Frau Grimm-Benne, bitte. 


Petra Grimm-Benne (Ministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Gleichstellung):

Herzlichen Dank. - Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten! In diesem Hohen Haus gab es regelmäßig und auch in jüngster Zeit viele Debatten und ausführliche Berichterstattungen der Landesregierung zu Aktivitäten des Landes und des Bundes zur Prävention von Kinderarmut, und zwar auch mit Blick auf die Folgen der Coronapandemie.

Ich verweise deshalb auf die grundsätzlichen Ausführungen der Landesregierung zu dieser Thematik. Gleichzeitig betone ich, dass natürlich die Bekämpfung von Kinderarmut bereits ein zentrales sozialpolitisches Anliegen von Bund und Ländern in den letzten Jahren gewesen ist und auch weiterhin bleiben wird. Die Maßnahmen werden mit Blick auf die aktuellen großen Krisenlagen sogar noch massiv verstärkt.

Ich nenne nur stichwortartig Beispiele für Maßnahmen auf Landes- und Bundesebene, die gegen Kinderarmut bzw. zur Förderung der gleichberechtigten Teilhabe von Kindern auf den Weg gebracht wurden: das Starke-Familien-Gesetz, die Verbesserungen zum Unterhaltsvorschuss, das Gute-KiTa-Gesetz, das Kinder- und Jugendstärkungsgesetz, die Einführung eines Ganztagsbetreuungsanspruchs für Grundschulen, das Programm „Aufholen nach Corona“, das Sie erwähnt haben, die Programme im Rahmen des Corona-Sondervermögen des Landes, nämlich Digitalisierung der Jugendarbeit usw. 

Ich nenne außerdem - das haben wir heute schon debattiert - Maßnahmen über 2023 hinaus, nämlich das Kita-Qualitätsgesetz und unser eigenes ESF-Programm „Empowerment für Eltern in Kitas“ ab 2023. Ich will auch das Azubi-Ticket, die drei Entlastungspakete, die von der Bundesregierung zu den aktuellen Krisenlagen auf den Weg gebracht wurden, die angekündigte Erhöhung des Kindergeldes sowie die Umsetzung der EU-Kindergarantie über einen nationalen Aktionsplan nennen. 

Frau von Angern, Sie haben es bereits angesprochen - über die Einführung eines Bürgergeldes haben wir heute schon debattiert. Die Debatte über die Kindergrundsicherung, die eingeführt werden soll, werden wir noch erleben. 

Angesichts dessen, meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten, benötigen wir keinen neuen Handlungskatalog gegen Kinderarmut. Wir sind vielmehr dabei, so vieles und so Wirksames wie noch nie zur Förderung von gleichberechtigter Teilhabe in Bund und Ländern praktisch umzusetzen.

Als aktuellen Aufhänger für diese erneute Armutsbekämpfungsdebatte wählen Sie heute die Corona-Kita-Studie. Dazu möchte ich Folgendes klarstellen: Wer die Corona-Kita-Studie wirklich liest, wird feststellen, dass sie prioritär nicht zum Ziel hatte, die negativen gesundheitlichen und sozialen Entwicklungen für Kitakinder aufgrund von Schließungen zu eruieren. 

Vielmehr war das Hauptziel der Studie die Klärung der Frage: Wie stark geht das bisherige und weitere Öffnungsgeschehen von der erweiterten Notbetreuung bis zum eingeschränkten Regelbetrieb mit gehäuften Infektionen bei Kindern und bei beteiligten Erwachsenen einher?

Die Aussage im Antrag, dass die Schließungen der Kitas nach heutigem Wissensstand nicht notwendig waren, kann meines Erachtens nicht direkt, jedenfalls nicht eins zu eins, aus den Ergebnissen der Studie abgeleitet werden; zum einen deshalb, weil die Daten ausschließlich auf Einschätzungen der Kita-Leitungen beruhten; zum anderen, weil es anhand der Kita-Registerdaten nicht möglich ist, zu sagen, wie genau und in welchem Umfang bestimmte Maßnahmen umgesetzt wurden. Leider haben sich aus Sachsen-Anhalt nur ganz wenige Einrichtungen an dieser Studie beteiligt - 2,1 % der Gesamtteilnehmerzahl. Das, was in dieser Studie dargestellt worden ist, ist für unser Land, denke ich, so nicht umsetzbar.

Wir waren uns von Beginn der Pandemie an der Einschränkung für Kinder und für Eltern bewusst. Meinem Haus war im Zusammenhang mit den Notbetreuungserlassen von Beginn an klar, dass wir benachteiligte Kinder besonders schützen müssen. Dies, meine Damen und Herren, zieht sich wie ein roter Faden durch jeden unserer Erlasse. So hatten Kinder mit sozialpädagogischem Förderbedarf, Kinder mit Betreuungsnotwendigkeit aus der Sicht des Kindeswohls, Kinder in Pflegefamilien und Kinder von Alleinerziehenden regelhaft einen prioritären Betreuungsanspruch.

Auch die Definition der sogenannten systemrelevanten Berufsgruppen, die Zugang zur Notbetreuung hatten, war sehr weit gefasst. Ich möchte nur noch einmal daran erinnern, auch in Pandemiezeiten haben einige gesagt: Wir haben schon gar keine Notbetreuung mehr, sondern einen Regelbetrieb. 

(Dr. Katja Pähle, SPD: Ja!)

Das war damals ein großer Vorwurf an uns, dass wir das so großzügig ausgelegt haben.

(Dr. Katja Pähle, SPD, und Katrin Gensecke, SPD, nicken)

Ich will nicht vergessen, dass einige Erzieherinnen gesagt haben: Wir werden als Kanonenfutter genommen; wir haben sozusagen keinen Schutz in den Einrichtungen.

Ich will einmal deutlich machen: Der Kinder- und Jugendbeauftragte hat sich, gerade zum Thema Kinderrechte, intensiv mit Kindern, Jugendlichen und Institutionen unterhalten. Nicht nur im Gespräch ziehen wir an einem Strang und in dieselbe Richtung. Dennoch halte ich einen Kinderrechtegipfel in einem einzelnen Bundesland zum jetzigen Zeitpunkt für nicht zielführend.

Was wollen wir über das hinaus, was wir schon gemeinsam tun und was gerade aktiv in der Umsetzung ist, vereinbaren? Mir hat der Kinder- und Jugendbeauftragte zum Thema Corona auch noch einmal bestätigt, dass man dort im Übrigen auch erkennen konnte, dass Kinder und Jugendliche den Dialog sehr schätzen. Wir dürfen aber auch keine Endlosschleifen drehen. Während das im Jahr 2020 noch ein großes Thema war, wo 50 Kinder und Jugendliche teilgenommen und diskutiert haben, mussten wir die Nachfolgekonferenz in diesem Jahr mangels Beteiligung leider absagen. Auch das deutet darauf hin, dass sich junge Menschen einbringen wollen, aber wenn das gesagt ist, was zu sagen war, dann ist es auch gut. - Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der SPD - Zustimmung von Susan Sziborra-Seidlitz, GRÜNE)


Vizepräsidentin Anne-Marie Keding:

Vielen Dank, Frau Ministerin Grimm-Benne.