Rainer Robra (Staats- und Kulturminister):

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Für mich ist zunächst einmal unabhängig von der Frage, wie sich der Ausstieg aus der Braunkohle entwickelt, das Wichtigste, dass wir einen verlässlichen Planungshorizont brauchen. Der muss für uns bis zum Jahr 2038 gehen.

(Zustimmung bei der CDU)

Wir müssen die Dinge, die jetzt in Angriff genommen worden sind - wir sind da in der Tat zurzeit in den Mühen der Ebenen  , jetzt so in die Zeitachse stellen, dass sie dann vernünftig realisiert werden können.

Was wir jetzt überhaupt nicht gebrauchen können, ist hektische Betriebsamkeit, bei der der Zweite dem Ersten in die Hacken tritt usw. Das ist, ehrlich gesagt, der Kern der Vereinbarung zwischen den Kommunen, die sie von sich aus, unterstützt durch uns, unter das Stichwort Reviergerechtigkeit gestellt haben. Das ist in der Tat ein großer Fortschritt.

Ich will gern die Zahlen wiederholen: Der Burgenlandkreis erhält 28 % und damit 432,5 Millionen €, der Saalekreis und der Landkreis Mansfeld-Südharz erhalten jeweils 20 % und mithin 308,9 Millionen € - das ist ja alles kein Pappenstiel  , der Landkreis Anhalt-Bitterfeld erhält 18 % und damit 278 Millionen € und die Stadt Halle erhält 14 %, also 216,2 Millionen €. Wer weiß, welche Anträge da in den jeweiligen Gebietskörperschaften in der Erwägung waren, der hat eine ungefähre Vorstellung davon, was das in der Realität bedeutet, nämlich abspecken, auf das eine oder andere verzichten.

Ich gebe gerne zu, dass uns da das JTF-Programm, also das Programm der Europäischen Union, mit dem ein gerechter Ausstieg aus der Kohlewirtschaft herbeigeführt werden soll, sehr geholfen hat; denn diese Größenordnungen beziehen sich auf das Kohleinvestitionsgesetz der Bundesrepublik Deutschland. Der JTF gibt uns gewissermaßen noch weitere Spielräume, über die wir gesondert sprechen, aber in denen eben auch schon einige der Projekte, die vorher hier waren, mittlerweile vorangemeldet sind.

Genau da liegt das Problem. Vier Vertreter von Gebietskörperschaften, drei Landräte und ein amtierender Oberbürgermeister, haben das Ergebnis, das gemeinsam ausgehandelt worden ist, unterzeichnet. Der Landrat des Saalekreises Herr Handschak zögert noch, obwohl sein Kreistag, wie wir wissen, ihm schon längst grünes Licht gegeben hat. Er zögert, weil er bei zwei Vorhaben immer noch nicht glaubt, sich auf die Zusagen des Landes verlassen zu können.

Das ist zum einen der „MerInnoCampus“ in Merseburg, ein wirklich seit Langem verfolgtes Thema. Dazu gibt es in den nächsten Tagen - das ist schon festgemacht worden- einen Termin, an dem Staatssekretär Dr. Ude, der zu Recht hier schon gelobt worden ist, der Landrat Herr Handschak, Prof. Krabbes als Vertreter der Hochschule und Vertreter der Entwicklungsgesellschaft des Saalekreises teilnehmen werden. Ferner werden Vertreter des MWU und der Staatskanzlei, speziell des Referates, das sich mit dem Strukturwandel befasst, teilnehmen, damit der Innocampus Hochschule Merseburg auf der Grundlage der Richtlinie des MWU „Wissenschaft JTF“ gelöst wird.

Der Landrat wollte es über die Entwicklungsgesellschaft des Saalekreises machen. Das geht technisch nicht, weil der JTF - die Regeln hat die EU festgelegt - keine Förderung von kommunalen Gebietskörperschaften vorsieht. Alle sind vor Ort damit einverstanden, dass es die Hochschule macht. Da gibt es kein Ziehen, Zerren oder Spreizen. Das wird kommen.

Beim zweiten Projekt handelt es sich um den Bioeconomy Hub. Da muss man mal ehrlicherweise zugeben, Herr Erben, dass wir uns in Bewegung befinden. Das ist kein statischer Prozess, bei dem wir heute schon genau wissen, wie es in fünf oder in zehn Jahren aussehen wird. Es ist bei allen Beteiligten völlig unstrittig, dass nach der Genehmigung des CTC, also des Großforschungszentrums für eine Chemie-Kreislaufwirtschaft, der Bioeconomy Hub noch einmal neu gedacht werden muss.

(Zustimmung von Guido Heuer, CDU)

- Ja. Der wird sich da eingliedern. Auch dazu gibt es Gespräche. Auch die CTC-Leute sind dazu bereit. Die Dinge werden also kommen, das wird gelöst. Deswegen appelliere ich von hier aus noch einmal an den Landrat Herrn Handschak: Unterschreiben Sie bitte.

Jetzt komme ich zum Stichwort Antragsstopp, der bei mir in den Vorgängen immer nur in Anführungsstrichen stand. Dazu sage ich, keiner hat sich darüber, wie es kommuniziert worden ist, mehr geärgert als ich selbst. Mir ging es ja nicht viel anders. Ich habe das als, sagen wir mal, Arbeitsbegriff schon verstanden und auch abgehakt. Aber das war unter den Gebietskörperschaften abgesprochen worden.

Das Problem ist schlicht und ergreifend: Wir haben im Landesarm noch 33 Anträge, die bearbeitet werden. Davon sind 15 Anträge auch schon bewilligt worden. Es war ein Antrag dabei, den die Stadt Halle eigentlich in den JTF verschieben wollte. Wir wollten das auch.

Er ist aber von einem freien Träger schon vor geraumer Zeit nach dem Investitionsgesetz Kohleregionen angemeldet worden. Aber unsere Bewilligungsstellen - das sind die Investitionsbank, das Landesverwaltungsamt und die NASA - haben gesagt, wir können das nicht länger zurückhalten. Da gab es schon die Androhung einer Untätigkeitsklage. Der Antrag ist im Dezember dann noch nach dem Investitionsgesetz Kohleregionen genehmigt worden. Das Vorhaben wird das Budget der Stadt Halle belasten.

Das zeigt, dass das Thema Reviergerechtigkeit und Vereinbarungen zwischen den Kommunen natürlich jetzt auch auf unsere Richtlinie ausstrahlt. Wenn alle unterschrieben haben, ändern wir die Richtlinie. Dann ist es vorbei - Sie haben den Begriff selbst verwendet - mit dem Windhundrennen.

Natürlich ist es so: Wer jetzt auf der Grundlage der vorhandenen Richtlinie, die diese Vereinbarung zur Reviergerechtigkeit noch nicht widerspiegeln kann, einen Antrag gestellt hat, hat auch einen Anspruch darauf, dass der vernünftig bearbeitet wird. Das haben uns, wie gesagt, die Bewilligungsstellen gesagt. Dann haben meine Leute gesagt, dann nehmen wir in einem kurzen Zeitraum, also so lange, bis diese Vereinbarung unterschrieben worden ist und wir die in die Richtlinie aufgenommen haben, keine neuen Anträge mehr entgegen.

Parallel dazu hatten Sie aber herumgefragt und die Antwort erhalten, dass keine der Gebietskörperschaften über die 33 Anträge hinaus, die schon in der Pipeline sind, in diesem Zeitraum weitere Anträge nachschieben wollte. Das war, wie gesagt, mit denen auch abgesprochen. Also, insofern ist nichts passiert, außer dass verunsichert worden ist. Da streue ich mir auch Asche aufs Haupt. Natürlich habe ich die politische Verantwortung für diese Kommunikation. Es ist nichts passiert. Es geht alles voran. Insofern sind wir wirklich gut in der Spur.

Wir haben als große Grundlage nach wie vor das Strukturentwicklungsprogramm. Wir haben die Richtlinie. Wir haben gemeinsam mit den Gebietskörperschaften eine Bewertungsmatrix einvernehmlich abgestimmt, sodass sie alle dieselben qualitativ hochwertigen Kriterien zugrunde legen. Mit dem Wünsch-dir-was-Prinzip und, ehrlich gesagt, Herr Erben, der Wand am Naumburger Dom ist es längst vorbei. Das ist ein mittlerweile Jahre zurückliegendes Vorhaben gewesen, das auf der Grundlage des Sofortprogramms finanziert wurde.

