Petra Grimm-Benne (Ministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Gleichstellung):

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten! Die stationäre kinderärztliche Versorgung ist in den letzten Tagen und Wochen erneut in den Fokus der Öffentlichkeit gerückt, im Land wie auch beim Bund.

Im Zuge der Schließung der Kinderintensivstation am Uniklinikum Magdeburg konnte auch dank des telemedizinischen Netzwerks mit der Uniklinik Halle schnell auf die geänderten Umstände reagiert werden. Dadurch und mittels einiger Verlegungen - bis zur neunten Kalenderwoche waren es 15 - kann die intensivmedizinische Versorgung der Kinder auch im Norden und in der Mitte des Landes weiterhin sichergestellt werden.

Ich will betonen: Die pädiatrische und neonatologische Behandlung am Standort Magdeburg wurde und wird weiterhin ausnahmslos gewährleistet.

(Beifall bei der SPD)

Die Kooperation der Kliniken untereinander funktioniert dabei eigenverantwortlich und gut. Das hat sich in Zeiten der Pandemie deutlich gezeigt. Ich will daran erinnern, wie man in den Clustern Nord und Süd insbesondere die Verlegung von Corona-Intensivpatienten geregelt hat. Die erfolgreiche Auftaktveranstaltung der beiden Regionalkonferenzen Süd und Nord, insbesondere unter Einbeziehung beider Universitätskliniken am 20. Oktober 2022 in Halle bzw. am 16 März 2023 in Magdeburg, hat dies nochmals bestätigt.

Eine der wesentlichen Ursachen für die Schließung der Kinder-ITS ist der deutschlandweit bestehende Fachkräftemangel. Das Land kann in diesem Punkt in den stationären Sektor grundsätzlich nicht direkt eingreifen. Aber ich will das Beispiel der Universitätsklinik Magdeburg nennen. Herr Prof. E., der dort sowohl intensivmedizinisch tätig als auch gleichzeitig der Präsident der Ärztekammer ist, hat deutlich gemacht, dass wir bei uns Intensivmediziner zu Kinderintensivmedizinern weiterqualifizieren wollen. Frau Anger, Sie haben selbst eingeräumt, dass das eine Qualifizierung ist, die, weil sie qualitätsgerecht sein muss, mehrere Jahre in Anspruch nimmt.

Ich möchte auch betonen, dass die Krankenhäuser als eigenverantwortlich wirtschaftende Einrichtungen im Rahmen ihrer Privatautonomie die Vorhaltung des entsprechenden medizinischen Personals grundsätzlich selbst tragen. Die Landesregierung wird sie aber nicht allein lassen. Wir haben deshalb beide Regionalkonferenzen aufgemacht und die Universitäten, insbesondere die medizinischen Fakultäten gebeten, nicht nur für den eigenen Bereich der Universitätskliniken auszubilden, sondern auch für alle anderen Bereiche.

Auch wenn ich mich wiederhole: Es ist per Gesetz geregelt, dass die Kassenärztlichen Vereinigungen die vertragsärztliche Versorgung, wozu die ambulante Kinder- und Jugendmedizin zählt, sicherzustellen haben.

Wie mir die KVSA mitgeteilt hat, gibt es aktuell in keiner Region im Land Sachsen-Anhalt eine bedarfsplanerische ambulante Unterversorgung der Kinder- und Jugendmedizin - mit Ausnahme des Bereiches Gardelegen, wo wir jetzt ein Versorgungsmodell aufgelegt haben, um den ambulanten und stationären Bereich dort sicherzustellen. Ich denke, Sie müssen zumindest anerkennen, dass wir in genau diese Bereiche mit neuen Versorgungsmodellen hineingehen, um tatsächlich zu gucken, wie wir das gestalten können. Wir wissen, dass wir in der Krankenhausfinanzierung weiterarbeiten.

