Tagesordnungspunkt 4

Aktuelle Debatte

Ist der Verfassungsschutz noch in guter Verfassung?

Antrag Fraktion AfD - Drs. 8/1863


Die Redezeit pro Fraktion beträgt zehn Minuten. Die Landesregierung hat ebenfalls eine Redezeit von zehn Minuten. Die Redereihenfolge lautet wie folgt: AfD, SPD, DIE LINKE, FDP, GRÜNE, CDU. Zunächst hat die Antragstellerin das Wort. Für die Fraktion der AfD spricht das Mitglied des Landtages Matthias Büttner, Staßfurt. - Sie haben das Wort. Bitte sehr.


Matthias Büttner (Staßfurt) (AfD):

Vielen Dank, Herr Präsident. - Meine sehr geehrten Damen und Herren! Spätestens heute müsste jedem in diesem Land klargeworden sein, welchen Doppelstandard der Verfassungsschutz bei seiner Einschätzung vornimmt. Denn heute wurde entschieden, bei der Letzten Generation sieht man aktuell keine extremistischen Tendenzen.

(Zuruf von Holger Hövelmann, SPD)

Ich zitiere den Präsidenten Haldenwang: Sie fordern die Funktionsträger auf, zu handeln, und zeigen damit, wie sehr man dieses System eigentlich respektiert.

Das muss man sich einmal vorstellen. In Berlin kommen Radfahrer ums Leben,

(Sebastian Striegel, GRÜNE: Weil sie vom Lkw überfahren werden!)

weil die Rettungskräfte nicht schnell genug zum Unfallort kommen, um der Frau zu helfen, weil sie Klimakleber festgeklebt haben.

(Zuruf von der AfD: Richtig!)

Und der Verfassungsschutz sieht hier keinen Handlungsbedarf. Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wenn es nicht so traurig wäre, müsste man sagen, das ist lächerlich.

(Beifall bei der AfD)

Spätestens seitdem bekannt geworden ist, dass der Verfassungsschutz Hunderte von rechtsextremen Fakeprofilen betreibt, muss sich doch jeder die Frage gestellt haben, ob der Verfassungsschutz noch in einer guten Verfassung ist. Wir führen heute diese Aktuelle Debatte durch, um genau das zu klären. Ich sage es Ihnen gleich einmal vorweg: Wir glauben, dass er es nicht; denn wer im Internet rechtsradikalen Inhalten zu einer Reichweite verhilft, die sonst nicht zustande gekommen wäre,

(Sebastian Striegel, GRÜNE: Die AfD!)

wer Menschen aufhetzt, die sich aufgrund der Energiekrise in einer schweren Situation befinden, indem er Volksverhetzung betreibt,

(Sebastian Striegel, GRÜNE: Die AfD!)

und wer so zur Radikalisierung von Menschen beiträgt, die vielleicht gar nicht radikalisiert worden wären,

(Sebastian Striegel, GRÜNE: Die AfD!)

der ist nicht Teil der Lösung, sondern der ist Teil des Problems, meine sehr geehrten Damen und Herren!

(Beifall bei der AfD - Sebastian Striegel, GRÜNE: Die AfD!)

Aber das sind nicht die einzigen Probleme, die sich auftun, wenn man solche Fakeprofile betreibt; denn Fakeprofile, mit denen Straftaten begangen werden, führen unweigerlich dazu, dass Bürger diese Fakeprofile anzeigen. Die Anzeigen führen dazu, dass sie als rechte Straftraten in die Polizeistatistik aufgenommen werden, die eine reine Eingangsstatistik ist, die nicht auswertet, ob Anzeigen doppelt eingegangen sind, oder die nicht die Ausgänge des Verfahrens erfasst.

(Sebastian Striegel, GRÜNE: Stimmt nicht! - Zuruf von Rüdiger Erben, SPD)

So wird die Anzahl der Anzeigen mit Bezug zu rechten Straftaten nach oben getrieben. Der Verfassungsschutz sorgt quasi selbst für seine eigene Existenzgrundlage. Das ist ein kluger Schachzug seitens des Verfassungsschutzes, so kann man es sagen. Wir halten das für einen unhaltbaren Zustand, meine sehr geehrten Damen und Herren!

(Beifall bei der AfD)

Wie überall wird so etwas nur möglich, wenn der Chef mitspielt. Die oberste Dienstherrin des Verfassungsschutzes, die Bundesinnenministerin Nancy Faeser von der SPD ist hierfür genau die Richtige. Schlagzeilen machte sie mit unklaren Verhältnissen zur Antifa und mit Gastbeiträgen in einem Blatt einer vom Verfassungsschutz beobachteten linksextremen Gruppierung. Diese Frau ist Innenministerin der Bundesrepublik Deutschland. - Herzlichen Glückwunsch, kann man dazu nur sagen.

(Dr. Katja Pähle, SPD: Ja! - Rüdiger Erben, SPD: Sie hat die Wahl gewonnen! - Dr. Falko Grube, SPD: Genau! - Weiterer Zuruf: Danke!)

