Olaf Meister (GRÜNE):

Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Die beiden Anträge der AfD haben kurioserweise gemeinsam, dass sich der Landtag die Ausführungen Dritter, nämlich die der CDU, der Kreishandwerkerschaft und des Ministerpräsidenten jeweils aus dem Jahr 2019, zu eigen machen soll. Das ist ein merkwürdiges Verfahren. Ich möchte mich in meiner Redezeit von drei Minuten auf den zweiten Antrag beziehen, insbesondere auf die Sanktionen. Über Energieerzeugungspreise usw. hatten wir bereits diverse Male Gelegenheit zu debattieren.

Die AfD ist erwartungsgemäß vom außenpolitischen Kurs der Kreishandwerkerschaft Halle-Saalkreis begeistert.

(Zustimmung bei der AfD)

Interessant finde ich allerdings, dass der Bundesverband der Kreishandwerkerschaft dem entgegengetreten ist und sich für die Sanktionen aussprach.

(Lothar Waehler, AfD: Aber wieder zurückgerudert ist!)

Das habe ich von Herrn Waehler nicht gehört. Dieser Umstand wäre ja ein interessanter Hinweis gewesen.

(Lothar Waehler, AfD: Sie sind wieder zurückgerudert!)

Wenn man die Handwerkerschaft schon als Kronzeugen für die eigenen bundespolitischen Auffassungen anführt,

(Daniel Roi, AfD: Wir sind hier in Sachsen-Anhalt!)

wäre eine Erwähnung der bundespolitischen Äußerung der Handwerkerschaft ganz sinnvoll.

(Zustimmung bei den GRÜNEN)

Das passt aber natürlich nicht so in die beabsichtigte Instrumentalisierung des Berufsverbandes.

(Zuruf von Daniel Roi, AfD)

Spannend ist natürlich, zu fragen, warum man die Sanktionen machen sollte, die wirksam sind, wie es Herr Rausch vorhin bemerkte. Die Kreishandwerkerschaft zeigt sich besorgt um die Kinder und sagt in etwa, das sei nicht unser Krieg. Das war auch eben der Satz.

(Tobias Rausch, AfD: Was? - Unruhe)

Sie übersieht damit einen ganz gravierenden Aspekt. Was ist die Konsequenz, wenn dieser Ansicht folgend die Länder Europas bei einem solchen Krieg mit den Schultern zucken würden und eben nichts tun würden nach dem Motto „Alles okay, das darf jeder immer machen; es gibt keine Konsequenzen; du musst einen solchen Krieg nur gewinnen, musst der Stärkere sein; ansonsten ist es aber okay; das darf man machen“? - Das ist ja das Ergebnis der Politik, wie sie die Kreishandwerkerschaft hier formuliert.

Russland dürfte also die Ukraine fertigmachen, dürfte sich dann um andere Länder kümmern, wie Georgien, Moldawien, was es da so gibt. Das gilt dann aber nicht nur für Russland. Das gilt ja dann auch für andere Länder.

(Oliver Kirchner, AfD: Amerika z. B.!)

Nationalismus ist keine typische russische Erfindung. In anderen Ländern gibt es das auch. Daher müsste man konsequenterweise sagen, das sei okay. Wir wissen, wie fragil die Grenzen in Europa waren und welche Auseinandersetzungen wir hatten, wie dieser Kontinent gelitten hat. - Das müsste dann okay sein.

Ein Europa, das vom Recht des Stärkeren bestimmt wird, ist eine Welt im Krieg. Das sollte sich die Kreishandwerkerschaft nicht wünschen.

(Zustimmung bei den GRÜNEN)

Es ist tödlich für die genannten Kinder. Es vernichtet auch den Wohlstand in Europa. - Herr Waehler, Sie haben auch auf die wirtschaftlichen Folgen abgestellt. Damit haben Sie recht. Die wirtschaftlichen Folgen sind ernst. Aber die Konsequenz dessen, was Sie unter dem Begriff der Politik mit Rückgrat vorschlagen, ist ein dramatischer Verlust auch im wirtschaftlichen Bereich.

(Zustimmung bei den GRÜNEN)

Das kann sich keiner wünschen. Daher stehen die Länder Europas auch so klar hinter der Ukraine. Daher liegt es in unserem eigenen nationalen Interesse, dass sich Russland nicht durchsetzt. Die Anträge der AfD sind abzulehnen.

