Frank Otto Lizureck (AfD):

Sehr geehrte Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Bereits im Plenum im Oktober 2021 haben wir unser Anliegen, die Briefwahl sicherer und transparenter zu machen, beantragt. Wir verleihen diesem Anliegen nun mit unserem neuen Gesetzentwurf nochmals Nachdruck.

Wir glauben nämlich, dass wir der Demokratie einen guten Dienst erweisen, wenn wir das Vertrauen der Bürger in die Sicherheit der Wahl stärken. Wir diskreditieren die Briefwahl nicht, wie Ministerin Zieschang im Plenum im Oktober 2021 behauptet hat. Nein, ganz im Gegenteil: Wir wollen das erschütterte Vertrauen der Bürger in die Korrektheit der Wahl stärken. Ja, wir wollen sie zurückgewinnen; denn nach einer Insa-Umfrage vom August 2021 glaubt fast jeder fünfte Wahlberechtigte, dass Wahlen manipuliert werden, und das bei einer Terminsetzung dieser Umfrage vor der Bundestagswahl mit ihren eklatanten Fehlern.

Suchen wir also nach den Ursachen für diese Manipulationsvorwürfe, stellen wir fest, dass das mit der Berichterstattung über Wahlen in den USA zusammenhängen könnte, aber ganz sicher auch mit Wahlbetrug bei uns im Land.

Die Vorgänge in Stendal sind hier im Haus genug erörtert worden. Ich gehe nicht weiter darauf ein. Das, was sich jedoch im Jahr 2021 bei der Bundestagswahl und der Wahl zum Berliner Abgeordnetenhaus abgespielt hat, stellt auch Stendal weit in den Schatten. Die Vorgänge in Berlin machen unseren Gesetzentwurf aktueller denn je. Wir als Gesetzgeber haben allen Grund, aus diesem Flurschaden für den Parlamentarismus Konsequenzen zu ziehen, zumal schon jetzt feststeht, dass in Berlin wegen unrichtiger Stimmzettel Hunderte, ja, vielleicht sogar mehrere Tausend Brief- und Frühwahlstimmen ungültig sind - und das bei einer von der OSZE aus guten Gründen offiziell beobachteten Wahl. Ich denke, schlimmer kann man sich nicht blamieren.

Wenn sich diese ungültigen Stimmen im Nachgang im Wahlprüfungsverfahren als mandatsrelevant erweisen, dann kann am besten gleich ein neuer Wahltermin festgelegt werden - traurig. In diesem Zusammenhang frage ich mich: Versteckt sich in diesem Fall bewusste Sabotage aus Machtkalkül hinter der scheinheiligen Maske der Unfähigkeit?

(Juliane Kleemann, SPD, lacht)

Aber es betrifft nicht nur die Briefwahl, sondern auch die Stimmabgabe in Wahllokalen. Wir fordern, dass alle Wahlurnen zwingend amtlich versiegelt werden. Bisher mussten die Wahlurnen lediglich verschließbar sein, also nicht einmal tatsächlich verschlossen. Der Sinn erschließt sich mir nicht. Ein Schloss muss also nur vorhanden sein. Ich selbst habe bei der Kommunalwahl 2019 in Stendal in einem Wahllokal Wahlurnen gesehen, die zwar versiegelt waren, jedoch befanden sich die Siegel an der Scharnierseite. Man konnte die Wahlurne also öffnen, ohne das Siegel zu beschädigen. Ich denke, diese Regelungslücke ist nicht nur fahrlässig, sie ist geradezu eine Einladung zur Manipulation. Es wundert mich, dass Sie als Landesregierung hierzu nicht aus freien Stücken gesetzgeberisch tätig geworden sind.

Wir wollen die Versiegelung öffentlich machen, damit alle, die dies wünschen, die Chance haben, vor der Versiegelung einen Blick in die leere Wahlurne zu werfen,

(Zuruf von Hendrik Lange, DIE LINKE)

die dann bis zum Beginn der Auszählung am Wahltag verschlossen und versiegelt bleibt.

Eine kleine Erläuterung dazu: Ganz praktisch wollen wir eine mit dem kleinen Dienstsiegel der Gemeinden gestempelte Papierstreifenlösung. Wir halten es für geboten, dass der Eingang und die Verwahrung der bei den Wahlämtern mit Beginn der Briefwahl eingehenden Wahlbriefe gesetzlich geregelt und vereinheitlicht wird. Wir wollen eine tägliche zahlenmäßige Dokumentation der eingegangenen Wahlbriefe zum besseren Abgleich und ihre Verwahrung in einem verschlossenen Raum in den Verwaltungen, zu dem auch jeder Zugang dokumentiert werden muss.

