Konstantin Pott (FDP):

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen! Als parlamentarischer Arm der Jungen Liberalen wurde ich bisher noch nicht bezeichnet, aber man lernt ja immer noch dazu.

Ich möchte vielleicht die Aktion - sie wurde angesprochen  , die die JuLis Halle gemacht hat, einmal erklären. Die JuLis Halle haben sich nämlich inhaltlich mit dem Thema Klimaschutz auseinandergesetzt, haben ein Klimaschutzkonzept für die Stadt Halle entworfen und wollten darüber ins Gespräch kommen. Das haben die Aktivisten übrigens abgeblockt. Wie dazu also die Diskursbereitschaft war, sieht man, glaube ich, ganz gut.

(Zustimmung bei der FDP und bei der CDU)

Lassen Sie mich zu Beginn meiner Rede etwas ganz deutlich sagen: Wir halten weder die Besetzung eines Hörsaals noch Klebeaktionen an Kunstgegenständen oder im Straßenverkehr für geeignete Mittel im demokratischen Diskurs. Nach den langen Einschränkungen in der Lehre aufgrund der Pandemie über mehrere Tage den größten Hörsaal der MLU zu besetzen, scheint ebenso wenig geeignet und in höchstem Maße fragwürdig wie das Provozieren kilometerlanger Staus, um für die Wichtigkeit der Erreichung der politisch determinierten Klimaziele zu demonstrieren.

Solche Aktionen lassen vermuten, dass es den Aktivisten zumindest nicht immer um die Sache geht. Lassen Sie mich deshalb in den nächsten Minuten etwas dazu sagen, um etwas zur Versachlichung der Thematik beizutragen, bevor im nächsten Redebeitrag womöglich Perspektiven wieder etwas ideologiegetriebener vorgetragen werden.

(Olaf Meister, GRÜNE, lacht - Zuruf von Olaf Meister, GRÜNE)

Die Aktivisten, eine Gruppierung von Studenten aus Halle namens „End Fossil: Occupy!“, sind Teil der Klimagerechtigkeitsbewegung, deren zentrales Ziel es ist - Zitat  , die fossile Industrie zu zerschlagen - Zitat Ende  , und zwar als ein - Zitat - für alle gut verkraftbarer Weg zur Klimaneutralität.

Ich möchte den Aktivisten freundlich entgegnen, dass wir in der sachlichen Auseinandersetzung und im wissenschaftlichen Diskurs, den die Aktivisten als Studenten der MLU hoffentlich auch kennen, durchaus kritisch anerkennen müssen, dass die erneuerbaren Energien wie Sonnen- und Windenergie aufgrund ihrer vergleichsweise schlechten Energiedichte und den bislang fehlenden geeigneten Speicherlösungen ein großes Manko in der Diskussion um die Energiewende haben.

(Zustimmung von Jan Scharfenort, AfD)

Während ersteres Problem schlicht den zugrundeliegenden physikalischen Eigenschaften entspringt, liegt das echte Potenzial der erneuerbaren Energien vor allem in neuen effizienten Energiespeichersystemen. Hierbei hoffen wir allerdings auf zukünftige technologische Errungenschaften und Innovationsschübe in Forschung und Entwicklung, die wir als Freie Demokraten im Sinne einer ergebnisoffenen und ideologiefreien Forschung in jeder Art unterstützen.

(Beifall bei der FDP)

Fakt ist aber, dass die aktuelle Wind- und Solarenergie noch Lichtjahre von dem Kriterium der Grundlastfähigkeit entfernt ist

(Zuruf von Guido Kosmehl, FDP - Zustimmung bei der FDP)

und wir so beim freimütig geforderten Verzicht auf Kern- und Kohlekraftwerke noch immer ein sehr reales Back-up-Problem haben.

Das bringt mich zu meinem zweiten Punkt, dem Thema der Nachhaltigkeit. In den präsentierten Verhandlungsergebnissen der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg und von „End Fossil: Occupy!“ Halle heißt es, man habe sich darauf verständigt, den Diskurs außerhalb des besetzten Hörsaals fortzuführen und auf Augenhöhe gemeinsam mit allen Mitgliedern der Universität an den Themen Klimaschutz und Nachhaltigkeit zu arbeiten. Das Thema Nachhaltigkeit ist ein zentraler Begriff im vorliegenden Papier, aber selbstverständlich auch in der gesamten Debatte rund um die Erreichung der Klimaziele, der CO2-Bilanzen und der Energiewende.