Sie müssen zumindest zugeben, dass wir gesagt haben: Wir brauchen dafür andere Finanzierungssysteme. Im Augenblick ist es so, dass wir schon eine Finanzierung der Versorgung von Kindern und Jugendlichen im Umfang von 300 Millionen € bundesweit geregelt haben, indem wir die Erlösbudgets um 12 % gesteigert haben, und das bereits seit dem 1. Januar 2023.

All das sind nur Zwischenlösungen. Ansonsten wäre ich froh, wenn wir den Alternativantrag der Regierungsfraktionen heute verabschieden könnten, weil wir dann noch einmal umfassend dazu Stellung nehmen können, wie die Situation ist. Sie haben es selbst gesagt: Eine solche Debatte eignet sich schlecht für eine dreiminütige Erwiderung.


Vizepräsident Wulf Gallert:

Sie haben sogar noch mehr Zeit. Es gibt erst einmal eine Frage von Frau Eisenreich. - Frau Eisenreich, sind Sie an der Reihe.


Kerstin Eisenreich (DIE LINKE):

Vielen Dank, Herr Präsident. - Frau Ministerin, ich habe in Ihren Ausführungen leider keine Worte zu der Situation in Zeitz, zur Pädiatrie und Geburtsstation, vernommen; das finde ich höchst bedauerlich.

Ich möchte Bezug zu dem Alternativantrag nehmen und Sie als Ministerin etwas fragen. Unter Punkt 2 wird gesagt, dass vom Bund zusätzliche Mittel in Höhe von 6,5 Millionen € für Geburtskliniken und Pädiatrie in den Jahren 2023 und 2024 zu erwarten sind. Meine Frage wäre an dieser Stelle: Wie viel davon soll nach Zeitz gehen?


Vizepräsident Wulf Gallert:

Sie können antworten.


Petra Grimm-Benne (Ministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Gleichstellung):

Ich habe die Aufstellung nicht ganz im Kopf. Ich habe die Bescheide am Montag gezeichnet. Danach gehen, glaube ich, zusätzliche Mittel in Höhe von rund 60 000 € - ich möchte mich jetzt nicht festlegen, das würde ich gern noch einmal hinterfragen - an die Geburtsstation in Zeitz.


Vizepräsidentin Anne-Marie Keding:

Frau von Angern, Sie haben auch eine Frage? - Bitte.


Eva von Angern (DIE LINKE):

Danke, Herr Präsident. - Frau Ministerin, ich habe eine Nachfrage, weil Sie bei der letzten Regierungsbefragung nicht dabei sein konnten, wir das Thema dort aber schon angesprochen hatten. Ich habe natürlich mit besonderer Sorgfalt Ihre Antwort auf meine Kleinen Anfragen gelesen, insbesondere zur Einschätzung vom Verband Leitender Kinder- und Jugendärzte und Kinderchirurgen in Deutschland, Landesverband Sachsen-Anhalt. Diese sprechen von einer akuten Gefährdung der Versorgung von Kindern und Jugendlichen in Sachsen-Anhalt durch die Schließung der Kinder-ITS an der Uniklinik, auch wenn sie - hoffentlich - nur vorübergehend ist.

Dem hat Herr Willingmann in der Regierungsbefragung widersprochen. Ich habe gedacht, vielleicht kommt dann die Antwort aus Ihrem Hause. Allerdings ist die Antwort nicht wirklich aus Ihrem Haus gekommen, sondern Sie waren nur Boten. Sie haben deutlich gemacht, dass das vor allem eine Antwort aus der Uniklinik Magdeburg ist. Aber - und darauf will ich hinaus - auch dort wurde dieser Aussage des Verbandes widersprochen.

Nun frage ich Sie - es ist ja nicht irgendjemand, der dort zusammensitzt; es sind die leitenden Kinderärzte in Sachsen-Anhalt, die zu einer solchen Einschätzung kommen  : Ist es wirklich seriös und angemessen zu sagen: „Das stimmt nicht“ - Punkt?


Vizepräsident Wulf Gallert:

Frau Ministerin, Sie können antworten.