Da sage ich mal - damals war ich für dieses Thema noch gar nicht zuständig  , da haben sich andere in Sachsen-Anhalt zu fragen, warum haben wir keine Projekte in der Pipeline gehabt, während bspw. Sachsen schon Projekte in der Pipeline hatte, sodass sie sie in das Sofortprogramm hineinschieben konnten. Hätten wir das damals nicht passieren lassen, hätten wir aus dem Sofortprogramm überhaupt nichts gehabt.

Bedauerlicherweise wird das jetzt immer wieder hochgezogen. Das nützt nichts und niemandem; denn wir haben mittlerweile natürlich ganz andere Vorhaben. Wenn man mal schaut, wo wir fördern, dann stellt man fest, dass der Förderschwerpunkt ganz klar auf wirtschaftsnahen Investitionen, auf Industrie- und Gewerbegebieten in den verschiedenen Kommunen in allen beteiligten Landkreisen und auch in der Stadt Halle liegt.

Wir sind die Ersten, denen die Kommission den Just-Transition-Fund-Plan genehmigt hat. Dazu konnten wir eine schöne Veranstaltung für alle Reviere einschließlich des nordrhein-westfälischen Reviers bei uns in Naumburg, an der auch Vertreterinnen der Kommission teilnahmen, durchführen. Also, wir sind da gut unterwegs.

Im Landesarm - Sie haben danach gefragt - eilt die Zeit. Von den 1,6 Milliarden € ist knapp 1 Milliarde € für 35 Projektanmeldungen gebunden. Bei den Förderlotsen der IB sind 33 Einreichungen schon als Anträge qualifiziert worden. Zwei werden noch mit den Förderlotsen der IB besprochen.

Auch das will ich einmal hervorheben: Das sind Strukturen - da war ja nichts  , die wir erst schaffen mussten. Ich bin der IB sehr dankbar dafür, dass sie sich darauf eingelassen hat, auch vor Ort Förderlotsen zu installieren, damit nicht jeder, der etwas haben will, nach Magdeburg kommen muss. Da ist ja unheimlich viel Abstimmung vor Ort erforderlich. Die Leute müssen miteinander sprechen. Wir verbessern die Bürgerbeteiligung noch über das hinaus, was wir schon haben.

Wir haben das Thema Revierpioniere, diesen Ideenwettbewerb, der auch mit Geld untersetzt worden ist und mit dem auch wirklich kleine Mikroideen gefördert werden können.

Wir wollen darüber hinaus so eine Art Bürgerbeirat installieren. Die Arbeitsebene ist dabei, das in Abstimmung mit den Revieren zu tun, sodass eben wirklich Bürgerbeteiligung entsteht. Natürlich hat der Strukturwandel ein Gesicht. Das war eine für mich sehr nachvollziehbare und auch sympathische Beschreibung. Das sehe ich überhaupt nicht anders.

Natürlich wollen wir das alles auch aufnehmen. Wir haben sogar in der Covid-Zeit diese Videoschalten mit den Beteiligten vor Ort gemacht. Wir werden das in der Realität jetzt natürlich Face-to-Face nachholen. Uns ist es auch ganz wichtig, dass wir da vorankommen.

Ein großes Thema, das uns bewegt, aber auch den Bund, ist die Reserve für Preissteigerungen. Der Bund hat 15 % im Bundesarm eingeplant. Wir wollen jetzt 12,5 % im Landesarm einplanen. Das heißt: nicht generell; es gibt auch Vorhaben beim Bund, bei denen erfahrungsgemäß nicht mit Preissteigerungen zu rechnen ist. Bei denen wird das nicht gemacht. Aber wir sind in der Realität, gerade weil schon so viele Vorhaben unterwegs sind, sehr damit konfrontiert.