- Das war ironisch gemeint, Herr Erben. An Sie: Herzlichen Glückwunsch, dass Sie solch eine Frau durchbekommen haben, aber für die Bundesrepublik Deutschland ist es keinen Glückwunsch wert, sondern mehr oder weniger das Schlimmste, das uns passieren konnte.

(Beifall bei der AfD)

Wenn man selbst mit Linksextremen sympathisiert, was nichts anderes bedeutet, als dass man ihre Meinung teilt, dann ist doch klar, dass alles andere als die eigene Meinung rechts bzw. rechtsextrem ist; denn genau diese Einstellung haben Linksextreme. Es ist auch klar, dass im Kampf gegen den politischen Gegner alles erlaubt ist. Genau das macht dieses Beispiel deutlich; denn hierbei geht man so weit, dass man seine eigenen Rechtsextremen erschafft. Ich sage es noch einmal: Das ist ein untragbarer Zustand, der sofort beendet werden muss.

(Beifall bei der AfD)

Aber Faeser will zukünftig gegen alles und jeden vorgehen, der eine andere Meinung vertritt, nach dem Motto: Wird der Bürger unbequem, dann gilt er schnell als rechtsextrem; denn nur so lassen sich Ausführungen von der Bundesinnenministerin Nancy Faeser erklären, die gegenüber dem „Handelsblatt“ sagte   ich zitiere  :

„Natürlich besteht die Gefahr, dass diejenigen, die schon in der Coronazeit ihre Verachtung gegen die Demokratie herausgebrüllt haben und dabei oftmals Seite an Seite mit Rechtsextremisten unterwegs waren, die stark steigenden Preise als neues Mobilisierungsthema zu missbrauchen versuchen.“

(Dr. Falko Grube, SPD: Ja, was sonst! - Dr. Katja Pähle, SPD: Ja! - Rüdiger Erben, SPD: Ja!)

Gleichzeitig ruft sie zur Distanzierung von eventuell in der Zukunft aufkommenden Demonstrationen auf, indem sie sagt   ich zitiere  : „Demokratiefeinde warten nur darauf, Krisen zu missbrauchen, um Untergangsfantasien, Angst und Verunsicherung zu verbreiten.“

(Rüdiger Erben, SPD: Deutschland muss es schlecht gehen, damit sie AfD wählen! - Zuruf von Dr. Falko Grube, SPD - Weiterer Zuruf: Schön, dass Sie es sagen!)

Das, was sie dabei allerdings bewusst weglässt, ist, dass die Bundesregierung und damit auch sie selbst die Verantwortung für diese Krisen trägt, auch dafür, dass die Menschen auf die Straße gehen und von ihrem Grundrecht auf Meinungsfreiheit und Versammlungsfreiheit Gebrauch machen, weil sie die Schnauze von unfähigen Politikern und ihren Fehlentscheidungen gestrichen voll haben.

Sie haben die Schnauze voll von explodierenden Preisen, weil die Habecks, Baerbocks, Scholzes und Faesers nicht in der Lage sind, dieses Land anständig zu führen. Das ist die Realität, meine sehr geehrten Damen und Herren!

(Beifall bei der AfD)

Sie haben die Schnauze voll davon, dass Andersdenkende und Kritiker pauschal verunglimpft und gebrandmarkt werden. Leider gehören Verunglimpfung und Brandmarkung mittlerweile zum Tagesgeschäft der etablierten Politik und auch der Medien. Jeder, der eine abweichende Meinung hat, wird pauschal mit Kampfbegriffen überzogen. Dabei gibt es nur noch Schwarz und Weiß, nur noch Gut und Böse und nur noch dafür oder dagegen - dazwischen gibt es leider nichts mehr. So wird man zum Klimaleugner, wenn man die Klimapolitik nur in irgendeiner Form kritisiert.

(Zuruf von Sebastian Striegel, GRÜNE)

Man wird zum Coronaleugner, wenn man nicht mit den Coronamaßnahmen der Bundesregierung oder der Landesregierung einverstanden ist. Wer sich überhaupt wagt, auf eine Demo zu gehen, der wird zum Querdenker erklärt. „Quer“ wird in dieser Republik nur als gut angesehen, wenn man entschieden mit Gendersternchen schreibt, beim Fußball Regenbogenarmbinden trägt und anstandslos akzeptiert, dass der neue James Bond eine lesbische schwarze Frau ist.

(Beifall bei der AfD)

Tut man das nicht, ist man automatisch homophob oder ein Rassist; damit natürlich auch ein Rechtsextremist. Wenn man Meinungen vertritt, die in den 1990er-Jahren und in den 2000er-Jahren noch gängige Standpunkte der CDU und der FDP waren, dann gilt man heute schon als Rechtsextremer oder Rechtsradikaler. Willkommen in der Bundesrepublik Deutschland im Jahr 2022!

(Beifall bei der AfD)

Um den Kritikern, die man bis heute nicht klein bekommen hat, Einhalt zu gebieten, wird kurzerhand ein neuer Beobachtungsgegenstand kreiert, der stark an DDR-Zeiten erinnert. Die Rede ist von der verfassungsschutzrelevanten Delegitimierung des Staates.

