Tagesordnungspunkt 5

Aktuelle Debatte

Atomkraftlaufzeiten verlängern und Energieversorgung nachhaltig sicherstellen

Antrag Fraktion FDP - Drs. 8/2150


Redezeit wie immer zehn Minuten für die Fraktionen und die Landesregierung. Reihenfolge: FDP, AfD, CDU, DIE LINKE, SPD und GRÜNE. Zunächst hat die FDP-Fraktion als Antragstellerin das Wort. - Herr Silbersack, bitte. Sie haben das Wort.


Andreas Silbersack (FDP):

Sehr verehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Für die Zukunft unseres Landes ist Kernenergie von größter Bedeutung.

(Zustimmung bei der FDP und von Guido Heuer, CDU)

Wir brauchen Atomkraft in Deutschland als Baustein unserer Energieversorgung.

(Olaf Meister, GRÜNE: Das dauert mit dem Abbauen!)

Mir ist bewusst, dass der Kanzler in Berlin ein Machtwort gesprochen und gesagt hat, der 15. April ist das Enddatum für die Kernenergie. Dennoch ist es wichtig, dass wir uns das hier zum Thema machen, weil ich das und weil wir das ein Stück weit anders sehen.

Die FDP steht für eine moderne, verantwortungsvolle Energiepolitik. Wir sind der Überzeugung, dass die Nutzung der Atomkraft ein wichtiger Bestandteil unserer Energieversorgung sein muss. Warum ist das so?

Nun. Zunächst einmal hat die Atomkraft in Deutschland in den vergangenen Jahrzehnten bewiesen, dass sie sicher und zuverlässig ist. Unsere Kernkraftwerke haben eine hervorragende Sicherheitsbilanz und die Technologie hat sich in den letzten Jahren ständig weiterentwickelt, um diese Sicherheit weiter zu erhöhen. Atomkraftwerke der neuesten Generation wie der neue europäische Druckwasserreaktor in Finnland zeigen, dass Atomkraftwerke noch sicherer werden.

In neuen und sicheren Technologien der Kernspaltung sehen wir Chancen. Sie könnten mittel- und langfristig die erneuerbaren Energien flexibel ergänzen und so eine unabhängige, verlässliche und klimafreundliche Energieversorgung in Deutschland sichern.

(Zustimmung bei der FDP und bei der CDU)

Atomenergie trägt dazu bei, die Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen zu verringern und den Ausstoß von Treibhausgasen zu reduzieren. Dies ist von unschätzbarem Wert im Kampf gegen den Klimawandel.

Die FDP setzt sich dafür ein, die bestehenden Kernkraftwerke weiterhin sicher und verantwortungsvoll zu betreiben und gleichzeitig in die Forschung an und in die Entwicklung von modernen Kernenergietechnologien zu investieren.

Wir glauben, dass Kernenergie eine wichtige Rolle bei der Energiewende spielen kann. Sie sollte insbesondere im Hinblick auf die Erreichung der Klimaziele im Vordergrund stehen, meine Damen und Herren!

(Zustimmung bei der FDP und von Guido Heuer, CDU)

Wir fordern mit dieser Aktuellen Debatte, den Ausstieg aus der Kernspaltung zu verschieben, meine Damen und Herren. Wir sind der Meinung, dass die Kernenergie eine wichtige Rolle bei der Energiewende spielen kann und sollte, insbesondere im Hinblick auf die Erreichung der Klimaziele.

Im Jahr 2022 haben wir in Deutschland zu jedem beliebigen Zeitpunkt mehr CO2 emittiert als Frankreich. Unsere Nachbarn zeigen, wie man mit Atomstrom besser und schneller Klimaziele erreichen kann. Auch wir als FDP sehen die Kernenergie als einen wichtigen Baustein bei der Erreichung von CO2-Zielen an,

(Zustimmung von Hannes Loth, AfD)

da durch Atomkraft grundlastfähiger Strom CO2-neutral produziert wird.

(Hannes Loth, AfD: Dabei kann man mal klatschen!)

Ein voreiliges Abschalten, wie bisher geplant, ist eine bewusste Entscheidung gegen den Klimaschutz.

(Hannes Loth, AfD: Jawohl! - Jan Scharfenort, AfD: Jawohl!)

Finnland nutzt Atomkraft und versteht dies als wichtigen Beitrag zur Energiewende, geht es doch darum, unabhängig von Wind und Sonnenlicht grundlastfähigen Strom produzieren zu können.

Eine CO2-neutrale Stromproduktion durch Nuklearenergie verbessert die Sicherheit der Stromversorgung und ergänzt erneuerbare Energien um eine wichtige Option zur Reduktion der CO2-Emissionen.

Frankreich möchte in den Bau neuer Atomkraftwerke investieren. Länder wie Polen, die Slowakei, Tschechien haben Pläne für Neubauprojekte. Belgien hat kürzlich den Atomausstieg um weitere zehn Jahre verschoben.

(Jan Scharfenort, AfD: Richtig!)

Selbst die schwedische Klimaaktivistin Greta Thunberg sieht Atomenergie als Teil der Lösung bei der Energiewende.