Der Bund hat uns jetzt noch einen weiteren kleinen Tort angetan, indem er abweichend von den bisherigen Überlegungen mitgeteilt hat, dass er die Eigenleistungen freier Träger - es gibt auch Anträge freier Träger; das ist nicht ausgeschlossen - zukünftig nicht mehr als Eigenleistung des Landes anerkennen wird - mit der Folge, dass der Bund Gesamtkosten abzüglich Eigenanteil betrachtet und darauf dann seine 90 % bezieht. Wir sind gerade dabei, das auch noch einmal auszupendeln. Sachsen, Brandenburg, Nordrhein-Westfalen und wir sehen gemeinsam keine Möglichkeit, an dieser Einordnung irgendetwas zu ändern. Aber so werden wir - ich sprach davon, das ist ein lebendes Programm und bewegt sich - gelegentlich auch mit Überraschungen konfrontiert, auf die wir dann gemeinsam reagieren müssen.


Vizepräsidentin Anne-Marie Keding:

Vielen Dank, Herr Robra. - Es gibt drei Fragen aus drei Fraktionen, und zwar von Frau Eisenreich, Herrn Dr. Schmidt und Herrn Roi. - Zunächst Frau Eisennreich, bitte.


Kerstin Eisenreich (DIE LINKE):

Vielen Dank, Frau Präsidentin. - Herr Minister, Sie haben genau am Schluss diese Unwägbarkeiten und Änderungen angesprochen. Auch mir war zu Ohren gekommen, dass es vom Bund inzwischen die Ansage gibt - das Gesetz besagt ja eine Förderung von bis zu 90 %  , von diesem Passus Gebrauch zu machen und zu sagen, es sind nicht immer 90 %. Damit entstehen teilweise Förderlücken, vor allen Dingen was Gebietskörperschaften anbetrifft. Sie haben das jetzt mit „freien Trägern“ umrissen. Die erste Frage lautet: Wissen Sie diesbezüglich schon Genaueres?

Zu der zweiten Frage. Sachsen und Brandenburg sind wohl dabei zu überlegen oder haben schon ziemlich fest eingeplant, bezüglich dieser Lücke einzuspringen. Wie ist der Diskussionsstand in Sachsen-Anhalt?


Rainer Robra (Staats- und Kulturminister):

Zunächst: Mein erster Schritt in diesem Lernprozess der Begleitung des Bundesarms war die Erkenntnis, dass es eben nicht die 90-%-Förderung für alles gibt, weil der Bund frisches Geld in den Topf hineingetan hat - damit ist das so - und erhebliche Anteile des Bundesarms über Programme der einzelnen Ressorts abwickelt. Dann gilt ohnehin immer der jeweilige Fördersatz, der sich in dem Programm generell wiederfindet.

Dort, wo bisher 90 % galten, hat der Bund uns jetzt mit der Information sozusagen kalt erwischt, dass bei freien Trägern     Es sind nicht so viele freie Träger, die Anträge stellen. Aber auch dabei muss immer das kommunale Interesse begründet werden. So hat bei dem Antrag, über den ich schon gesprochen habe, der Stadtrat in Halle seinerzeit auch gesagt, das liegt im städtischen Interesse.

Wir haben noch keine abschließende Antwort. Wir werden das genauer analysieren müssen und sind auch noch mit den Kolleginnen und Kollegen in den anderen Bundesländern, die in derselben Weise betroffen sind wie wir, im Austausch. Wir müssen das wahrscheinlich konkret auf den Antrag bezogen betrachten und werden vielleicht auch besser beraten sein, keine generelle Regelung zu finden; denn unter den freien Trägern gibt es auch wieder ein sehr großes Spektrum. Es gibt welche, denen das überhaupt nichts ausmacht, ihren Anteil zu erhöhen und dieses Delta sozusagen selbst zu schließen. Andere werden von den Kommunen unterstützt werden können. Aber uns ist bewusst, dass wir als Land auch adressiert sind.


Vizepräsidentin Anne-Marie Keding:

Vielen Dank, Herr Robra. - Herr Dr. Schmidt.


Dr. Andreas Schmidt (SPD):

Herr Minister, zu dem Thema MerInnoCampus und BioEconomy Hub haben Sie angekündigt, dass es ein Gespräch geben wird


Rainer Robra (Staats- und Kulturminister):

Ja.


