebe Kolleginnen und Kollegen der Koalition, schon noch einmal etwas sagen und kurz vorlesen, worüber wir hier reden.

Ich denke an eine E-Mail, die vielleicht auch bei Ihnen auf dem Tisch liegt, zumindest bei den Bildungspolitikern. Eine Mutter, deren Tochter eine Sekundarschule in Aken besucht, schreibt nach den ersten 14 Tagen: Meine Tochter besucht dort die 7. Klasse und hat weder Sozialkundeunterricht noch Kunsterziehung. In anderen Klassen fällt zusätzlich noch Geschichte aus. Ethik wird auch nicht unterrichtet. Derzeit entfallen noch Sport und Geschichte, da der Klassenlehrer in Elternzeit ist. Ich frage mich, was aus unseren Kindern werden soll.

Ich verspreche Ihnen - leider muss ich das versprechen  , dass wir die Debatten über ganz konkrete Sachverhalte und über die Unterrichtsversorgung unter 80 % gerade in den Sekundarschulen, gerade in den Gemeinschaftsschulen hier führen werden, wenn die Fakten auf dem Tisch liegen. Da können wir uns nicht wegducken, weil wir den Kindern die Zukunft verbauen. - Vielen Dank.

(Zustimmung)