(Beifall bei den GRÜNEN)


Vizepräsidentin Anne-Marie Keding:

Herr Meister, gibt eine Frage von Herrn Rausch.


Olaf Meister (GRÜNE):

Das ist okay.


Vizepräsidentin Anne-Marie Keding:

Die lassen Sie zu.

(Guido Heuer, CDU: Damit hat er keine Schmerzen!)


Olaf Meister (GRÜNE):

Mal gucken.


Vizepräsidentin Anne-Marie Keding:

Bitte, Herr Rausch.


Tobias Rausch (AfD):

Vielen Dank, Frau Präsidentin. - Sehr geehrter Herr Kollege Meister, zunächst haben Sie mich falsch zitiert aus meiner Rede vorhin, aber das beiseite. Sie sagen, es fügt uns keinen richtigen Schaden zu. Ich möchte Sie etwas fragen. Die Wohnungswirtschaft in Sachsen-Anhalt hat verkündet, alle Investitionen in Baumaßnahmen vorerst zu stoppen. Alle Bau- und Investitionsmaßnahmen werden durch Handwerker umgesetzt. Wie erklären Sie sich die Prognose, dass bis zu 30 % aller Handwerksfirmen schon Stornoaufträge vorliegen haben - das betrifft die Dachdecker, die Fliesenleger, die Maurer, die Verputzter usw.  , dass sie gar nicht mehr wissen, ob sie noch alle Beschäftigten halten können und wie sie ihren Betrieb über das Jahr 2023 hinaus halten sollen? Finden Sie, das alles sind Probleme, die nicht existent sind und die wir zum Schutz anderer Interessen hochhalten sollen? Ist das Ihre Meinung? Habe ich Sie so richtig verstanden?


Vizepräsidentin Anne-Marie Keding:

Bitte.


Olaf Meister (GRÜNE):

Zunächst zu dem Zitat. Ich habe Sie nicht falsch zitiert. Ich habe nur wiedergegeben, was die Konsequenz Ihrer Aussage war, nämlich dass die Sanktionen wirksam sind.

(Matthias Büttner, Staßfurt, AfD: Ihre Interpretation!)

Sie haben hier breit dargelegt - das wurde erst in Ihrem Redebeitrag klar  , wie hart die Bedingungen für Russland sind. Insbesondere die Finanzmärkte wurden von Ihnen angesprochen.

(Tobias Rausch, AfD: Ja, tatsächlich!)

Das ist tatsächlich so. Das ist tatsächlich ein schwerer Einschnitt. Insofern sagte ich, Sanktionen wirken. Das habe ich Ihrem Redebeitrag entnommen.

Ich habe nicht gesagt, dass das bei uns keinen Schaden macht. Ich habe vorhin eine Rede gehalten, in der ich von 500 Millionen € allein für Sachsen-Anhalt und von 200 Milliarden €, was der Bund macht, gesprochen habe. Das sind wirklich sehr dramatische Auswirkungen, die wir haben. Mein Petitum ist nur: Das, was wir tun, ist auch das Günstigere für uns. Es liegt in unserem Interesse.

(Zuruf von Tobias Rausch, AfD)

Wenn wir das andere machen und uns die Folgen angucken   was passiert, wenn dieser Krieg weitergeht und wenn das ein ganz normales Mittel in Europa wird und alle das so machen dürfen  , dann stellen wir fest: Wir haben einen Kontinent voller Krieg auf lange Zeit und immer. Das kann unmöglich Ihr Wunsch sein.

(Zustimmung bei den GRÜNEN - Zurufe von der AfD)

Das kann man sich nicht wünschen. Das ist auch wirtschaftlich verheerend. Es ist wirklich verheerend. Deswegen stehen wir zu dieser klaren Haltung. Deswegen hat meine Partei dazu eine ganz klare Ansprache in der Hoffnung, dass wir es schaffen, dass Russland diesen Krieg sein lässt, dass die ukrainische Souveränität wiederhergestellt ist und wir dann wieder eine europäische Friedensordnung bekommen, in der das Recht der Souveränität gilt und nicht das Recht des Stärkeren. Das ist letztlich auch gut für die Wirtschaft. - Danke schön.