Dr. Andreas Schmidt (SPD):

zwischen dem Landrat, Herrn Dr. Ude und dem Rektor der Hochschule Merseburg, in dem darüber beraten werden soll, wie JTF-Mittel dorthin gelenkt werden, die sich in der Verwaltung eines Hauses befinden, das an diesem Gespräch gar nicht teilnimmt.


Rainer Robra (Staats- und Kulturminister):

Entwicklungsgesellschaft Saalekreis.


Dr. Andreas Schmidt (SPD):

Wird denn Herr Dr. Ude die Aussage mitbringen, dass erstens die beiden Projekte aus dem JTF förderfähig sind, und dass zweitens die Mittel dafür bereitgestellt werden? Der Betrag, der für beide Projekte zur Verfügung gestellt werden muss, ist nicht ganz unerheblich.


Rainer Robra (Staats- und Kulturminister):

Sie kennen vielleicht nicht - Sie müssen es auch nicht kennen - mein Schreiben vom 14. Dezember an Landrat Handschak, das ich auf der Grundlage einer Zuarbeit des Ministeriums für Wissenschaft und Umwelt verfasst habe. Um genau zu sein: Es war nicht nur eine Zuarbeit, sondern ich habe das Schreiben genommen, so wie ich es von dort im Wege der Mitzeichnung bekommen habe, und habe es weitergeleitet. Darin haben wir - Kollege Willingmann und ich - einvernehmlich bestätigt, dass der Errichtung des BioEconomy Hub im Saalekreis - zwischenzeitlich eine neue Erkenntnis: das CTC, eine Facette - und dem Ausbau des Merseburger Innovationscampus im Grunde nichts entgegensteht und wir die Finanzierung sichern werden, vorzugsweise aus dem JTF. Genau dieser Prozess findet jetzt statt. Staatssekretär Dr. Ude fährt nicht dorthin, um mit den Leuten darüber zu sprechen, ob das realisiert wird, sondern es geht nur um das Wie.

Die Zusage des Landes, dass beide Projekte auch im Landesinteresse liegen und die Förderung realisiert wird, habe ich dem Landrat gegeben. Das reicht ihm noch nicht. Er will vielleicht einen Bescheid haben; ich weiß es nicht so genau.

(Zuruf von Siegfried Borgwardt, CDU)

Aber das läuft, und zwar in erster Linie über den JTF.


Vizepräsidentin Anne-Marie Keding:

Vielen Dank. - Herr Roi, bitte.


Daniel Roi (AfD):

Vielen Dank. - Eigentlich hatte ich nur eine sehr kurze Frage. Aber ich will noch auf den anderen Sachverhalt eingehen, der soeben besprochen wurde. Die eigentliche Frage ist: Wie viele Projekte haben wir eigentlich seit 2020 nicht nur konkret irgendwo vorgestellt, eingereicht und als etatreif bestätigt, sondern wie viel Geld ist seit 2020 bis heute schon verbaut worden? Die Frage, was innerhalb von drei Jahren eigentlich schon passiert ist, stellen sich immer mehr Leute.

Die Frage zum Saalekreis, die soeben schon besprochen wurde, ist darauf zurückzuführen, dass das Budget im Saalekreis und auch in Halle massiv überzeichnet war. Das wiederum liegt daran, dass die Landesregierung mal wieder, wie bei so vielen EU-Förderungen, viel, viel zu spät eine Richtlinie herausgegeben hat, die sie dann noch einmal erneuert hat, und dass selbst in dieser Richtlinie nicht geregelt war, wie das Geld überhaupt verteilt wird.

Genau hierin liegt wieder das Problem der Landesregierung: Sie machen sich immer erst dann Gedanken, wenn das Kind in den Brunnen gefallen ist. Deshalb haben wir jetzt die Situation, dass die Konfrontation konkret mit dem Saalekreis auf dem Tisch liegt. Sie sprachen von einer Bewertungsmatrix. Seien Sie einmal ehrlich und sagen uns, wann Sie die Bewertungsmatrix verabschiedet haben. Damals gab es überall in den Landkreisen schon die Arbeitsgruppen, und man wusste gar nicht, wonach man eigentlich sucht. Das hat dazu geführt, dass viele Projekte eingereicht wurden, weil alle dachten: Wenn wir jetzt nicht handeln, dann gehen wir am Ende leer aus. Genau das führte zu dem Chaos, in dem wir uns jetzt befinden. Der Ursprung des Chaos ist wieder einmal die Landesregierung, weil Sie Ihre Arbeit viel zu spät gemacht haben. Das wollte ich an der Stelle nur einmal sagen.

