Rüdiger Erben (SPD):

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Drei Minuten Redezeit - eigentlich hätte ich größte Lust, Frau Kollegin Quade, mich mit der Widersprüchlichkeit des Agierens der LINKEN-Bundestagsfraktion hier auseinanderzusetzen.

(Zuruf)

Dafür reicht leider die Zeit nicht. Ich will aber meine große Hochachtung zum Ausdruck bringen gegenüber dem Agieren eines früheren Mitglieds dieses Hohen Hauses, nämlich Matthias Höhn,

(Zustimmung)

der das Kreuz hatte, dafür zu stimmen in dem Zusammenhang.

(Beifall)

Ich will mich auch nicht an den insgesamt zwölf Punkten abarbeiten. Aber ich gehöre wahrscheinlich zu den wenigen hier - vielleicht bin ich sogar das einzige Mitglied des Hohen Hauses  , welche diesen Einsatz und dieses Land aus eigenem Erleben kennen.

Ich war vor mehr als zehn Jahren sowohl in Masar-e Scharif als auch in Kabul und hatte dort zwei Ortskräfte, die mir zugeordnet waren als sogenannte Sprachmittler. Die beiden kannten sich definitiv nicht, der eine war in Kabul, der andere war in Masar-e Scharif.

Der eine war 60, was für afghanische Verhältnisse ein sehr alter Mann ist, und hatte noch in Zeiten des afghanischen Königreichs in Westdeutschland studiert, war dann in Pakistan im Exil während der Talibanherrschaft, kam zurück und arbeitete für die Bundeswehr. Der andere war erst 40, hatte 1987 eine Ausbildung zum Artillerieoffizier bei der NVA in Prora, war im pakistanischen Exil und arbeitete im Jahr 2010 für die Bundeswehr als Sprachmittler.

Beide haben mir unabhängig voneinander gesagt, den ersten Fehler der Russen habt ihr bereits getan, nämlich in ein Land einzumarschieren, von dem ihr quasi nichts wisst, wobei ihr keine realistischen Ziele für diesen Einsatz habt. Macht nicht auch noch den zweiten Fehler und verlasst Hals über Kopf dieses Land; denn dann war alles umsonst. - Das haben mir beide völlig unabhängig voneinander mit auf den Weg gegeben.

Mit „ihr“ meinten sie nicht etwa die Bundeswehr oder die Bundesrepublik Deutschland, sondern die internationale Gemeinschaft, die dort im Einsatz war. Das hätte eigentlich für alle Beteiligten ein Warnsignal sein müssen.

Wenn wir es uns heute die Ursache dafür anschauen, dass wir heute in dieser Situation sind, dann stellen wir fest, die Rahmenbedingungen hat nicht die Bundeswehr gesetzt, auch nicht die deutsche Bundesregierung, sondern es ist letztlich das Abkommen von Donald Trump gewesen, das er mit den Taliban ohne Beteiligung der afghanischen Regierung geschlossen hat. Das ist die Ursache für das Chaos, das wir heute vorfinden.

(Zustimmung)

Ich hätte mir auch nicht träumen lassen, dass ein 300 000 Mann starker Sicherheitsapparat so implodiert. An dieser Stelle will ich darauf hinweisen, auch Sachsen-Anhalt hat hohe Verdienste um die Ausbildung dieser Sicherheitskräfte gehabt, nämlich Sachsen-Anhalt hat sich in besonderer Weise beim deutschen Polizeiausbildungsprojekt dort engagiert.

(Zustimmung)

Heute noch aktive Polizeibeamtinnen und Polizeibeamte haben sich dort stark eingesetzt. Sie verstehen die Welt heute auch nicht mehr, wie das so in sich zusammenfallen konnte.

Ich will an der Stelle auch noch einmal darauf hinweisen,


Vizepräsident Wulf Gallert:

Herr Erben, kommen Sie bitte zum Ende.


Rüdiger Erben (SPD):

niemand hat damit gerechnet, dass in so kurzer Zeit das Staatsgebilde so zusammenbricht. Deswegen wäre ich vorsichtig mit Vorwürfen, die hier in alle möglichen Richtungen getätigt werden.

Ein letzter Punkt. Ein großer Teil der Antragspunkte der Fraktion der LINKEN ist völlig berechtigt und - die Frau Ministerin hat darauf hingewiesen - wird auch schon umgesetzt.


Vizepräsident Wulf Gallert:

Und Sie müssen jetzt zum Ende kommen, ganz schnell, Herr Erben.


Rüdiger Erben (SPD):

Andere Teile sind so nicht umsetzbar. Deswegen ist es richtig, dass wir uns im Ausschuss für Inneres und Sport darüber unterhalten, was ich beantragen möchte, den Antrag dahin zu überweisen.

(Zustimmung)