(Zuruf von Rüdiger Erben, SPD)

Die Definition auf dem Internetauftritt des Verfassungsschutzes lautet wie folgt:

„Verschiedene Akteure instrumentalisieren das Protestgeschehen gegen Coronaschutzmaßnahmen, um losgelöst von jeder sachbezogenen Kritik eine tatsächliche verfassungsfeindliche Agenda zu verfolgen. Dies äußert sich unter anderem in einer aggressiven Agitation gegen Repräsentanten und Institutionen des Staates, um dessen Legitimität systematisch zu untergraben.“

(Rüdiger Erben, SPD: Vorlesen ist schon schwierig! - Sebastian Striegel, GRÜNE: Ja!)

Wenn man Frau Faeser und die Ausführungen im „Handelsblatt“ ernst nimmt, dann ist natürlich klar, dass demnächst Protestgeschehen gegen Coronaschutzmaßnahmen in Protestgeschehen umgewandelt wird. Das ist nämlich einfacher. Dann kann man nämlich seine Agenda, die Meinungsfreiheit einzuschränken, besser umsetzen.

Ich sage Ihnen deutlich: Das macht mir Angst. Ich habe Angst, um die Meinungsfreiheit in unserem Land. Ich habe Angst, weil diese Ausführungen des Verfassungsschutzes stark an die DDR und den damals existierenden § 220 des Strafgesetzbuches erinnern. Ich zitiere aus diesem Paragrafen: In der DDR wird mit einer Haftstrafe von bis zu zwei Jahren bedroht, wer sich öffentlich verächtlich über staatliche Funktionäre oder Institutionen äußert. - Also fast eins zu eins derselbe Wortlaut wie in dem Wortlaut des Verfassungsschutzes.

(Sebastian Striegel, GRÜNE: Nein!)

Damals hat bereits ein Witz oder eine herabsetzende Bemerkung über einen ehrenamtlichen Funktionär ausgereicht, um sich strafbar zu machen. Man ist eventuell bis zu zwei Jahre in den Knast gekommen.

(Zuruf von Guido Kosmehl, FDP)

Wir sind genau bei dem Thema: Wo fängt es an? Wo hört es auf? Um das besser zu verstehen, habe ich an einer Fachtagung des Verfassungsschutzes hier in Magdeburg teilgenommen. Leider hat diese Teilnahme nicht zur Erleuchtung geführt - ganz im Gegenteil: Ich hatte danach noch mehr Fragen.

(Lachen bei der SPD - Zuruf)

Eröffnet wurde die Veranstaltung von zwei Vertreterinnen des Roncalli-Hauses, die frei ihre subjektiv empfundenen Gefühle und Eindrücke von ihrer Mahnwache bei den Coronaprotesten hier in Magdeburg ausführen konnten - ein Erfahrungsbericht der besonderen Art, nichts Greifbares, keine Fakten, aber dafür die Ächtung anderer Meinungen, die klar von der Meinungsfreiheit gedeckt sind.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Interessant wurde es, als zwei Referenten verschiedener Institutionen ausgeführt haben - kein Wort über radikale Klimakleber, eine tote Radfahrerin in Berlin - ich meine, das war zu dem Zeitpunkt noch nicht so weit, aber zukünftige Gefahren durch Anschläge aus dieser Richtung waren absehbar.

(Lachen bei der SPD)

Dazu gab es keinerlei Ausführungen. Nur auf eine Nachfrage hin musste man einräumen: Ja, dahin gehend könnte es eventuell Gefahren für die Zukunft geben.

Der zweite Referent war ganz besonders interessant; denn der hat einen Großteil seiner Ausführungen auf Verschwörungstheorien über Bill Gates gestützt, wie schlimm das alles ist. Der hat Grafiken an die Wand geworfen. Bill Gates als Krake, die die ganze Welt umspannt usw. usf.

Interessant ist es dann geworden, als mein Fraktionsvorsitzender Oliver Kirchner die Frage gestellt hat, ob es richtig ist, dass sein Institut, von dem er bezahlt wird, auch von der Bill und Melinda Gates Stiftung finanziert wird. Das musste er mit „Ja“ kleinlaut beantworten.

(Guido Kosmehl, FDP: Oh!)

Ich sage Ihnen ganz deutlich: Wer bis heute noch kein Verschwörungstheoretiker war und das gehört hat, könnte jetzt durchaus einer werden. Das ist lächerlich.

(Beifall bei der AfD)

Abschließend sei gesagt, ich hoffe, dass der Verfassungsschutz meine Rede nicht als verfassungsschutzrelevante Delegitimierung des Staates wertet, denn dann könnte ich morgen schon unter Beobachtung stehen. Ich sage Ihnen deutlich und auch noch einmal in Richtung der CDU-Fraktion: Wir müssen für die Meinungsfreiheit und die freiheitlich-demokratische Grundordnung in unserem Land kämpfen. Das können wir nur tun, wenn wir diesen Beobachtungsgegenstand abschaffen. Ich fordere Sie dazu auf, sich dafür einzusetzen. - Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der AfD)