Monika Hohmann (DIE LINKE):

Danke schön, Herr Präsident. - Also, ich bin entsetzt.

(Kathrin Tarricone, FDP: Warum?)

Ich bin wirklich entsetzt, aus dem einfachen Grund, ich würde jedem empfehlen, der hier vorn gestanden hat - außer Frau Sziborra-Seidlitz, sie wird die Studie wahrscheinlich schon gelesen haben  , einfach einmal die Studie zu lesen und zur Kenntnis zu nehmen.

Ich sagte vorhin, dass wir ca. neun Räumungen pro Tag haben.

(Tobias Rausch, AfD: Ja, und?)

Wenn jemand geräumt worden ist und eine neue Wohnung haben möchte, dann muss er - ich kann Hunderte von Wohnungen haben; aber derjenige, der eine Wohnung haben möchte, was muss er mitbringen? - eine Vormieterbescheinigung mitbringen. Die wird er nicht bekommen, weil er vielleicht Mietschulden hatte.

(Tobias Rausch, AfD: Da stimmt doch gar nicht!)

- Nein.

(Tobias Rausch, AfD: Wenn ich sozialen Wohnungsbau habe, dann brauche ich einen wichtigen Grund!)

- Ach, erzählen Sie doch nicht. - In der Studie

(Tobias Rausch, AfD: Selbstverständlich ist das so!)

  lesen Sie doch einfach die Studie  

(Tobias Rausch, AfD: Das hat doch mit der Studie nichts zu tun! Das ist die Rechtslage!)

stand z. B., dass sich von den ganzen Leuten, die sich in der verdeckten und offenen Wohnungslosigkeit befinden, die Hälfte darum bemüht hat, Wohnungsraum zu finden - die Hälfte hat sich bemüht!  , und ein Drittel ist sowohl beim Sozialamt als auch bei anderen sozialen Einrichtungen abgeblitzt. Sie haben sich bemüht, aber sie haben nichts bekommen. Das heißt also, es ist nicht der fehlende Wohnraum, sondern das Problem ist, dass sie nicht in den Wohnraum hineinkommen. Das ist das Problem.

Zu der Aussage, dass logischerweise alle Gemeinden dazu verpflichtet sind, Obdachlosenunterkünfte zu stellen: Ich habe vom 16. November - ich glaube, es war vorgestern - einen Zeitungsartikel aus der „Volksstimme“, dass z. B. die Stadt Barleben keine Obdachlosenunterkunft zur Verfügung stellen konnte. Sie hatte das nicht. Sie haben zwar eine andere Lösung gefunden, dass der Nachbarort geholfen hat, aber die Stadt selbst nicht.

Auf die Kleine Anfrage meiner Kollegin Christina Buchheim von vor zwei Jahren hin, als sie nachgefragt hatte, wie es hier im Land mit Obdachlosenunterkünften aussieht und ob es alle Kommunen umsetzen können, antwortete die Landesregierung, nein, sie können es eben nicht. Insofern, denke ich mir, alle Gesetze, die bestehen, sind wunderschön, aber wenn sie in der Realität vor Ort nicht angewandt werden können, aus welchem Grund auch immer, dann hilft es uns gar nicht.

Wie gesagt, die verdeckte Obdachlosigkeit ist unser Problem.

(Beifall bei der LINKEN)

Wir haben jüngst - ich hoffe, dass es nur ein Einzelfall ist - eine Rentnerin getroffen, die obdachlos ist. Was hat sie jetzt gemacht? - Sie hat sich mit ihrer Rente in eine Pension eingemietet,

(Tobias Rausch, AfD: Aha!)

ohne Wohnanschrift. Wenn es Schule macht, dass wirklich auch ältere Leute, weil sie ihre Rechnung für ihr Zuhause nicht bezahlen können, anderweitig unterkommen müssen, dann ist das ein Problem. Wir dürfen unsere Augen nicht davor verschließen. - Danke.

(Beifall bei der LINKEN - Tobias Rausch, AfD: Was ist denn das für ein Quatsch? - Matthias Büttner, Staßfurt, AfD: Eine Pension kostet 25 € am Tag! Das sind 750 €! So ein Quatsch!)


Vizepräsident Wulf Gallert:

Frau Hohmann, Sie könnten noch eine Frage von Frau Sziborra-Seidlitz beantworten. - Das tun Sie. Okay. Dann gibt es jetzt die Möglichkeit, diese zu stellen. - Sie haben das Wort. Bitte sehr.


Susan Sziborra-Seidlitz (GRÜNE):

Frau Hohmann, stimmen Sie mir darin zu, dass man nach der Lektüre der Studie auch zu dem Schluss kommen kann, dass bei vielen Obdachlosen vor allem Sucht und psychische Probleme im Vordergrund stehen und deswegen solche Maßstäbe wie „Niemand muss obdachlos sein“ und „Es gibt Hilfesysteme für alle“ an dieser Stelle schlicht und einfach nicht greifen und deswegen ein Konzept wie Housing First richtig und wichtig ist.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der LINKEN)


Monika Hohmann (DIE LINKE):

Ich danke Ihnen für die Nachfrage. Es ist tatsächlich so. In der Studie wird auch gezeigt, 80 % der Obdachlosen haben gesundheitliche Beeinträchtigung, genau das, was Sie beschrieben haben. Wenn sie sich wirklich die Mühe machen, zu Ämtern zu gehen, dann erfahren sie oftmals nicht die Unterstützung,

(Eva von Angern, DIE LINKE: Ablehnung!)

die sie brauchten.

(Zustimmung bei der LINKEN)


Vizepräsident Wulf Gallert:

Frau Hohmann, wie war es jetzt mit Überweisung?


Monika Hohmann (DIE LINKE):

Also, wir wollen unseren Antrag natürlich an zwei Ausschüsse überweisen, zur federführenden Beratung an den Sozialausschuss und zur Mitberatung an den Ausschuss.

(Monika Hohmann, DIE LINKE, weist auf Ministerin Dr. Lydia Hüskens - Guido Kosmehl, FDP: Oh! Man kann doch erwarten, dass Sie den Ausschuss bezeichnen können!)

- Nein. Ich hätte Verkehrsausschuss gesagt, aber es ist ja nicht mehr der Verkehrsausschuss. Es war nicht abwertend gemeint.

(Guido Kosmehl, FDP: Ausschuss für Infrastruktur und Digitales - AID! - Eva von Angern, DIE LINKE: Mensch, Herr Kosmehl!)

- Das war nicht abwertend gemeint, überhaupt nicht. Es war wirklich nur, weil ich selten in dem Ausschuss bin. Also, bei Frau Hüskens, an den Ausschuss.

Dem Alternativantrag der Koalitionsfraktionen können wir so nicht zustimmen. Den lehnen wir natürlich ab.

(Unruhe)