Aber was genau heißt das überhaupt? Haben regional angebaute Lebensmittel tatsächlich eine bessere Ökobilanz als Importe aus dem Ausland? Wie sieht es bei der Öko- bzw. Biolandwirtschaft in puncto nachhaltige Produktion gegenüber der konventionellen Landwirtschaft aus? Die Antworten darauf mögen dem einen oder anderen Aktivisten sicherlich nicht gefallen. Sind erneuerbare Energien wirklich nachhaltig? Nur was die Produktion und die spätere Entsorgung von Solarpaneelen oder Windkraftanlagen als Sondermüll angeht, können wir mit Blick auf die verbauten Verbundstoffe sicherlich noch nicht von Nachhaltigkeit sprechen.

Gleiches gilt für die Elektromobilität. Vom ökologischen Fußabdruck eines E-Autos möchte ich erst gar nicht sprechen.

(Zuruf von Hendrik Lange, DIE LINKE)

Sind all diese Ansätze und Bestrebungen deshalb falsch? - Selbstverständlich nicht. Es steht außer Frage, dass wir uns Gedanken um die Zukunft unseres Planeten machen müssen. Wir müssen dies aber mit Augenmaß tun und im kritischen Diskurs faktenbasiert argumentieren. Fakt ist: Die Stärkung der Wissenschaft und eine ergebnisoffene Forschung sind aus der Sicht der Freien Demokraten genau der richtige Ansatz, um die technologischen Herausforderungen zu meistern; denn ohne Technologie- und Innovationsschübe werden wir nicht klimafreundlicher werden.

(Beifall bei der FDP)

Ich möchte jetzt noch etwas zu der Protestform, nämlich der Besetzung, sagen. Ein Aspekt, der mich hierbei ganz massiv stört, ist der Umgang der Universität damit. Bereits einige Tage vor der Besetzung wurde das Ziel der Besetzung auf Instagram veröffentlicht und auch am Tag selbst wurde einige Stunde vor der Besetzung bereits der Treffpunkt dafür gepostet.

Die Universität hat einen Auftrag, nämlich sowohl Forschung als auch Lehre sicherzustellen. Aus meiner Sicht braucht es Konzepte, die sicherstellen, dass die Universitäten diesem Auftrag nachkommen und dass der Lehrbetrieb ohne Störung stattfinden kann. Hierfür hätte es aus meiner Sicht größerer Bemühungen erfordert. Darüber werden wir aber mit Sicherheit auch noch sprechen.

Herr Willingmann, ich muss Ihnen widersprechen: Wenn die Lehre kurzfristig von Präsenz auf Digital umgestellt werden muss, dann ist das eine Störung des Lehrbetriebs.

(Beifall bei der FDP)

Die Universität hat sich in den vergangenen Jahren immer wieder gegen eine ergänzende digitale Lehre gesträubt und nun hat es bei der Besetzung problemlos funktioniert. Das wirft bei mir Fragen auf.

Für den Diskurs zu einer klimafreundlicheren Hochschule gibt es demokratisch legitimierte Gremien, welche sich an der Universität direkt damit beschäftigen. Sinnvoller ist es doch, sich dort einzubringen. Mit solchen Aktionen wie der Besetzung schadet man am Ende dem Ziel des Klimaschutzes.

Im Übrigen können - das möchte ich auch einmal erwähnen - anerkannte Hochschulgruppen an der Universität kostenfrei Räume bei der Universität beantragen, um solche Veranstaltungen zum Beispiel selbstständig zu organisieren, den Diskurs zu fördern und ins Gespräch zu kommen. Es zeigt sich aber auch an den Reaktionen auf die Besetzung, dass damit dem Ziel des Klimaschutzes eher geschadet wurde.

Auf mich sind viele - sonst eher unpolitische Studentinnen und Studenten - zugekommen, die sich über die Einschränkungen geärgert haben, die kein Verständnis dafür hatten und deren Verständnis, in dieser Form für den Klimaschutz zu streiten, nach dieser Besetzung deutlich abgenommen hat. Eine breite Debatte wurde von den Besetzerinnen und Besetzern auch gar nicht gewünscht. Ich hatte es bereits gesagt: Es gab eine Telegram-Gruppe der Gruppierung, in welche auch Externe eintreten konnten. Dort wurden auch Klimaschutzkonzepte, welche nicht aus der rot-grünen politischen Richtung kamen, eingestellt. Die Personen, die das gemacht haben, wurden ohne große Diskussion aus der Gruppe entfernt.

So, liebe Kolleginnen und Kollegen, geht kein demokratischer Diskurs. Diesen sollten wir beim Klimaschutz führen. Wenn versucht wird, politische Forderungen durch Erpressung durchzusetzen, ist das gefährlich und darf nicht legitimiert werden. - Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der FDP - Zustimmung bei der CDU)