(Tobias Rausch, AfD: Das stimmt! - Daniel Roi, AfD: Da müsste doch der Herr Striegel gleich aufspringen!)

Atomkraftwerke sind sauber und werden zur Erreichung der CO2-Ziele gebraucht.

Warum halten die GRÜNEN am Ausstieg fest, wenn selbst die bekannteste Klimaaktivistin nicht hinter ihnen steht?

(Cornelia Lüddemann, GRÜNE: Das ist ja nicht einmal eine GRÜNE!)

Wir glauben, sie halten daran fest, da es einer der letzten verbliebenen Gründungsmythen der GRÜNEN ist.

(Zustimmung bei der FDP, bei der CDU und bei der AfD - Jan Scharfenort, AfD: Genau! - Olaf Meister, GRÜNE: Ist deshalb die große Koalition ausgestiegen? Was war denn der Grund?)

Der Pazifismus spielt bei den GRÜNEN schon seit den Kriegen auf dem Balkan in den 90er-Jahren keine Rolle mehr.

(Daniel Roi, AfD: Jetzt liefern Sie Panzer, Sie Kriegstreiber!)

Der Naturschutz wird dem Klimaschutz geopfert. Sie versuchen nun, sich aus ideologischen Gründen

(Daniel Rausch, AfD: Genau!)

an Ihrem Gründungsmythos „Atomkraft? Nein danke!“ festzuklammern,

(Jan Scharfenort, AfD: Richtig!)

und sind dabei ideologisch Getriebene, während unsere Nachbarländer Atomkraft als Teil der Energiewende begreifen, meine Damen und Herren.

(Zustimmung bei der FDP - Beifall bei der AfD - Zurufe von der AfD: Richtig! - Jawohl!)

Wann stellt sich bei Ihnen die von der Realität eingeforderte Vernunft ein?

(Jan Scharfenort, AfD: Richtig!)

Setzen Sie nicht den Wohlstand Deutschlands aufs Spiel.

(Jan Scharfenort, AfD: Richtig!)

Sie gefährden damit den Industriestandort Deutschland und handeln verantwortungslos.

Am 16. Dezember 2022 gab es eine Energiemangellage in Deutschland. Die Höhe des Nettoimports an Strom lag zu diesem Zeitpunkt bei 5 GW. Trotz der Gasmangellage dieses Winters wurden an diesem Tag 19 GW Leistung von Gaskraftwerken erzeugt, ein historischer Höchstwert. Zum Vergleich: Aktuell liefern die drei noch am Netz befindlichen Atomkraftwerke etwa 4 GW Leistung. Ohne Atomkraft hätte sich an diesem Tag die Frage gestellt, ob ausländische Unternehmen die zusätzlichen 4 GW überhaupt hätten liefern können.

Der Industriestandort Deutschland braucht eine planbare Perspektive und Energiesicherheit auch bei strengem Winter. Falls die vom Ministerium für Wirtschaft und Klimaschutz eingeplanten erforderlichen Einsparungen bei Gasverbräuchen künftig nicht erreicht werden, könnte es zu einer Mangellage bei Gas kommen. Das heißt, unter der Annahme eines strengen Winters reichen die in Deutschland zur Verfügung stehenden Gaskapazitäten künftig nicht aus. Strom- und Produktionsausfälle auch bei Gas verarbeitenden Industrien wären die Folge. Als eine mögliche Konsequenz bedeutet dies, dass auch Nahrungsmittel- und Pharmaunternehmen nicht mehr produzieren können, da ihnen Grundstoffe fehlen.

Ein Industrieland wie Deutschland braucht Energiesicherheit für 100 % des Bedarfs an Strom und Gas auch zu Zeiten von Dunkelflauten. Grundlastfähiger Strom aus Kernenergie ist unverzichtbar, um die Gasversorgung zu schonen und um die Energie- und Gasversorgung in strengen Wintern sicherzustellen, damit Gaskraftwerke zur Stromerzeugung seltener gebraucht werden und Gas für die stoffliche Verwendung weiter zur Verfügung steht, meine Damen und Herren.

Auch in den kommenden Wintern besteht die Möglichkeit lang anhaltender tiefer Temperaturen, weswegen Atomenergie künftig gebraucht wird, um eine unabhängige Stromproduktion sicherzustellen.

Kernenergie hat das Potenzial, die Preise für Gas und Strom um 19 % zu senken, so eine Studie der Universität Erlangen. Dies reduziert die Kosten für den Strom und für die Gaspreisbremse. Bürger und Unternehmen werden bei den Eigenanteilen entlastet und der Wirtschaftsstandort Deutschland gestärkt.

Atomkraft hat damit eine wichtige Auswirkung auf unsere Wirtschaft. Niedrige Kosten bedeuten mehr Arbeitsplätze und Wirtschaftswachstum. Eine verantwortungsvolle Nutzung der Kernenergie trägt somit auch zur Stärkung unserer Wirtschaft bei. Atomkraft bietet eine unabhängige, zuverlässige Energielösung.