Vielleicht beantworten Sie die Frage, wie viel denn bis heute schon verbaut worden ist.


Vizepräsidentin Anne-Marie Keding:

Herr Robra.


Rainer Robra (Staats- und Kulturminister):

Sehr geehrter Herr Abg. Roi, es gibt kein Chaos. Ich glaube, keiner der Landräte und auch nicht der Bürgermeister von Halle würden behaupten, dass ein Chaos angerichtet wurde. Was wir gemacht haben     Ich möchte nicht wissen, was Sie gesagt hätten, wenn wir als Landesregierung die Budgets festgesetzt hätten.

(Zustimmung bei der CDU und von Andreas Silbersack, FDP)

Ich hätte gar nicht gewusst, wer bekommt 28 %, wer bekommt 20 %.

(Zuruf von Daniel Roi, AfD)

Das ist doch ein Prozess, der von unten wachsen muss. Ich bin stolz darauf, dass es uns gelungen ist - Herr Erben hat es im Grunde genommen auch so dargestellt  ,

(Rüdiger Erben, SPD: Das stimmt!)

dass sich die Landräte und der Bürgermeister verständigt haben, und wir nicht von oben ex cathedra verkündet haben: Aber wir finden, die Auswirkung ist so und so. Ich glaube, Sie hätten uns mit viel größerem Recht kritisiert, wenn wir in die Richtlinie einfach irgendwelche Budgets oder Proportionen hineingeschrieben hätten.

Wir haben jetzt im Landesarm 15 Bewilligungen. Es handelt sich überwiegend, wie gesagt, um Gewerbegebiete, Industriestraßen und vieles andere mehr. Wie weit diese jetzt im Einzelnen sind, damit bin ich im Moment überfragt. Ich bitte um Verständnis. Wir führen eine Aktuelle Debatte. Ich bereite mich auf die Themen vor, die aktueller Natur sind. Ich bin gern bereit - wenn Sie sich die Mühe machen wollen  , eine Kleine oder Große Anfrage zu diesem Thema zu beantworten. Von mir aus kann es gern eine Große Anfrage sein; dann müssen Sie einmal alles aufschreiben, was Ihnen auf dem Herzen liegt. Ich habe ein Interesse daran, dass das kommuniziert wird. Aber ich kann jetzt nicht zu jedem einzelnen Projekt sagen, welchen Erledigungsstand es hat. Das wäre aus der Sicht der Landesregierung auch übertrieben.

Das ist ein Programm für die Reviere. Das ist ein Programm für die Menschen - das kann ich auch nur noch einmal unterschreiben  , denen jetzt Unternehmen verlustig gehen und die qualifizierte, gut bezahlte Arbeitsplätze anzubieten haben. Wir wollen, dass auch für die kommende Generation qualifizierte und gut bezahlte Arbeitsplätze zur Verfügung stehen, vor allen Dingen auch Ausbildungsplätze. Das bedrückt mich persönlich am allermeisten. Einer der ausbildungsintensivsten Betriebe dort unten war die Mibrag, die nicht nur für - ich sage einmal - „vor der Hacke ist duster“, also für den Bergbau ausgebildet hat, sondern die die unterschiedlichsten Berufsbilder in ihrem Portfolio hatte. Wenn ein solches Unternehmen ausfällt, dann muss man eine Menge neuer Unternehmen ansiedeln, die das zu ersetzen vermögen.

Ich will es nicht immer wieder beklagen, aber lassen mich an der Stelle doch noch einmal sagen: Für uns ist es nach wie vor unbefriedigend, dass das Investitionsgesetz Kohleregion nicht direkt die Wirtschaft fördern kann. Deswegen waren wir so glücklich, dass wir bei der EU nach langen Gesprächsrunden und Verhandlungen im JTF auch die einzelbetriebliche Förderung unterbringen konnten - mit Maßgaben, wie immer. Aber das ist das Thema.

(Daniel Roi, AfD: Die Landesregierung hat zu lange geredet!)