Petra Grimm-Benne (Ministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Gleichstellung):

Sie sprechen die Antwort auf die Kleine Anfrage selbst an. Ich finde, wir müssten da unterscheiden. Wir reden von der Schließung der Kinderintensivmedizin. Wir reden nicht von der Schließung der Pädiatrie. Wir reden auch nicht von der Neonatologie, die sozusagen in beiden Bereichen aufrechterhalten worden ist.

Ich habe mit dem Chefarzt Herrn H. gesprochen, der gleichzeitig der Chefarzt im Städtischen Klinikum ist und der für den Verband gesprochen hat. Natürlich ist im Augenblick die Zahl der Kinder- und Jugendmediziner rückläufig und es muss mehr ausgebildet werden. Er hat deutlich gemacht: Die RS-Viren führten im November, Dezember dazu, dass in das Städtische Klinikum und auch in das Universitätsklinikum erkrankte Kinder auch aus der Umgebung kamen - Sie haben es selbst angesprochen  , von Wolfsburg bis Braunschweig, weil hier noch Betten zur Verfügung standen. Er hat angemahnt, dass wir noch weitere Bereiche für genau solche Fälle aufrechterhalten müssen.

Wenn der ganze ländliche Raum keine Punkte mehr hat, wo er bei solchen Erkrankungen selbst stationäre Betten anbieten kann, dann kommt es im Städtischen Klinikum zu Verwerfungen. Die Kinder haben in den Gängen gelegen und konnten nicht mehr versorgt werden, weil wir nichts anbieten können. Wir gucken hier im Land sehr wohl danach, dass wir Stendal entsprechend ertüchtigen, das wir Salzwedel entsprechend ertüchtigen, auch mit Telemedizin.

Ich habe vorhin die Telemedizin angesprochen. Wir reden in jeder Versorgungskonferenz über telemedizinische Netzwerke. Das Universitätsklinikum Halle hat ein wunderbares telemedizinisches Netzwerk auch über Magdeburg und hat damit auch Verlegungen von Intensivpatientinnen und  patienten im Jugendalter verhindert. Ich habe extra gesagt: Das waren 15 Fälle. Dann kann man nicht sagen, dass das, was wir hier tun, nicht zielführend ist. Wir haben das Kleeblattsystem angefragt.

Sie fragen mich immer: Ist die Versorgung gesichert? - Ja, ich kann sagen: Man kann nicht seinen Wunschort erreichen, aber die Versorgung ist in diesem Land gesichert,

(Zuruf von der AfD: Auf dem Papier!)

sowohl für die Kinder als auch für die Eltern und verträglich. Es ist mir lieber, es wird qualitätsgerecht gepflegt und versorgt, als wenn es das nicht der Fall ist. Ich finde, das ist das Höchste, das wir tun müssen.

(Beifall bei der SPD und bei der CDU)

Ich kann die Aussage von Chefarzt H. insoweit nachvollziehen, als er sich große Sorgen macht.

Wir hatten schon sehr viele Auseinandersetzungen darum. Im Bereich Haldensleben wurden auch Geburtsstation und Kinderstation geschlossen. Das passiert in dem ganzen Bereich um Gardelegen. Die Gardeleger fahren nicht nach Salzwedel. Alles, was darum herum ist, kommt natürlich nach Magdeburg. Deswegen müssen wir gucken, dass wir mit der Telemedizin für die einfachen Fälle, z. B. die Viren, dort eine stationäre Möglichkeit haben, die Kinder auch dort aufzunehmen. Das wollen wir dort schaffen.

Ich höre nicht, dass Sie zumindest anerkennen, dass dieses Versorgungsmodell, in das wir noch 10 Millionen € zusätzlich über das Corona-Sondervermögen hineingegeben haben, einer der Bausteine zur Lösung ist, um den ländlichen Raum zukünftig zu versorgen.


Vizepräsident Wulf Gallert:

Danke. - Das war, glaube ich, eine sehr ausführliche Antwort.


Petra Grimm-Benne (Ministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Gleichstellung):

Ja. Ich glaube, das war an dieser Stelle auch einmal nötig.

(Beifall bei der SPD und bei der CDU)