Ulrich Thomas (CDU):

Vielen Dank, Frau Präsidentin. - Meine Damen und Herren! Ja, wir sind heute wieder Zeugen eines Lehrbeispiels, wie wir in unserem schönen Bundesland Sachsen-Anhalt es mit Gesetzesvorhaben halten und wie wir mit dem in jedem Parteiprogramm nachzulesenden Bürokratieabbau umgehen. 

Was haben wir vor uns liegen? Wir haben einen öffentlichen Auftrag. Der soll an einen privaten Auftragnehmer übergeben werden. Und, ehrlich gesagt, ist das bei vielen Tagesgebaren: Ich habe hier einen Auftrag, mach das bitte mal für mich und ich bezahle es dir. Wir als CDU wollen diese Auftragsvergabe einfach und unbürokratisch geregelt haben. 

Nun hat der Bürokratieabbau nicht ganz geklappt. Unser Vorschlag war, gänzlich auf dieses Gesetz zu verzichten. Aber, meine Damen und Herren, wir sind in einer Koalition. Insofern haben wir einen Koalitionsvertrag. Und in diesem Koalitionsvertrag haben wir uns auf die Fahnen geschrieben, ein Vergabegesetz auf den Weg zu bringen, und das im Jahr 2022. Dazu kann ich Ihnen nur sagen: Die Koalition hält Wort. Wir haben uns zusammengesetzt und haben das, was wir vereinbart haben, geliefert. Das ist gut für das Land, das ist auch gut für diese Koalition.

(Beifall bei der CDU)

Nun schauen wir uns einmal an, wie das mit dem Bürokratieabbau so geklappt hat, was es da so für Ideen gab. Ich will jetzt gar nicht das vierte Mal den Bericht eines Ausschussvorsitzenden hier halten, wie schlimm der erste Entwurf mit Anhörungen und dergleichen war. In der Regel unterhalten wir uns doch erst über das Kind, wenn es das Licht der Welt erblickt hat; das ist heute der Fall. 

Heute hätte man noch Änderungsanträge bringen können, wenn man denn gewollt hätte. Da war die Dynamik nicht ganz so groß. - Kollege Lieschke, deswegen freue ich mich, dass Sie nachher unserem Gesetz zustimmen können. 

(Unruhe - Zuruf)

Aber, meine Damen und Herren, Richtung GRÜNE, die noch Nachhaltigkeit und andere soziale Kriterien, die sie für wichtig erachten, hineinschreiben wollen: Ich will Ihnen an einem Beispiel illustrieren, wie unsäglich und unbrauchbar das ist, gerade in der heutigen Zeit, wo wir wissen, dass private Bauaufträge im nächsten Jahr einbrechen werden. Die Baubetriebe und die Bauindustrie werden im nächsten Jahr gerade auch von der öffentlichen Hand leben müssen, weil einfach das Verhalten der Investoren momentan durch die aktuelle Lage sehr gering ist. 

Darin steht ein Passus: Die Vergabeentscheidung ist auch davon abhängig, ob und wie viele Auszubildende das Unternehmen gerade beschäftigt. Dann gehen Sie mal zu einem Handwerksbetrieb, welcher sich bemüht, auf dem Markt Auszubildende zu finden, und er findet keine. Das wird jetzt durch die Praktikumsgutscheine zunehmend besser, die wir eingeführt haben. Aber wir sind noch lange nicht da, wo wir hin wollen. 

Nun wird das für den Betrieb ein doppelter Nachteil. Der hat nämlich keinen Berufsnachwuchs und wird womöglich noch bei Vergaben benachteiligt, weil das angeblich das Kriterium wäre, wovon die Vergabestelle ihre Vergabe abhängig macht.

Meine Damen und Herren! Das ist nicht fair. Das ist auch nicht wettbewerbsgerecht. Das ist einfach schädlich und gehört sich nicht. Deswegen ist so etwas verzichtbar. Ich will dieses Beispiel auch deswegen nennen.

(Beifall bei der CDU)

Ich könnte viele andere Beispiele nennen, um es zu illustrieren, dass es hier durchaus Ideen oder Ideologien gibt, die etwas in ein Verfahren hineinbringen, was, wie gesagt, eigentlich daraus besteht: Ich habe etwas, eine Dienstleistung oder einen Bauauftrag, und wer kann mir den am besten erfüllen.

Natürlich, Kollege Gallert, ich will nicht hoffen, dass der liebe Gott dabei war, als Ihnen bei Ihrer Rede die Stimme weggeblieben ist.

(Lachen)

Wer weiß, was das für eine Ursache war. Ich bin Ihnen dankbar, dass Sie gesagt haben: Na ja, das Gesetz, Freunde, so wirklich - müsst ihr mal gucken, wie es dann wirkt. Wenn ich eine Bandbreite habe, bei der der eine sagt, es ist entbehrlich, und hier habe ich eine andere Stimme, die sagt, wir müssen ganz viele Sachen hineinschreiben, finden wir natürlich einen Konsens. 

Wenn Sie heute sagen, ein Schweizer Käse mit großen Löchern: Auch ein Schweizer Käse ist sehr schmackhaft. Ich denke, damit können wir vor Ort gut umgehen. Vor allen Dingen müssen diejenigen damit gut umgehen können, die es vor Ort machen müssen, nämlich in den Vergabestellen in den Kommunen. Das sind oft ehrenamtliche Gemeinderäte, die ein Interesse daran haben, dass die Kita, dass der Sportplatz, dass die Straße saniert wird. Die haben wenig Muße, wenn der Auftrag erteilt wurde, dass das ein langer Prozess ist, dass es womöglich gar nicht genug Bewerber gab. Es ist in der Tat ein Problem, dass sich viele Unternehmen nicht mehr auf öffentliche Aufträge bewerben, weil sie sich sagen, es ist viel zu kompliziert. Die sagen: Was ich ihr alles von mir verlangt, was ich alles nachweisen soll; das mache ich alles nicht. Deswegen ist es richtig und wichtig, dass wir die Einfachheit eingeführt haben, damit die Vergabestellen vor Ort selbst entscheiden können. 

Dann können Sie durchaus mal die Statistik aufmachen, wie viele Vergabestellen in den letzten Jahren, seitdem das Vergabegesetz wirkt, wirklich freiwillig von diesen sozialen Kriterien Gebrauch gemacht haben. Die Statistik würde mich interessieren. 

Ich sage Ihnen: Aus meiner persönlichen Erfahrung spielte das keine Rolle. Was den Bürgermeister und den Gemeinderat interessiert, ist, dass das Ganze bezahlbar bleibt, dass die Qualität stimmt und dass man sich darauf verlassen kann, dass diese Leistung erbracht wird. 

Zusammenfassend will ich sagen: Wir haben ein Gesetz, das praktikabel ist, das einfach ist und das auch Bürokratieabbau beinhaltet. Ich danke - da schließe ich mich dem Dank an - meinen Kollegen, die daran beteiligt waren - ausdrücklich. 

Ich finde auch dieses Verfahren, das wir gewählt haben, recht spannend; denn das war eine ehrliche Diskussion und hat gezeigt, dass auch wir in der Lage sind, Positionen zu verlassen, zu überdenken und anzupassen, damit möglichst alle damit zum Schluss zufrieden sind. In diesem Sinne wünsche ich uns immer gute Auftragsvergaben. - Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU)