Tagesordnungspunkt 23

Beratung

Clubs- und Musikspielstätten sind Orte der Kultur

Antrag Fraktion DIE LINKE - Drs. 8/1696


Einbringen wird den Antrag Herr Gebhardt.

(Unruhe)

Ich hoffe, dass wir diesen letzten Tagesordnungspunkt noch mit Interesse zum Abschluss bringen können. - Herr Gebhardt, Sie haben das Wort.


Stefan Gebhardt (DIE LINKE):

Vielen Dank, sehr geehrte Frau Präsidentin. - Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir wissen, dass die Klubkultur etwas später beginnt. Insofern ist es der letzte Tagesordnungspunkt, wo wir uns dann langsam auf diese Zeit auch ein bisschen einstimmen können.

Wenn wir uns an die letzten beiden Jahre zurückerinnern, so war während der Coronapandemie auch die Klub- und Musikkultur, auch hier im Landtag von Sachsen-Anhalt, in unser aller Munde. Das bestätigt ein Blick in die Protokolle von Ausschusssitzungen oder Landtagsdebatten. Es gab und gibt die berechtigte Sorge, dass Klubs- und Musikspielstätten die Pandemie und den damit verbundenen Lockdown nicht so einfach überleben.

(Unruhe)

Zu groß erschienen die Investitionen, die getätigt werden mussten, um sich pandemiesicher zu machen, bspw. mit teuren Luftfilteranlagen. Denn Fakt ist auch, dass die Clubs eine besondere dramatische Situation hatten; das erkannte man dann nach dem Lockdown. Während andere Geschäfte nach dem harten Lockdown z. B. mit Maskenkonzepten oder Abstandsregelungen von 1,50 m wieder vorsichtig öffnen konnten    


Vizepräsidentin Anne-Marie Keding:

Herr Gebhardt, warten Sie mal kurz. - Wir hatten gemeinsam abgestimmt, dass wir diesen Tagesordnungspunkt noch aufrufen. Dann bitte ich auch gerade alle Kollegen, die sich dafür eingesetzt haben, dann auch um die notwendige Disziplin. Ansonsten ist das nicht sehr fair gegenüber dem Redner und dem Antrag.

(Zuruf)

- Ja, ja, ich habe mich hier auch immer so hin und her bewegt, um bestimmte Leuten ins Auge blicken zu können. - Herr Gebhardt, bitte.


Stefan Gebhardt (DIE LINKE):

Vielen Dank, Frau Präsidentin. - Als es dann vorsichtige Öffnungsschritte und Möglichkeiten gab, Geschäfte zu öffnen mit Abstandsgeboten von 1,50 m oder konsequentem Masketragen, war das ja für die Klubs und Diskotheken keine Lösung. Denn ich kenne sehr wenig Leute, die Tanzen mit einem Abstand von 1,50 m oder mit Maske gut finden. Das funktioniert nun mal in Klubs oder Diskotheken nicht so einfach.

Die Zeit des Leidens war also für Klub- und Veranstaltungsbesitzer noch einmal intensiver und länger als in anderen Bereich. Wir - damit meine ich tatsächlich alle demokratischen Fraktionen im Landtag - haben uns in diversen Debatten immer für die Klub- und Veranstaltungsbranche starkgemacht, zumindest verbal.

Damit wurde auch eines erreicht, was man einmal positiv hervorheben kann: Die gesellschaftliche Anerkennung von Klubs und Musikspielstätten hat sich in den vergangenen beiden Jahren positiv verändert, auch in Sachsen-Anhalt. Tatsache ist aber auch, dass es die Klubbetreiber selbst waren, die auf ihre gesellschaftliche Notwendigkeit und ihre schwierige Situation hingewiesen haben. Denn erst durch die Proteste, bspw. „Alarmstufe rot“ und andere, und durch die große Demonstration von Klubbetreibern vor dem Deutschen Bundestag ist einiges erreicht worden.

Das wichtigste Ergebnis bundespolitisch in dem ganzen Prozess ist aus unserer Sicht ein Beschluss des Bundestages aus dem letzten Jahr, in dem die Klubs und Musikspielstätten eindeutig zu Kulturstätten erklärt wurden. Sie sind damit nicht nur Vergnügungsstätten, sondern Anlagen kultureller Zwecke wie eben auch Museen, Opern, Theater, Konzerthäuser und andere.

Dieser Bundestagsbeschluss ist ein wichtiger Schritt, der nun aber auch konsequent weitergegangen und gedacht werden muss; denn wie so oft mangelt es dann auch einer finanziellen Untersetzung und damit auch einer konsequenten Umsetzung eines solchen Beschlusses.

Der Bundestag hat bspw. auch beschlossen, infolge dieser Anerkennung von Klubs als Kulturstätten die Baunutzungsverordnung zu ändern. Leider müssen wir aber bis heute konstatieren, dass dies bisher auf Bundesebene nicht exekutiert wurde; es wurde nicht umgesetzt. Der Beschluss ist bis heute nicht in Gesetzestext gegossen.

Positiv möchte ich allerdings hervorheben, dass das Bundesprogramm „Neustart Kultur“ für die Klub- und Veranstaltungsbranche wirklich sehr hilfreich war. Dadurch konnten tatsächlich Investitionen getätigt werden, die heute dafür sorgen, dass wir in verschiedenen Klubs moderne Luftfilteranlagen haben, auch hier bei uns in Sachsen-Anhalt.

Wie ist denn sonst die Situation? - Dass die Klub- und Veranstaltungsbranche in einem Netzwerktreffen zur Stabilisierung und Weiterentwicklung der kulturellen Vielfalt in Sachsen-Anhalt einbezogen ist und einbezogen wurde, kann von meiner Fraktion nur ausdrücklich begrüßt werden.

Aber die vielen guten Worte, die auch in der Vergangenheit an Klubbetreiber gerichtet wurden, reichen nun mal nicht aus. Denn was nützten uns die tollsten Luftfilteranlagen, wenn die Energiekosten die ganzen Konzepte wieder sprengen und somit den nächsten finanziellen Worst Case vorzeichnen.

Hinzu kommt noch, dass die Publikumszahlen noch lange nicht das Vorkrisenniveau erreicht haben. Nach wie vor ist man vorsichtig. Nach wie vor ist man leider bei steigenden Inzidenzen noch vorsichtig. Und leider ist es auch so, dass in Anbetracht der Energiekrise und Inflation das Publikum aus finanziellen Gründen zurückhaltender geworden ist. Letzteres trifft übrigens nicht nur auf die Klub- und Musikbranche zu, sondern leider auch auf viele andere Kulturstätten und Kulturveranstalter.

Wir wollen mit unserem Antrag erreichen, dass außer den Lippenbekenntnissen auch was Konkretes für die Klub- und Veranstaltungsbranche herauskommt. Wenn also der Deutsche Bundestag Klub- und Musikspielstätten zum Kulturgut erklärt hat, dann muss sich das irgendwie auch in der Förderpolitik widerspiegeln.

Daher der beantragt meine Fraktion, Klubs- und Musikspielstätten mit in die Kulturförderrichtlinie des Landes Sachsen-Anhalt aufzunehmen. Sie sollen genauso förderwürdig sein, wie Theater, Galerien, Museen oder Literaturveranstaltungen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Lassen Sie den vielen Ankündigungen und wohlmeinenden Aussagen in der Coronazeit jetzt auch Taten folgen.

(Zustimmung bei der LINKEN)

Wenn wir kein Klubsterben riskieren wollen, müssen wir bereit sein, aktiv zu helfen und auch zu unterstützen. Sachsen-Anhalt ist ein kulturell reiches Land. Unsere kulturelle Vielfalt ist bekanntermaßen einzigartig. Für meine Fraktion zählt die Klub- und Musikkultur eindeutig dazu. Im Interesse der vielen jungen Leute, die nun mal das Stammpublikum in diesen Einrichtungen aus machen, liegt uns auch viel daran, dass unsere Position hier eine Mehrheitsposition ist. Ich werbe daher für unseren Antrag und danke für die Aufmerksamkeit.