Wir halten es für wichtig, solche zentralen Punkte der Wahlgesetzgebung wie die öffentliche Bekanntgabe von Ort und Beginn der Auszählung der Briefwahl nicht irgendwo in versteckten Anhängen und Anlagen, sondern unmittelbar im Gesetzestext zu regeln. Das steigert die Rechtssicherheit. Ich denke, Rechtssicherheit, Vertrauen und Transparenz sind hierbei die Schlüsselworte.

Uns ist bewusst, dass die von uns vorgeschlagenen Ergänzungen des Kommunalwahlgesetzes auch künftig keinen hundertprozentigen Schutz vor Manipulationen bieten. Aber Fälschungen werden schwieriger und das Risiko aufzufliegen steigt wegen des begrenzten und nachverfolgbaren Zugangs zu amtlichen Siegeln der Gemeinden. Abgesehen davon erweitert sich bei der Aufdeckung der Strafrahmen und dämpft damit hoffentlich die kriminelle Energie potenzieller Täter.

Sehr geehrte Abgeordnete! Was im Jahr 1957 als Ausnahme gedacht war, wird mit den Wahlunterlagen heute ohne jede Begründung für einen Antrag auf Briefwahl versendet. Damit werden die Briefwahl und die Frühwahl immer bedeutender und entscheidender. Die Briefwahlquote lag bei der Bundestagswahl 2021 bei 47,3 %. Das lag sicherlich an der Sondersituation der Coronamaßnahmen. Aber damit sollte auch die Sensibilität im Umgang mit Wahlbriefen und  urnen einhergehen. Diese Sensibilität sollte sich in unseren Wahlgesetzen niederschlagen, zumal das Landesverfassungsgericht in Sondersituationen die ausschließliche Briefwahl für verfassungskonform hält. Auch für solche Fälle müssen wir unser Wahlrecht möglichst wasserdicht ausgestalten.

Ich möchte, dass Sie diese Botschaft mitnehmen. Wer sich nicht zur Demokratie bekennt, der wird ohnehin gegen unseren Gesetzentwurf stimmen, weil er meint, die alten, durchlässigen Gesetze verschaffen ihm einen Vorteil. Aber das hat nichts mit Demokratie zu tun.

(Ulrich Siegmund, AfD: Richtig!)

Vorab verwahre ich mich gegen den absehbaren Einwand, wir würden die Briefwahl an sich verunglimpfen und die Wähler absichtlich verunsichern. Das hätten wir nach dem langen Weg, nach dem Wahlchaos am 26. September 2021 bis hin zum nunmehr 12. Februar 2023 gar nicht mehr nötig. Das hat eine breite Mischung aus Inkompetenz, Gleichgültigkeit und Sabotage in Berlin am 26. September 2021 ganz allein geschafft. Das wollen wir in Sachsen-Anhalt ganz sicher unter gar keinen Umständen. Genau deshalb wollen wir Sicherheitsvorkehrungen gegen absichtliche Manipulationen treffen und diese klipp und klar in die Wahlgesetze schreiben.

Ich weiß, die große Masse der Beamten und Angestellten in den Wahlämtern der Gemeinden arbeitet pflichtbewusst und gewissenhaft. Deswegen lege ich Wert darauf festzuhalten, dass unser Gesetzentwurf kein Ausdruck des Misstrauens gegen die vielen haupt- und ehrenamtlichen Wahlhelfer ist. Es sind immer nur ganz wenige schwarze Schafe, denen wir aber die Manipulation so schwer wie möglich machen wollen, um ein Stück weit auch unsere Demokratie zu schützen.

Die Wahl sollte vor dem Bürger als unangreifbar gelten. Machen wir sie also unangreifbar. Der damit verbundene kleine Mehraufwand für Wahlämter und Wahlleiter steht doch in keinem Verhältnis zu dem Mehr an Vertrauen, das Sie mit einer möglichst sicheren Brief- und Urnenwahl wiederherstellen können. Denken Sie daran, dass es hierbei um die härteste Währung geht, die wir als Volksvertreter kennen: das Vertrauen der Bürger und der Wähler. Wir dürfen keine Gelegenheit verstreichen lassen, darum zu ringen. Daher bitte ich darum, den vorliegenden Gesetzentwurf zur weiteren Beratung in den Ausschuss für Recht, Verfassung und Verbraucherschutz zu überweisen. - Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der AfD)