Uns ist die Atomenergie wichtig. Wir setzen uns dafür ein, die bestehenden Kernkraftwerke weiterhin sicher und verantwortungsvoll zu betreiben und gleichzeitig in die Forschung an und in die Entwicklung von modernen Kernenergietechnologien zu investieren.

Kernenergietechnologie ist Zukunft. Dies zeigt der wissenschaftliche Durchbruch bei der Kernfusion im Dezember des letzten Jahres, ein Meilenstein.

Deshalb, meine Damen und Herren, sagen wir, wir brauchen die Atomenergie. Wir brauchen die drei Kernkraftwerke.

(Zuruf von der AfD: Jawohl!)

Sie müssen fortgeführt werden. Der Betrieb muss fortgesetzt werden.

Wir müssen zudem in die neuen Technologien investieren, auch in die Kernfusion. Das sind Möglichkeiten. Wir können uns davon nicht verabschieden. Wir als Freie Demokraten fordern insofern auch, dass ein Technologiefreiheitsprinzip gesetzlich verankert wird. Wir können es uns nicht leisten, uns jetzt und auch in Zukunft aus dem europäischen Kontext herauszunehmen und auf diese Technologien zu verzichten, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der FDP - Zustimmung bei der CDU)

Der erste Kernfusionsreaktor, der Strom für Unternehmen und Haushalte produziert, soll in Deutschland gebaut werden. Auch Sachsen-Anhalt sollte versuchen, sich schnellstmöglich in der Forschung zur Kernfusion aufzustellen.

(Tobias Rausch, AfD: Das stimmt!)

Eine Verlängerung der Laufzeiten von Kernkraftwerken über den 15. April 2023 hinaus ist für Deutschland dringend notwendig.

(Tobias Rausch, AfD: Richtig!)

Um die drei noch aktiven deutschen Atomkraftwerke über das Jahr 2023 hinaus zu nutzen, sind keine hohen Investitionen notwendig. Lediglich neue Brennelemente sollten beschafft werden. Da Brennelemente in diesen Reaktoren für drei bis vier Jahre im Einsatz sind, sollten die AKW dann allerdings sinnvollerweise auch mindestens so lange am Netz bleiben. Belgien zeigt, wie es geht.

Kernenergie wird zur Sicherstellung der Energieversorgung in den kommenden Wintern gebraucht. Wenn Klimaschutzziele als wichtig eingestuft werden, ist Kernenergie für die grundlastfähige Energieversorgung aktuell sogar alternativlos. Die Kernkraftwerke Isar 2, Neckarwestheim 2 und Emsland sind für eine sichere, CO2-neutrale, grundlastfähige Energieversorgung für Deutschland momentan unentbehrlich.

(Tobias Rausch, AfD: Richtig!)

Wir brauchen eine Atomkraftlaufzeitverlängerung jetzt. Noch nie waren wir mehr auf Atomstrom angewiesen. Ich bin davon überzeugt, dass die Nutzung der Atomkraft eine unverzichtbare und wichtige Komponente für eine zukunftsfähige Energieversorgung ist. Wir müssen neue Kerntechnologien fördern und in Forschung investieren. Kernenergie ist eine sichere, zuverlässige und umweltfreundliche Energieversorgung.

(Cornelia Lüddemann, GRÜNE: Nein!)

Ich danke Ihnen recht herzlich.

(Beifall bei der FDP - Zustimmung bei der CDU und bei der AfD - Sebastian Striegel, GRÜNE: Und wohin kommt das Endlager?)


Vizepräsident Wulf Gallert:

Herr Silbersack, es gibt noch eine Frage von Herr Loth. Wollen Sie die Frage von Herrn Loth beantworten?


Andreas Silbersack (FDP):

Gerne.


Vizepräsident Wulf Gallert:

Bitte sehr. Herr Loth, Sie haben das Wort.


Hannes Loth (AfD):

Sehr geehrter Herr Silbersack, ich durfte auch ab und an zum Thema Atomkraft hier im Parlament reden und mir wurde dabei immer dieselbe Frage gestellt, gerade aus der Ecke dahinten: Wollen Sie den Atommüll dann in Halle verbuddeln? Das war meine Frage. Ansonsten: tolle Rede, danke schön, dass Sie das AfD-Grundsatzprogramm zitiert haben.

(Ulrich Siegmund, AfD, lacht - Zuruf von Sebastian Striegel, GRÜNE - Weitere Zurufe)


Andreas Silbersack (FDP):

Nein, wir sind immer technologieoffen. Selbstverständlich ist nicht nur Sachsen-Anhalt, sondern Deutschland seit vielen Jahren dabei, nach Endlagern zu suchen.

(Sebastian Striegel, GRÜNE: Das ist ja nicht sehr erfolgreich! - Tobias Rausch, AfD: Sei doch mal ruhig da drüben!)

Das wird evaluiert. Da hat man sich auf den Weg gemacht. Insofern wird man das auch auf einen richtigen Weg bringen. Ich glaube, jetzt zu sagen, wo es genau sein soll, das obliegt den Wissenschaftlern, den Experten und nicht mir. - Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP - Zustimmung bei der CDU - Sebastian Striegel, GRÜNE: Billig!)